Netzwerkangebot Junge Kreative in Thüringen: Darum wollen sie bleiben
Hauptinhalt
24. Januar 2025, 04:00 Uhr
Junge Kreative zieht es in die Großstädte wie Leipzig oder Berlin. Eine Agentur für Kreativwirtschaft will aktuell zeigen, dass das für den Erfolg nicht nötig ist. Sie vernetzt den Nachwuchs mit jungen Gründerinnen, um Bleibeperspektiven zu vermitteln. So soll der kulturelle und kreative Braindrain in Thüringen gebremst werden.
- Mit Netzwerktreffen will eine Thüringer Agentur jungen Kreativen eine Bleibeperspektive im Freistaat aufzeigen.
- Thüringen sei ein blauen Meer, in dem man schneller auffallen und Kontakte knüpfen könne.
- Leben und Arbeiten sei im Freistaat günstiger – internationale Aufträge könne man dennoch annehmen.
Vor einem Jahr eröffnete Isa Schreiber in Weimar ihr eigenes Porzellanstudio. Zentral gelegen, am Herderplatz, um möglichst viel Laufkundschaft anzulocken. Sie arbeitet darin nun an neuen Entwürfen für Vasen und Kerzenständer, gibt Workshops zur Porzellanherstellung, und nutzt das Studio gleichzeitig als Showroom: Es ist ihre Visitenkarte, wenn Kunden von großen Manufakturen anreisen, die vielleicht mit ihr ins Geschäft kommen wollen.
Diese Standortentscheidung hat Schreiber, die nach dem Studium zunächst nach Bayern und Sachsen-Anhalt ging, bis heute nicht bereut: "Weimar war und ist der perfekte Ort für meine Gründung. Durch die Touristen habe ich genug Laufkundschaft. Gleichzeitig gibt es hier in Thüringen unfassbar gute Fördermöglichkeiten, so dass der Weg in die Selbstständigkeit vergleichsweise entspannt war."
Heimatverbundenheit in Weimar
Von ihren Erfahrungen berichtet Schreiber im "Neudeli", der Gründungswerkstatt der Bauhaus-Universität Weimar. Rund 15 junge Menschen hören ihr zu. Die meisten von ihnen wollen nach dem Studium in Thüringen bleiben, ein paar wenige sind sich noch nicht sicher. Sie alle wollen sich in kreativen Bereichen selbstständig machen und suchen nach konkreten Perspektiven: "Ich habe gar kein Bedürfnis, in die Großstadt zu gehen", erzählt etwa die 22-jährige Anna, Studentin der Visuellen Kommunikation. Auch wenn sie wisse, dass es dort viel mehr Agenturen gebe.
Der 24-jährige Samuel sieht es ähnlich. Er hat im vergangenen Jahr sein Medienkunst-Studium abgeschlossen und will ebenfalls bleiben. Aus familiären Gründen, aber auch, weil er hofft, mit seiner Kunst auf "mehr Anklang zu treffen, als in Berlin, wo Tausend andere Leute genau dasselbe machen".
Thüringen ist wie ein blaues Meer
Besonders sein, und nicht in der Masse untergehen: Das ist es, womit auch Nina Palme von der Thüringer Agentur für Kreativwirtschaft wirbt. Sie hat den Netzwerknachmittag mitorganisiert. Thüringen sei eine Art "Blue Ocean", ein blaues Meer, in dem man kreativ wirken könne, "ohne viel Konkurrenzdenken, ohne viele Menschen, die genau dasselbe machen". Vielmehr finde man im Freistaat bezahlbare Orte zum Leben und Arbeiten, und komme letztendlich schneller mit den wichtigen Menschen in Kontakt.
Netzwerken ist alles, das betont auch Lisa Pufahl. Sie arbeitet seit einem Jahr als Freie Künstlerin in Erfurt, und generiert Aufmerksamkeit vor allem über ihr Instagram-Profil. Gleichzeitig seien die Kontakte vor Ort immer wichtig gewesen, um eine stabile Selbstständigkeit aufzubauen.
Freiräume in Erfurt oder Weimar
Pufahl vermutet, dass sie in einer Metropole nicht so schnell an ein Atelier gekommen wäre, wie nun in Erfurt im Zughafen. Isa Schreiber fand ihr Porzellanstudio in Weimar, weil ein Amtsleiter sich für sie stark machte: "Hier bringt Netzwerken wirklich enorm viel, weil man sich immer wieder über den Weg läuft." Und Illustratorin Pauline Voss, Dritte im Bunde der Vortragenden, betont immer wieder: Auch aus dem Home Office in Erfurt könne man international arbeiten. Sie zählt Disney und Marvel zu ihren Kunden, der Wohnsitz sei da völlig egal.
Bei den Studierenden stoßen die Vorträge der Gründerinnen auf großes Interesse, nach dem offiziellen Teil haben sie viele Fragen. Studentin Anna fühlt sich hinterher bestärkt: Neben dem Studium arbeitet sie bereits als Illustratorin, bislang nur für Auftraggeber in der Region. Sie wird ihre Fühler künftig noch weiter ausstrecken.
Redaktionelle Bearbeitung: tsa
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. Januar 2025 | 07:10 Uhr