Erfurt Vier Monate im Einsatz: Polizei zieht erste Bilanz von Bodycam-Nutzung

18. März 2024, 20:23 Uhr

Seit etwa vier Monaten sind Polizisten in Erfurt mit einer sogenannten Bodycam ausgestattet. Mit den Kameras reagierte die Polizei auf die gewaltvollen Ausschreitungen am Anger. Die Beamten sollen so besser geschützt und Straftaten leichter dokumentiert werden können. Jetzt zieht die Polizei eine gemischte Bilanz.

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Für die Polizeibeamten Andreas Pohle und Livia P. ist es ein ziemlich gewöhnlicher Montagvormittag. In der Erfurter Innenstadt herrscht Geschäftigkeit, der Anger ist belebt. Wie üblich drehen die Polizisten ihre Fußstreife. Auch einige Nebenstraßen nehmen sie mit. In letzter Zeit haben sie ihre Route in Richtung Bahnhof und Schmidtstedter Straße erweitert. Dort hatte es in den vergangenen Wochen eine deutliche Zunahme von Straftaten gegeben.

Auf der Schulter trägt Livia P. die kleine Kamera. Um sie einzuschalten, muss sie nur einen kleinen roten Hebel nach rechts ziehen. Auch auf der Uniform der Polizistin wird vorne und hinten in großen Buchstaben auf die Videoüberwachung hingewiesen. "Oft denken die Leute deshalb, die Kamera laufe dauerhaft", erzählt sie. Manche Menschen würden schon darauf gereizt reagieren. Tatsächlich aber müssen die Polizisten explizit darauf hinweisen, wenn sie die Bodycam aktivieren.

Bodycam kann deeskalieren...

Wie oft es tatsächlich dazu kommt, können Livia P. und Andreas Pohle nicht genau beziffern. An manchen Tagen sei die Kamera mehrfach im Einsatz, manchmal bleibe sie aber auch wochenlang ausgeschaltet. Auch die Reaktion auf die neue Ausrüstung falle durchaus unterschiedlich aus, so Polizeisprecherin Julia Neumann. Kommt es zu einer Auseinandersetzung, trage die eingeschaltete Kamera immer wieder dazu bei, dass sich die betroffenen Personen beruhigen und wieder mit sich reden lassen.

Oft denken die Leute deshalb, die Kamera laufe dauerhaft.

Livia P. Polizistin über Eindrücke von Passanten zur Bodycam

Auch Livia P. hat das schon erlebt. Vor kurzer Zeit hatte sie es mit einem mutmaßlichen Ladendieb zu tun. "Der war sehr aggressiv und stand offensichtlich unter Drogeneinfluss", erzählt sie. Der Mann sei etwa zwei Meter und breit gebaut gewesen. Als eher kleine Frau war sie froh, die Bodycam einschalten zu können. "Der Mann hat sich dann schnell wieder runtergefahren". Hier habe die Bodycam deeskalierend gewirkt.

Eine Thüringer Polizeibeamtin in Schutzweste, auf der die Worte Polizei und Videoaufzeichnung aufgedruckt sind.
Deutlicher Hinweis: Diese Beamtin trägt eine Bodycam. Bildrechte: MDR/Sophie Hartmann

... aber auch das Gegenteil bewirken

Manchmal laufe es aber auch genau gegensätzlich, weiß Polizeisprecherin Julia Neumann. "Dann führt das Auslösen der Kamera erst zur Eskalation. Das stellen die Kolleginnen und Kollegin vor allem dann fest, wenn die Personen unter Drogen- und Alkoholeinfluss standen." Wie auf die Bodycams reagiert wird, hänge von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Als Reaktion auf die Ausschreitungen am Anger hatte die Erfurter Polizei die Bodycams im Dezember 2023 eingeführt. Zum Einsatz kommen die insgesamt 37 Kameras aber nicht nur am Erfurter Anger, sondern in der ganzen Stadt. Dort sollen sie nicht nur dem Schutz der Polizisten dienen. Zur Dokumentation können auch Betroffene einer polizeilichen Maßnahme darum bitten, dass die Kamera eingeschaltet wird. Diesem Wunsch müssen die Beamten dann nachkommen.

Konfliktlösung mit besonnenen Worten

Polizist Andreas Pohle ist froh, wenn es gar nicht so weit kommt, dass die Bodycam gebraucht wird - denn die ist nur für den absoluten Notfall. Als Kontaktbereichsbeamter (kurz "KOBB") am Anger weiß er um die angespannte Situation. Trotzdem löst er die Konflikte am liebsten mit besonnenen Worten. "Bis jetzt haben wir es fast immer so hingekriegt". Auf einer Bank entdeckt er kurz darauf einen Mann, der ein Bier aus einer Dose trinkt. Bis 17:30 Uhr besteht auf dem Anger Alkoholverbot. Andreas Pohl weist ihn ruhig und freundlich darauf hin. Der Mann verlässt daraufhin den Platz. "So läuft es meistens ab", sagt der Polizist, "die aggressiven Leute sind doch in der Minderheit".

Nach vier Monaten Bodycam falle es schwer, eine positive oder negative Bilanz zu ziehen, so Pressesprecherin Julia Neumann. Die Erfahrungen der Kollegen seien durchweg unterschiedlich. Eine Statistik zum Erfolg oder Misserfolg der Sicherheitsvorkehrung führt die Erfurter Polizei nach eigener Angabe keine. Klar ist aber: Die Bodycams bleiben in Erfurt weiter im Einsatz.

MDR (soh/dr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 18. März 2024 | 18:22 Uhr

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