Freizeit Neues Leben für altes Zeltkino in Weißensee
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16. August 2024, 10:00 Uhr
Der letzte Abspann lief schon vor Jahrzehnten. Das alte Zeltkino in Weißensee verfiel zur Ruine. Dabei liegt es so romantisch am Gondelteich, dass es fast selbst Hauptdarstellerin in einem Film sein könnte. Das dachte sich auch Mario Müller. Der 47-jährige Weißenseer hat das Zeltkino zu neuem Leben erweckt - und das in Eigeninitiative und mit privatem Geld.
Der Gondelteich liegt in morgendlicher Stille. Auf der Bank am Ufer sitzt Ellen Löffler mit ihrem Mann. "Ist das nicht ein tolles Fleckchen Erde", schwärmt sie. Davon, dass im alten Zeltkino am Ende des Teiches bald wieder Filme laufen werden, hatte sie noch nichts gehört.
Fast entschuldigend meint sie "Ich wohne jetzt doch in Kindelbrück, aber mein Herz schlägt noch für Weißensee." Als ich ihr erzähle, dass ich gleich mit dem neuen Betreiber des Kinos verabredet bin, kommt sie spontan mit. Und dann gibt es einen Gänsehaut-Moment.
Ich wohne jetzt doch in Kindelbrück, aber mein Herz schlägt noch für Weißensee.
Gänsehaut-Moment beim Wiedersehen
Mario Müller und Ellen Löffler fallen sich um den Hals. Die Rentnerin war einst die Lehrerin seines älteren Bruders. "Ist das toll, dass du das mit dem Kino machst. Das war früher immer ein Magnet, war immer voll", sagt sie. Oft sei sie hier gewesen.
Auch die Hortnerinnen waren, erzählt sie, immer froh, wenn sie mit den Kindern mal ins Kino konnten. "Das war hier ein Ensemble. Das Kino, der Campingplatz, das Freibad."
"Dirty Dancing" und dann war Schluss
Mario Müller ist in Weißensee aufgewachsen. Als Kind war er oft in dem Wellblech-Bau, der mit einem Zelt eigentlich nichts zu tun hat. Über Mauern wölbt sich eine Metallkonstruktion, die mit Wellblech überzogen ist. Das Kino sieht ein bisschen aus wie eine kleine Flugzeughalle.
"Hier habe ich Dirty Dancing gesehen", erinnert sich Mario. Dann war irgendwann Schluss. Genau lässt sich das nicht mehr nachvollziehen. "Ich habe die Historiker schon gefragt. Wann hier der Abspann lief, lässt sich nicht mehr nachvollziehen." Der 47-Jährige war einige Jahre weg.
Der Stadt etwas zurückgeben
Erst Armee, dann Studium, dann Jobs in anderen Städten. Nun ist er zurück. "Und ich hatte dann beobachtet, gerade an den Wochenenden, dass die Stadt relativ ruhig ist. Ich hatte das Gefühl, hier passiert nicht mehr viel. Deshalb habe ich mir überlegt, der Stadt etwas zurückzugeben, damit sie wieder aufblüht."
Ich habe mir überlegt, der Stadt etwas zurückzugeben, damit sie wieder aufblüht.
Seit er sich wieder mehr in die Stadt eingelebt hat, weiß er, in Weißensee ist durchaus etwas los. Doch ein Kino fehlt. Aufs alte Zeltkino war auch er zunächst nicht gekommen. Ideen hatte er viele, die meisten, meint er lächelnd, hätten ihn wohl finanziell ruiniert.
Dann fiel ihm sprichwörtlich das leerstehende Zeltkino vor die Füße. "Ich hatte das Objekt gesehen, es verfiel. Ich dachte, fragst bei der Stadt mal nach, was damit werden soll."
Stadt überließ Kino für kleine Pacht
Die Stadt überließ ihm das Zeltkino für eine kleine Pacht. Da hatte er sie nun, seine Ruine. Inzwischen ist außen alles chic. Das Dach ist auch seit einer Woche dicht.
Das Trägerwerk der Halle insgesamt sei völlig intakt und werde wohl auch in 100 Jahren noch stehen, aber die Wellbleche waren zum Teil verrostet, der Betonboden hatte Risse, der Vorführraum war abgesackt. Und die Halle war voller Gerümpel.
Tag der offenen Tür am 16. August
Mario Müller ist Mediengestalter und nun auch Chef im Kino Seeblick im Weißenseer Naherholungsgebiet "Am Gondelteich". Am Freitag, den 16. August, feiert Weißensee das Wasserfest - und auch das Kino soll dann mit einer Diashow über den Ort an den Start gehen. "Da wird noch nicht alles perfekt sein, aber ich will starten", sagt er. Der 47-Jährige möchte bei einem Tag der offenen Tür die künftigen Kino-Pläne vorstellen, der reguläre Betrieb soll am 6. September starten.
Da wird noch nicht alles perfekt sein, aber ich will starten.
Bisher 25.000 Euro investiert
Bis jetzt hat Mario Müller an die 25.000 Euro eigenes Geld in das Kino Seeblick gesteckt. "Ich möchte der Stadt, den Weißenseern Erinnerungen zurückgeben. So wie früher, dass sie hier rausgehen und sagen, das war schön. Ein Edelobjekt wird das nicht. Wird niemals mit dem Komfort eines großen Kinos mithalten können."
Es hallt ein bisschen und neben den etwa 25 Kinostühlen werden Sessel und Sofas stehen. Eine kleine Bar wird noch eingebaut. Mario Müller steckt voller Energie. Er hofft, das Zeltkino kommt gut an. Künftig will er von April bis Oktober an den Wochenenden Filme zeigen.
Kinosaal soll auch für Veranstaltungen offenstehen
Es soll auch Konzerte, vielleicht auch Lesungen und andere Kulturveranstaltungen geben. "Und wenn jemand die Halle für private Feiern, eine Hochzeit buchen will, dann geht auch das." Die Sessel und Sofas können ja verrückt werden. Das macht den Raum variabel.
Spaziergänger wie die zehnjährige Hanna und ihr Papa Patrick meinen jedenfalls: "Wenn das Programm entsprechend ist, würde man da schon immer mal hingehen." Und Hanna sagt: "Ich denke, das wäre cool. Dann wäre ich nicht mehr so viel am Handy."
MDR (kir/jw)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 16. August 2024 | 11:30 Uhr
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