Bäume, Baukosten und Bus-Alternativen Neue Stadtbahnlinie 9 in Erfurt: Ihre Fragen beantwortet

29. April 2024, 16:12 Uhr

Der Stadtrat hat dem Grundsatzbeschluss zugestimmt: Erfurt soll eine 4,2 Kilometer lange neue Stadtbahnlinie bekommen. Bis zur Fertigstellung dauert es aber noch Jahre. Ihre wichtigsten Fragen zur künftigen Linie 9 beantwortet Baudezernent Matthias Bärwolff (Linke).

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Warum eine neue Straßenbahnlinie und nicht zusätzliche Busse?

Man kann das mit Bussen abfangen, aber die Busse stehen auch regelmäßig im Stau und wir hätten immer noch das große Thema Straßensanierung. Die Straßen sind jetzt schon völlig rum. Die Thälmannstraße, aber auch die Liebknecht-Straße und Friedrich-Engels-Straße, das sind Schlagloch-Pisten. Und wenn wir die sanieren, bekommen wir wesentlich weniger Fördermittel. Wenn wir die sanieren, haben wir auch nicht den Effekt, den wir bekommen mit dem Bau der Stadtbahn 9, nämlich viele Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Das ist so die Schwierigkeit.

In der Thälmannstraße soll viel gebaut werden - was passiert mit den Bäumen?

Ja, das wissen wir noch nicht ganz. Wir wollen sie erhalten. Wir haben ja auch die Baumschutzsatzung und die Selbstverpflichtung zum Baumschutz. Aber das muss man sich konkret angucken. Und deshalb machen wir die Planungen, um genau solche Aspekte auch zu betrachten. Und die Bäume waren schon da, als die Straßenbahnen früher schon mal da entlanggefahren sind. Von daher: Wir werden das hoffentlich auch so hinbekommen, dass sie auch mit der neuen Straßenbahnlinie erhalten bleiben.

Baudezernent Matthias Bärwolff am Schmidtstetter Knoten. Hier soll die Linie 9 durch Erfurt führen
Baudezernent Matthias Bärwolff am Schmidtstetter Knoten. Hier soll die Linie 9 durch Erfurt führen. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Warum bauen Sie nicht stattdessen eine Linie nach Stotternheim?

Nach Stotternheim können wir gerne eines Tages eine Stadtbahnlinie bauen. Aber da haben wir schon erstens eine Eisenbahn und zweitens die Stadtbahntrasse, die rund um die Uhr im Zehn-Minuten-Takt fährt. Wenn wir nach Stotternheim rausfahren, erschließen wir viel Acker. Da wohnt keiner, da gibt es kein Fahrgast-Potenzial. Das lohnt sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhaupt nicht.

Die Zielstellung für Stotternheim ist: rein in die Eisenbahn und Radwege. Das ist eine Möglichkeit, um kostengünstig und schnell nach Stotternheim zu kommen und auch Amazon, bisher gut an den ÖPNV angebunden, bekommt extra eine Bahn-Haltestelle am Werksgelände. Von daher haben wir das Thema schon berücksichtigt. Aber für eine Stadtbahn? Da lohnt sich die Investition einfach nicht. Viel zu wenige Fahrgäste.

Was passiert mit den Parkplätzen auf der Route der neuen Linie?

Also das Parken ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir bei der Betrachtung vor uns haben. Und wir würden gerne den Straßenraum so freiräumen, dass wir gute Gehwege, gute Pflanzbedingungen für die Bäume haben. Aber eben auch Radwege, ordentliche Straßen und die Gleisanlage. Deshalb wird das Parken in den Größenordnungen umverteilt werden. Ich möchte gerne, dass wir Autos stapeln, das heißt an verschiedenen zentralen Punkten Quartiers-Garagen entwickeln. Anwohner sollen so zentrale Parkanlagen haben und die Straßen daneben frei sein von den parkenden Autos.

Der Bahnhofstunnel in Erfurt. Hier soll die Linie 9 eine Entlastung schaffen.
Der Bahnhofstunnel in Erfurt. Hier soll die Linie 9 eine Entlastung schaffen. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Warum startet die neue Linie nicht wie der Bus in Daberstedt?

Weil da der Bedarf relativ gering ist. Die Stadtbuslinie 9 hat vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof wirklich hohes Potenzial, aber vom Hauptbahnhof nach Daberstedt sind es relativ wenige. Und seinerzeit hatten wir in den Jahren 2013 und 2014 große Überlegungen angestellt, ob man zum Beispiel den Bus mit einer Oberleitungstrasse versehen könnte. Da war so ein Forschungsprojekt vom Fraunhofer-Institut am Start und man hat dann sich dagegen entschieden. Und was ganz interessant ist, es gab sogar eine Bürgerinitiative, die dagegen gekämpft hat.

Von daher hat man das Thema dann relativ schnell beiseitegelegt gelegt. Und wie gesagt, der Nordast läuft richtig gut, was die Fahrgäste angeht. Der Südast vom Bahnhof nach Daberstedt, da gibt es relativ wenig Fahrgäste. Von daher, wird man da auch weiterhin den Bus hinschicken.

Eine Karte mit dem Straßenbahn- und Busnetz für Erfurt.
Die Linie 9 ist hier hellblau eingezeichnet und soll von Rieth über den Hauptbahnhof bis zur Station Grubenstraße verlaufen. Bildrechte: SWE Stadtwerke Erfurt GmbH

Erfurt baut gerade eine neue Fernbushaltestelle - die muss bald wieder weichen. Warum dann bauen?

Die brauchen wir erstens, weil der Stadtrat das beschlossen hat. Aufträge müssen erfüllt werden. Zweitens: Wir bauen sie so, dass wir alles Mögliche der Fernbus-Linie oder der Fernbushaltestelle hinterher auch wiederverwenden können. Also wir brauchen jetzt ein ansehnliches Provisorium, aber mit dem Bau der Stadtbahn-Trasse wird es eh noch mal alles komplett neu geordnet und die Fernbushaltestelle hat nur ein paar Kanten, ein Häuschen und ein Schild. Mehr ist es eigentlich nicht und das können wir auch für die Stadtbahn gut weiterverwenden.

Was kostet das Projekt?

Das Ganze wird ungefähr 120 bis 130 Millionen Euro kosten. Für den Teil der Stadtbahn-Trasse bekommen wir 75 Prozent Fördermittel aus dem GVFG, dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes. Und alles, was nicht Stadtbahn direkt ist, sondern eben Quartiers-Garagen, Bäume und so weiter und so fort, werden wir dann über andere Förderprogramme beziehungsweise über den Haushalt der Stadt abbilden.

MDR (kir/ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 21. April 2024 | 18:05 Uhr

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