Ministerin dreht an "allen Stellschrauben" Neue Vorschläge gegen Ärztemangel in Sachsen
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31. Januar 2019, 16:04 Uhr
Auf dem Land ist der Ärztemangel schon seit Jahren zu spüren. Wenn Praxen geschlossen werden, findet sich häufig kein Nachfolger. Die bisherigen Bemühungen der Landesregierung für mehr Ärzte blieben bislang ohne Erfolg. Deshalb bringt Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU) nun neue Vorschläge ins Gespräch. Das Wissenschaftsministerium kritisiert diese Vorschläge.
Sachsen gehen so langsam die Ärzte aus, in vielen Regionen droht schon jetzt eine Unterversorgung. Dabei gibt es eigentlich genügend junge Menschen, die sich für ein Medizinstudium interessieren. Genau dort will Gesundheitsministerin Barbara Klepsch nun ansetzen. Sie fordert, dass der Zugang zum Medizinstudium erleichtert wird. "Es muss eine andere Gewichtung bei der Studienplatzvergabe erfolgen", sagt Klepsch. "Wir brauchen mehr Studienplätze und es muss eine gewisse Öffnung beim Numerus clausus geben." Nach Angaben der Ministerin kommen auf einen Studienplatz zehn Bewerber.
Die Ministerin befürwortet außerdem, dass neben der Abiturnote auch die soziale Kompetenz der Bewerber eine stärkere Rolle spielen soll. Tatsächlich muss die Kultusministerkonferenz bis Ende des Jahres neue Regeln für die Zulassungsverfahren finden. Das Bundesverfassungsgericht hatte das bisherige Verfahren schon im Jahr 2017 beanstandet, weil es teilweise dem Grundrecht auf freie Ausbildungswahl widerspricht.
Aktuelle Zahlen zum Ärztemangel in Sachsen Aktuell arbeiten im Freistaat rund 17.000 Ärzte – knapp 7.400 davon ambulant, rund 9.500 Mediziner sind in Krankenhäusern tätig. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben die 2.600 Hausärzte im Land ein Durchschnittsalter von 54,1 Jahren. In 27 von 47 Regionen in Sachsen droht eine Unterversorgung. Besonders betroffen sind Vogtland, Erzgebirge, Mittel-, Nord-, West- und Ostsachsen. Schon jetzt würden rund 255 Hausärzte fehlen und die Zahl der offenen Stellen würde noch zunehmen.
Klepsch für mehr Studienplätze und Landarztquote
Mit dem neuen Hochschulstaatsvertrag soll nach dem Willen der Gesundheitsministerin auch die Zahl der Studienplätze für Medizin aufgestockt werden. Allein in Sachsen könnte sich Klepsch 50 weitere Plätze vorstellen. Außerdem soll eine Landarztquote die akuten Versorgungsengpässe auf dem Land beheben. "Damit hätten wir die Möglichkeit, innerhalb des Rahmens für 40 Ärzte je Jahrgang klar zu definieren, dass sie in den ländlichen Raum gehen und dafür bei der Studienplatzvergabe bevorzugt berücksichtigt werden", sagt Klepsch.
Der Freistaat fördere bereits über 100 Nachwuchsmediziner mit Stipendien, die sich für eine berufliche Zukunft auf dem Land verpflichtet haben. Die ersten fünf Absolventen seien im vergangenen Jahr bereits in die Praxis gegangen. An diesem 2008 begründeten Förderprogramm will Ministerin Klepsch auch in Zukunft festhalten. "Wir versuchen, an allen Stellschrauben zu drehen. Und die, die hier studieren, sollen auch hier praktizieren."
Wissenschaftsministerin Stange kritisiert Vorschläge
Die Vorschläge aus dem Sozialministerium wollte die sächsische Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange nicht unkommentiert lassen. In einer schriftlichen Mitteilung erklärt sie, dass die Vorschläge von Gesundheitsministerin Barbara Klepsch aus ihrer Sicht überraschend und zum falschen Zeitpunkt kommen. "Ich bin gern bereit, mich für eine Erhöhung der Studienplätze einzusetzen. Aber das kostet Geld, das zusätzlich bereitgestellt werden muss", so Stange. Die medizinischen Fakultäten in Sachsen seien jetzt bereits an der Grenze und würden für die Forschung mehr Mittel benötigen. Der Doppelhaushalt 2019/2020 sei zudem bereits im Dezember vom Landtag beschlossen und die Medizinstudienplätze bis 2025 damit ausfinanziert worden.
Wissenschaftsministerin Stange hält auch vom Vorschlag einer Landarztquote nichts: "Das bringt keine zusätzlichen Studienplätze und begegnet zudem verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die Quote gegen die Berufswahlfreiheit verstoßen könnte." Sachsen bilde genügend Mediziner aus, heißt es weiter. Kommunen, Krankenversicherungen, Ärztebund und Gesundheitspolitik müssten sich allerdings für eine bessere Verteilung einsetzen. Im Wissenschaftsministerium wolle man nun einen Maßnahmenkatalog prüfen, der vor wenigen Tagen vom Sozialministerium übermittelt wurde.
Quelle: MDR/cg/dpa
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 16.01.2019 | 19:00 Uhr