Landtag Gesetzentwurf gegen zu viele Airbnbs und Ferienwohnungen in Sachsen abgelehnt
Hauptinhalt
13. Juli 2022, 19:21 Uhr
In Leipzig und Dresden ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Hinzu kommt, dass auch immer mehr Wohnungen dem Mietmarkt verloren gehen, weil sie an Feriengäste untervermietet werden. Dieser Zweckentfremdung hätte der Landtag etwas entgegensetzen können, lehnte aber ab. Vom Tisch ist das Thema trotzdem nicht.
Hunderte Wohnungen in Sachsen werden als Ferienwohnungen vermietet - Wohnungen, die auf dem Mietmarkt gebraucht würden. Trotzdem haben die Fraktionen im Sächsischen Landtag am Mittwoch einen Gesetzentwurf der Linken gegen Zweckentfremdung von Wohnraum mehrheitlich abgelehnt. Warum?
Eine Analyse zum Ausmaß der Zweckentfremdung im Auftrag der Stadt Dresden zeigte 2020, dass dort bis zu 1.300 Wohnungen in der Stadt als Ferienwohnungen vermietet, also zweckentfremdet wurden. In Leipzig waren 2019 rund 600 Wohnungen dauerhaft als Ferienwohnungen vermietet worden. Das Schlagwort Zweckentfremdung bezieht sich aber nicht nur auf Ferienvermietung, sondern meint auch Umnutzung zu Büros, Leerstand und Verfall. In Leipzig betrifft das 8.400 weitere Wohnungen, die als Kanzleien, Praxen oder Büros gewerblich genutzt werden, rund 12.000 Wohnungen standen leer.
Linke: Leipzig und Dresden für dieses Gesetz
Die Linke will Zweckentfremdungen abschaffen, daher der Gesetzentwurf "über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Freistaat Sachsen" im Landtag. Dazu sagte die wohnungspolitische Sprecherin Juliane Nagel: "Die Zahlen von 2019 haben sich weiter verschärft." Sachverständige hatten in einer Diskussion im Regionalausschuss zuletzt von 2.500 dauerhaften Ferienwohnungen in Leipzig und 1.500 in Dresden gesprochen. Das betreffe vor allem kleinere Wohnungen.
Mit einem Zweckentfremdungsgesetz sollen Kommunen selbst entschieden, wie sie dagegen vorgehen, warb Nagel für den Vorschlag ihrer Partei. Der sah Ausnahmen für Arztpraxen, Senioren- und Kindereinrichtungen vor. In zehn anderen Bundesländern gibt es landesweite Regeln gegen Airbnb- und Ferienvermietung in Wohnräumen. "Auch Leipzig und Dresden wollen ein Zweckentfremdungsverbot seit drei, vier Jahren. Es ist aber nichts passiert", so Nagel.
Koalitionsparteien wollen wasserdichtes Gesetz
Das wird nach der Ablehnung im Plenum wohl noch eine Weile so bleiben, weil Sachsens CDU, Grüne und SPD noch an einem eigenen Gesetzesentwurf feilen. Die Koalitionspartner betonten, wie wichtig das Thema sei. In rechtlichen Detail wollten sie ihren Entwurf aber sattelfester gestalten als die Linke. "Die Diskussion sollte Anspruch für die Regierungskoalition sein, mit Augenmaß und verfassungsrechtlich wasserdicht die Zweckentfremdungssatzung zu vollenden", meinte der wohnungspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Thomas Löser.
Eingriff in Grundrechte
Für die CDU stellt ein derartiges Verbot einen bedeutsamen Eingriff in die Grundrechte von Immobilenbesitzern dar, sagte der Tourismusexperte der CDU-Fraktion, Oliver Fritzsche. Seiner Meinung nach demokratisieren temporäre Ferienwohnungen auch das Reisen, weil sich vor allem junge Leute Hotelpreise nicht leisten könnten. Und überhaupt: So ein Verbot müsse sich als Regulierungsinstrument für den Mietmarkt erst noch beweisen.
Weil es sich bei einem Umnutzungsverbot um Eingriffe in Eigentumsrechte handele, müsse "so sauber wie möglich argumentiert werden", meinte auch der Experte für wohnungspolitik der SPD, Albrecht Pallas.
AfD sieht keine dramatischen Mietpreise
Nur die AfD stellte das Wohnraumproblem in den Großstädten grundsätzlich in Frage. Der Ausschussvorsitzende für Regionalentwicklung, André Barth, befürchtete "Datensammelwut" bei den Kommunen und bezweifelte grundsätzlich, dass der Mietmarkt in Dresden und Leipzig angespannt sei. Mit Verweis auf Leerstände auf dem Land und in Städten, meinte Barth: "Die Mietpreise sind nicht so dramatisch, wie von der Linken beschrieben."
Kopfschütteln über AfD-Aussage
Linken-Politikerin Nagel kam diese Aussage "wie ein Schlag ins Gesicht für Alleinerziehende und Menschen mit geringem Einkommen" vor. Auch der Grünen-Politiker Löser, attestierte der AfD eine komplett andere Problem-Wahrnehmung. Er empfahl "dringend, mit Betroffenen zu sprechen, beispielsweise mit Menschen, die umziehen müssen".
Wann eine Ferienvermietung der Wohnung erlaubt ist
- Mieterinnen und Mieter, die ihre Wohnung oder ein einzelnes Zimmer einem Gast anbieten wollen, brauchen das schriftliche Einverständnis des Vermieters. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2014 muss die Erlaubnis für die Untervermietung an Touristen sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt explizit Airbnb hineinschreiben.
- Aber: Der Vermieter muss die Zustimmung nur dann geben, wenn nach Abschluss des Mietvertrages Umstände eingetreten sind, die eine Untervermietung rechtfertigen würden, also dass man die Miete nicht mehr bezahlen könnte.
- Die Kommunen regeln die Untervermietung von Wohnraum unterschiedlich. Mancherorts ist das Vermieten genehmigungspflichtig (in Köln). Andernorts ist die Anzeigepflicht an Größenangaben gebunden (Berlin). In Leipzig zum Beispiel sind Mieter schon abgemahnt worden, weil sie unerlaubt untervermieteten.
- Grundsätzlich sind Mieteinnahmen steuerpflichtig, es gelten Freibeträge.
Quellen: MDR/Mieterschutzbund Leipzig
MDR (kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 13. Juli 2022 | 19:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/493309a2-46f4-4409-8e85-db4fc5822ea5 was not found on this server.