Kindergarten Stadt Erfurt will vor Inkrafttreten des neuen Kita-Gesetzes Stellen absichern
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18. September 2024, 18:35 Uhr
Anfang Juni hat der Thüringer Landtag ein neues Kindergartengesetz beschlossen. Damit soll der Betreuungsschlüssel verbessert werden - was bedeutet: weniger Kinder pro Erzieher. Da das Gesetz aber erst ab kommendem Jahr gilt, verhandelt der Erfurter Stadtrat am Mittwochabend eine Übergangslösung, um das Kita-Personal bis dahin zu halten.
Lange hat der Landtag über die Änderung des Kita-Gesetzes in Bezug auf den Betreuungsschlüssel verhandelt - vielleicht etwas zu lange. Durch den Geburtenrückgang gibt es immer weniger Kinder in den Kindergärten. Nach dem alten Personalschlüssel müssten deshalb Stunden reduziert oder gar Personal entlassen werden, das nach dem neuen Personalschlüssel ab 1. Januar 2025 aber wieder gebraucht werden würde.
Um dieses Durcheinander zu vermeiden, soll es in Erfurt eine Übergangslösung für alle Kindergärten geben - unabhängig von ihrer Trägerschaft. Laut dem Antrag der Stadtverwaltung, der am Mittwoch im Stadtrat beschlossen werden soll, gibt es für die kommunalen Kindergärten keinen Mehrbedarf, da die Personalsituation bereits im vergangenen Jahr mit Aussicht auf das neue Gesetz angepasst wurde.
Für die insgesamt 90 Kindergärten der freien Träger, wie zum Beispiel der Arbeiterwohlfahrt (AWO) oder dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), müsste die Stadt rund 1,5 Millionen Euro ausgeben, um zusammengenommen knapp 60 Vollzeitstellen abzusichern.
Ich bin sehr dankbar für das neue Gesetz, weil sich nach vielen Jahren jetzt wirklich spürbar was tut.
Auch der AWO-Kindergarten "Brühler Gartenzwerge" mit seiner Außenstelle "Mittendrin" ist von dieser Übergangslösung betroffen. Leiter Sven Franke hat die Debatte zum Kita-Gesetz im Landtag live mitverfolgt. Er bekommt durch das neue Gesetz ab Januar rund 100 zusätzliche Betreuungsstunden pro Woche für die 116 Kinder in den beiden Einrichtungen - das entspricht etwa 2,5 Vollzeitstellen.
"Ich bin sehr dankbar für das neue Gesetz, weil sich nach vielen Jahren jetzt wirklich spürbar was tut. Dieser neue Schlüssel verbessert die Betreuungsqualität und wir können so besser auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen", sagt Franke.
Konkret bedeutet das, dass die Erzieher den Kindern mehr Angebote machen können: So könnte zum Beispiel eine Erzieherin für einen Teil der Gruppe Sport anbieten, der andere Teil könnte Basteln und eine weitere Kollegin könnte mit den Kindern musizieren.
Doch das Gesetz sei sehr spät gekommen, so Franke. Durch den Geburtenrückgang könnte er sein Personal bis zum kommenden Jahr nicht halten. "Wir müssten dann beim vorhandenen Personal mit den Stunden runtergehen oder aber auch jemanden entlassen", sagt er.
Bei einem großen Träger wie der AWO mit rund 160 Kindertageseinrichtungen in ganz Thüringen sei man laut Franke etwas flexibler und könnte für den Übergang zwischen den Einrichtungen vermitteln. Dennoch ist er froh, dass der Erfurter Stadtrat die Übergangslösung beschließen will und den neuen Betreuungsschlüssel damit quasi vorfinanziert.
Große regionale Unterschiede
Anderenorts kam das Gesetz tatsächlich "zu spät". So mussten zum Beispiel im AWO-Kindergarten "Käferland" in Arnstadt zwei Erzieherinnen entlassen werden. Laut Anne Osterland, Sprecherin der AWO Thüringen, ist die Situation aber regional sehr unterschiedlich.
"In den meisten Regionen ist "zu viel" Personal kein akutes Thema, weil viele Erzieher auch nach und nach in den Ruhestand gehen. In manchen Regionen müssen wir eher schauen, dass wir zum 1. Januar ausreichend besetzt sind", sagt Osterland.
Die Einrichtungen haben ab 2025 drei Jahre Zeit, den neuen Personalschlüssel umzusetzen. Doch blickt man noch weiter in die Zukunft, sieht es wieder anders aus: "Für manche Landkreise haben wir aber Prognosen zu den Geburtenzahlen, die befürchten lassen, dass der neue Personalschlüssel nur vorübergehend abfedernd wirkt", so Osterland weiter.
Betreuungsschlüssel im Westen von Deutschland besser
Kindergarten-Leiter Sven Franke verweist darauf, dass Thüringen beim Betreuungsschlüssel im Vergleich zu den westlichen Bundesländern noch hinterherhinkt. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes kamen bei den Gruppen unter drei Jahren in Thüringen 5,2 Kinder auf einen Erzieher - der Bundesdurchschnitt liegt bei vier Kindern.
Bei den über Dreijährigen waren es zehn Kinder pro Erzieher - da liegt der Schnitt deutschlandweit bei 7,8 Kindern. Laut AWO-Sprecherin Osterland ist der neue Betreuungsschlüssel aber in jedem Fall "eine echte Win-Win-Situation für Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Träger".
MDR (caf)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit des Tages | 18. September 2024 | 18:25 Uhr
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