Flüchtlinge aus Syrien lernen in einem 320-stündigen Einstiegskurs die deutsche Sprache.
Sprachkurs für Geflüchtete - hier 2016 in Erfurt. Bildrechte: picture alliance / ZB | arifoto UG

Weniger Asylbewerber Wie geht es 2025 mit der Integration von Geflüchteten weiter?

27. Januar 2025, 10:09 Uhr

2024 ist die Zahl die Asylbewerberanträge in Deutschland deutlich zurückgegangen. Auch wenn Thüringen dem Bundestrend hier etwas hinterherhinkt, dürfte das auch in den Kommunen, Behörden und Vereinen des Freistaats für Entlastung sorgen. Was bedeutet der Rückgang aber für die Integration der Geflüchteten, die bereits hier sind? Wird es 2025 leichter?

Im Thüringer Integrationsbericht von 2024 heißt es: "Integration ist […] kein Zustand, sondern ein vielschichtiger, dauerhafter Prozess." Wie vielschichtig dieser Prozess tatsächlich ist, wird erst klar, wenn man sich vergegenwärtigt, wer an der integrativen Arbeit alles beteiligt ist.

Allein das Integrationsnetzwerk der Landeshauptstadt besteht nach Angaben der Erfurter Integrationsmanagerin Annegret Pfister aus mindestens 90 verschiedenen Akteuren. Gemeint sind hier keine Einzelpersonen, sondern Behörden, Verbände, Vereine und Initiativen. Thüringenweit sind es noch deutlich mehr.

Insofern gibt es auf die Frage, wie es 2025 mit der Integration von Geflüchteten in Thüringen weitergeht, nicht eine, sondern vielmehr Hunderte Antworten. Dieser Beitrag nährt sich daher den zentralen Fragen zur Integration in Thüringen in fünf Streiflichtern an: von einer Ukrainerin, die am Mangel von Sprachkursen verzweifelt, über Minister, die Besserung in Aussicht stellen, bis zu Helfern, die noch immer mit massiven Problemen konfrontiert sind.

14 Monate für einen Sprachkurs

Endlich! Auf diesen Tag hat Iryna Voroniuk wirklich lange gewartet. Ihre Augen leuchten, als sie erzählt, dass endlich die Zusage gekommen ist. "Ab nächster Woche habe ich einen neuen Kurs. Der heißt: B2 Deutsch Beruf", sagt die 36-jährige Ukrainerin und schlingt ihren grünen Mantel etwas fester um sich. Es ist kalt bei der Ukrainehilfe in Altenburg, wo ich als Reporter Iryna vor rund einem Jahr kennengelernt habe und wo ich sie im Januar 2025 wiedertreffe.

"Jetzt habe ich große Pläne. Wie ich schon früher gesagt habe, möchte ich Sozialarbeiterin werden", erzählt sie mir freudestrahlend. Dass es nun endlich weitergeht, bedeutet ihr viel. Denn lange Zeit wurde sie vom Arbeitsamt aufgehalten, das ihr den nötigen B2-Sprachkurs verweigerte. Es gebe zu wenige Plätze in den Kursen, habe man ihr gesagt. Außerdem hätten Ärzte und Lehrer Vorrang.

"Dann sollte ich beweisen, dass ich wirklich Sozialarbeiterin werden will", erzählt Iryna, die in der Ukraine früher eine kleine Pizzeria hatte. Also absolvierte sie im vergangenen Jahr ein Praktikum bei einem sozialen Dienst und hielt sich mit einem Minijob über Wasser.

Schließlich lenkte das Arbeitsamt ein und bewilligte ihr den Kurs. Sie kam auf eine Warteliste und kann jetzt, im Januar 2025 den B2-Kurs machen, der auf den B1-Kurs aufbaut, den sie im November 2023 – also vor 14 Monaten - abgeschlossen hat.

Yulia Rehent (li.) und Iryna Voroniuk (re.) bei der Altenburger Ukrainehilfe e.V.
Yulia Rehent (li.) und Iryna Voroniuk (re.) sind aus der Ukraine geflohen. In Altenburg haben sie Zuflucht gefunden. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

So viel Ausdauer hatte Yulia Rehent nicht. Nach dem Deutsch-A2-Kurs hat sie aufgegeben, sich für weitere Kurse anzumelden. Mit der Sprache habe sie ohnehin Probleme. "Die Leute sprechen so viel Dialekt, aber wir haben Hochdeutsch gelernt", sagt sie lachend. Eigentlich würde sie gern eine weitere Prüfung ablegen, kann aber keinen Deutschkurs mehr machen: "Keine Zeit! Ich muss arbeiten", sagt Yulia, die sich mit zwei Minijobs und in einem Teilzeitjob als Putzhilfe durchschlägt.

Auch Yulia habe ich im Februar 2024 zusammen mit ihrem Mann Vitali in Altenburg kennengelernt. "Es ist schwierig", sagt sie und erzählt, dass Vitali seit einem Jahr vergeblich nach Arbeit sucht. "Das Jobcenter bezahlt unsere Wohnung", sagt sie und wirkt dabei etwas verbittert. Am Ende sagt sie, dass sie gern in die Ukraine zurückgehen würde. "Denn in der Ukraine habe ich in einem Labor für Keramik gearbeitet. Hier putze ich Böden und stehe an der Spüle."

Integration beginnt in der Erstaufnahmeeinrichtung

Anruf bei Thüringens Innenminister: "Ja, die Entlastung ist spürbar", sagt Georg Maier (SPD) mit Blick auf die zurückgehenden Asylbewerber-Zahlen. Im November 2023 hatte er die Migrationspolitik übernommen, als die Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen teilweise außer Kontrolle geraten war.

Je mehr Zeit Kommunen dafür haben, das heißt, je weniger Personen integriert werden müssen, desto schneller und erfolgreicher kann das auch verlaufen.

Georg Maier

Inzwischen habe sich die Situation deutlich entspannt, sagt Maier. Das merke man auch bei der Integrationsarbeit. "Diese fängt ja schon in der Erstaufnahmeeinrichtung an, wenn Ankommende über das Rechtssystem in Deutschland aufgeklärt werden. Das können wir jetzt wieder verstärkt leisten."

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Im Herbst 2023 war daran nicht zu denken. Damals war die Unterkunft in Suhl, die für etwa 900 Personen ausgelegt ist, mit zeitweise 1.600 Menschen völlig überlastet. Auch die Notunterkunft in Hermsdorf gab ein katastrophales Bild ab.

Zustände, die laut Maier auch die Differenz zwischen dem Rückgang der Asylbewerberanträge in Deutschland (um 29 Prozent) und dem in Thüringen (um zwölf Prozent) erklärt: "Das sind vermutlich Überhänge", sagt Maier. "Von Oktober bis Dezember 2023 sind so viele Asylanträge gestellt worden, dass die Erfassung teilweise nicht mehr stattgefunden hat. Das wurde dann 2024 nachgearbeitet."

Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen sei es gelungen, die Lage zu entspannen. So habe man Ausweichquartiere in Gera, Jena und Werther geschaffen und zugleich die Kapazitäten in Eisenberg ausgebaut. Außerdem habe die Landesregierung die Kommunen bei der Versorgung von Geflüchteten finanziell entlastet. "Wir haben dafür gesorgt, dass sie nicht nur für die Versorgung von Geflüchteten bezahlt wurden, sondern auch wenn sie Unterkünfte vorgehalten haben." So habe man einen Puffer aufbauen können.

"Aber", räumt Maier, "natürlich haben wir auch davon profitiert, dass es 2024 weniger wurde." Dieser Rückgang werde sich auch auf die weiteren Integrationsbemühungen in den Kommunen auswirken, ist Maier überzeugt: "Je mehr Zeit Kommunen dafür haben, das heißt, je weniger Personen integriert werden müssen, desto schneller und erfolgreicher kann das auch verlaufen."

Im ländlichen Raum sind alle Reserven ausgeschöpft

Zurück in Altenburg bei der Ukrainehilfe. Seit 2022 kümmert sich der gemeinnützige Verein um die Belange ukrainischer Geflüchteter. Die beiden Vereinsvorsitzenden Sybille Nordhaus-Bauer und Mathias Siegl haben für das Interview ein kleines Zimmer vorgeheizt. Normalerweise läuft die Heizung im Haus nur auf niedrigster Stufe, um gerade noch Frostschäden zu verhindern. "Für Kinder und Gäste machen wir aber Ausnahmen", sagt Nordhaus-Bauer und stellt einen warmen Tee auf den Tisch.

Sybille Nordhaus-Bauer (li.) und Matthias Siegl (re.) sind Vorsitzende der Ukrainehilfe Altenburg e.V. 31 min
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"Ja, es sind weniger Zugänge an ukrainischen Geflüchteten", sagt Nordhaus-Bauer. Zwar gebe es noch immer regelmäßige Familiennachzüge, aber das seien oft einzelne Personen. Die Großmutter etwa, die sich lange geweigert hat, die Ukraine zu verlassen. Auch für den Verein hat das etwas verändert. "Nach drei Jahren Angriffskrieg arbeiten wir jetzt systematischer. Am Anfang haben wir nur reagiert, jetzt agieren wir."

Zudem habe sich die Zusammenarbeit mit den Behörden spürbar verbessert. "Unsere Anliegen werden gehört und sie werden bearbeitet", sagt Mathias Siegl und gibt ein Beispiel: "Vor einiger Zeit brauchten verschiedene Ukrainer unbedingt einen aktualisierten Lebenslauf, der in Deutschland gängig ist. Da hat das Jobcenter sehr schnell reagiert." Eine Mitarbeiterin des Jobcenters sei zweimal ins Haus gekommen und habe es den Ukrainern beigebracht, erzählt Siegl.

Ich hatte hier eine frisch ausgebildete Krankenschwester, aber es war nicht möglich, die hier in Arbeit zu bringen! Die arbeitet jetzt in Rheinland-Pfalz.

Sybille Nordhaus-Bauer

Trotzdem gebe es auch immer wieder Schwierigkeiten vor allem beim Einstieg ins Berufsleben. "Das Anerkennungsverfahren für Berufe dauert einfach zu lange", sagt Nordhaus-Bauer. "Ich hatte hier eine frisch ausgebildete Krankenschwester, aber es war nicht möglich, die hier in Arbeit zu bringen! Die arbeitet jetzt in Rheinland-Pfalz." Das Problem seien dabei aber nicht die Behörden, sondern vielmehr die Gesetzgeber und eine unausgewogene Verteilung.

 "Wir sind hier im strukturschwachen, ländlichen Raum und unsere Behörden arbeiten ständig am Rand ihrer Kapazitätsgrenzen." Zu Spitzenzeiten habe das Altenburger Land mit seinen nicht mal 90.000 Einwohnern rund 2.300 ukrainische Geflüchtete beherbergt, rechnet Nordhaus-Bauer vor. Die Großstadt Leipzig mit 600.000 Einwohnern habe lediglich 10.000 Ukrainer gehabt. Auf dem Land gebe es aber ganz andere Kapazitäten. "Unsere Ukrainer erzählen uns, dass sie eine 76 Jahre alte Lehrerin haben. Da wurden also Ruheständler zurückgeholt", sagt Nordhaus-Bauer. "Es ist nicht mehr drin. Alle Reserven sind ausgeschöpft!"

Wie gelingt die Integration mit dem Richtungswechsel?

Szenenwechsel: Im Büro der neuen Thüringer Migrationsministerin Beate Meißner (CDU) ist es behaglich warm. Süßigkeiten und Kaffee stehen auf dem Tisch. Auf dem Stuhl neben Meißner hat Mirijam Kruppa Platz genommen, die seit 2015 Integrationsbeauftrage in Thüringen ist.

Eigentlich hatte ich beide Frauen aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit separat für Gespräche angefragt, doch das Büro der Ministerin lud zu diesem ungewöhnlichen Doppelinterview ein. Aus Termingründen, wie es heißt. Kruppa ist Grünen-Politikerin und der neuen christdemokratischen Ministerin formal unterstellt.

Thüringens Justiz- und Migrationsministerin Beate Meißner von der CDU (re.) und Thüringens Integrationsbeauftragte Mirijam Kruppa von den Grünen (li.) beim Doppelinterview. (Januar 2025) 33 min
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Trotz ihrer politischen Differenzen ist es ein freundlicher Umgang zwischen beiden. Meißner lobt beispielsweise die unter rot-rot-grün geschaffenen Strukturen, die dabei helfen würden, die Menschen mit Bleibeperspektive zu integrieren. Meißner sagt aber auch: "Integration gelingt am besten, wenn man eine Gesellschaft damit nicht überfordert."

Deshalb sei ein Richtungswechsel in der Migrationspolitik nötig. Bisher seien zu viele Dinge ungesteuert gelaufen. Bei der Rückführung, aber auch bei der Fachkräfteeinwanderung soll vieles neu geregelt werden, um zu "schnelleren und effektiveren Abläufen auf Landesebene" zu kommen.

Es dauert ungefähr ein Jahr, bis man auf Deutschniveau B1 ist, womit man eine Ausbildung machen oder eine Arbeit aufnehmen kann.

Mirijam Kruppa

Kruppa verweist hingegen auf die Erfolge in den zurückliegenden Jahren, die trotz extremer Herausforderungen erzielt wurden: "Natürlich ist es so, dass, wenn auf einmal viele Menschen kommen, so wie 2015 oder 2022, es dann einfach länger dauert, bis man einen Deutschkurs oder dergleichen bekommt."

Trotzdem sprächen zwei Drittel der Menschen nach fünf Jahren fließend Deutsch. Auch ein OECD-Bericht zeigte kürzlich, dass die Arbeitsmarkt-Integration in Deutschland besser funktioniere als in den meisten anderen Ländern. "Die Integration wird oft schlechtgeredet", ist Kruppa überzeugt.

In Bezug auf die sinkenden Asylbewerberzahlen rechnet Kruppa mit einer Entlastung über die nächsten Jahre. Das fange beim Bamf an, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wo weniger Asylanträge gestellt würden, und ziehe sich dann mit der Zeit durch die Behörden.

Bei den Sprachkursen erwartet sie 2025 aber noch keine spürbaren Entlastungen, weil es noch Wartelisten gebe. "Es dauert ungefähr ein Jahr, bis man auf Deutschniveau B1 ist, womit man eine Ausbildung machen oder eine Arbeit aufnehmen kann", so Kruppa. Höhere Sprachniveaus sollen künftig durch Online-Kurse vom Bund beschleunigt werden.

Schneller soll die Integration auch aufgrund der neuen zentralen Ausländerbehörde werden, die die Brombeer-Regierung plant. Meißner sieht hier Möglichkeiten, Bleibeberechtigte schon während ihrer Verteilung auf die Kommunen mit Wirtschaftsverbänden, Kammern und potenziellen Arbeitgebern in Verbindung zu bringen. Durch gut ausgebildetes Personal in der Behörde soll auch die Anerkennung ausländischer Fachabschlüsse beschleunigt werden. Integration durch Arbeit ist die Idee dahinter.

Eine weitere wichtige Integrations-Stellschraube der CDU-Migrationsministerin soll die flächendeckende Beschäftigung von Geflüchteten in gemeinnützigen Tätigkeiten sein. "Ich habe kürzlich erst mit dem Landrat vom Landkreis Greiz gesprochen, wo das gut läuft und wo es nach so einer Tätigkeit auch tatsächlich die Möglichkeit der Eingliederung in den Arbeitsmarkt gibt", sagt Meißner.

Für dieses Modell wolle sie bei den Kommunen werben. "Es gibt den ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgen die Chance, sich selbst zu integrieren." Zwang solle dabei aber nicht ausgeübt werden.

Sinkende Zahlen sind kein Grund zur Freude

"2024 hat die Situation von Geflüchteten auf jeden Fall verändert. Aber verbessert? Da würde ich viele Fragzeichen setzen", sagt Juliane Kemnitz. Seit 2011 Jahren arbeitet die 41-jährige Sozialarbeiterin beim Thüringer Flüchtlingsrat und berät Menschen mit Fluchterfahrungen, die sich im deutschen Behördendschungel verirrt haben.

"Für Kommunen und für die Behörden dürfte es tatsächlich eine Entlastung darstellen." Ein Grund zur Freude ist das für sie aber nicht: "Die sinkenden Zahlen bei Asylanträgen sind erstmal nur ein Zeichen dafür, dass Grenzen dichtgemacht und Fluchtwege unsicherer werden."

Juliane Kemnitz in ihrem Büro beim Thüringer Flüchtlingsrat e.V. 25 min
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25 min

24:43 min

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Viele Probleme rund um die Integration sind aus ihrer Sicht hausgemacht. So beklagten sich Kommunen regelmäßig darüber Unterkünfte stellen zu müssen. Doch im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz sei geregelt, dass Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen, solange sie keinen Aufenthaltstitel haben.

Immer wieder kämen deswegen Geflüchtete in die Beratung, die bereits arbeiten und sich eine Wohnung suchen wollen. "Sie dürfen es aber nicht! Stattdessen müssen sie Gebühren für eine Unterkunft zahlen, wo sie im Zweifelsfall ein Zimmer mit vier Leuten teilen, die alle im Schichtbetrieb arbeiten. Das ist eine massive Belastung."

Die sinkenden Zahlen bei Asylanträgen sind erstmal nur ein Zeichen dafür, dass Grenzen dichtgemacht und Fluchtwege unsicherer werden.

Juliane Kemnitz

Auch die oft langen Wartezeiten für Sprachkurse seien auf die "prekären Förderbedingungen auf Bundesebene" zurückzuführen, sagt Kemnitz. Vor allem auf dem Land sei es für die Sprachkursträger schwer, die Kurse vollzubekommen. Statt mit einer halb oder dreiviertel vollen Klasse zu beginnen, werde dann die Wartezeit verlängert.

Die Pläne der zerbrochenen Ampel-Regierung im Bund, die Ausgaben für Integrationskurse nahezu zu halbieren, hätten hier zuletzt für großen Unsicherheit gesorgt, sagt Kemnitz: "Es ist für die Sprachkursträger schwierig, wenn sie nicht wissen, mit welchen Mitteln sie für die Zukunft planen können." Zwar habe Thüringen mit "Start Deutsch" auch ein eigenes Sprachkursprogramm, aber auch das sei zuletzt gekürzt worden.

zum Aufklappen: Wie viele Sprachkurse gibt es in Thüringen?

Laut der Integrationskursgeschäftsstatistik des Bamf wurden 2023 insgesamt 407 Kurse in Thüringen von 54 Sprachkursträgern durchgeführt. 2022 waren es in Thüringen noch 372 Kurse. Vor dem Ukraine-Krieg im Jahr 2021 waren es lediglich 117. Hinzu kommen 2023 laut dem Thüringer Erwachsenenbildungsberichts 69 Kurse des landeseigenen Sprachprogramms "Start Deutsch". 2022 waren es 108 Kurse, 2021 waren es 81.

Die Integrationskursgeschäftsstatistik des Bamf zeigt auch, dass sich zwischen 2022 und 2023 die Warte- beziehungsweise Zugangszeiten bei den Sprachkursen für Geflüchtete verdoppelt hat. Vergingen 2022 noch durchschnittlich 8,3 Wochen zwischen der Erteilung der Teilnahmeberechtigung und der Aufnahme eines allgemeinen Integrationssprachkurses, waren es 2023 schon 16,6 Wochen.

Auch die Pläne der Brombeer-Regierung, Sozialleistungen an Geflüchtete nur noch über Bezahlkarten auszuzahlen oder sie zur gemeinnützigen Arbeit heranzuziehen, kritisiert Kemnitz. "Wenn es darum geht, Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu öffnen, dann müssen die Arbeitsverbote angegangen werden."

Stattdessen schränkten die Vorhaben die Teilhabemöglichkeiten und die Selbstbestimmung von Menschen ein. "Aus unserer Perspektive wäre der Richtungswechsel, den es braucht, ein Richtungswechsel hin zu einer sachlichen Debatte über Asylpolitik."

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Anm. d. Red.:
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MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 25. Januar 2025 | 11:30 Uhr

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