Parteitag in Markneukirchen AfD-Parteichef Urban ist Spitzenkandidat für die Landtagswahl
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10. Februar 2019, 12:11 Uhr
Der 54-Jährige wurde auf Listenplatz 1 gewählt. Ingesamt 61 Kandidaten will die AfD bis Sonntag in Markneukirchen aufstellen. Am Sonnabend zeichnete sich bereits ab, dass die Delegierten das wohl nicht schaffen werden.
Jörg Urban führt die AfD in den bevorstehenden Landtagswahlkampf. Er wurde am Freitag auf dem Parteitag in Markneukirchen mit 85,4 Prozent der Stimmen auf den ersten Listenplatz gewählt. Gegenkandidaten gab es keine. Vorgeschlagen wurde er zuerst vom AfD-Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla, dem ebenfalls Ambitionen auf den Spitzenplatz nachgesagt wurden.
Urban zeigte sich zuversichtlich, dass die AfD nach der sächsischen Landtagswahl am 1. September Regierungsverantwortung übernehmen kann. In Umfragen liegt die AfD im Freistaat derzeit bei 25 Prozent - vier Prozentpunkte hinter der CDU. Bei der Wahl vor fünf Jahren sei man noch eine "aufstrebende Kleinpartei" gewesen, sagte Urban. Der AfD sei seit 2014 ein Siegeszug gelungen. Man sei in kurzer Zeit in alle deutschen Landtage, ins Europaparlament und in den Bundestag eingezogen.
Wir sind in den fünf Jahren reifer geworden, beim Ton haben wir noch Nachbesserungsbedarf.
Urban zufolge hat die AfD ihre politischen Themenfelder erweitert. Während 2014 noch die Kritik an der Euro-Rettung, EU-Zentralismus, ein wachsender Überwachungsstaat und die Energiewende im Fokus gestanden hätten, seien heute eine "desaströse Migrationspolitik" sowie die Bedrohung der Rechtsordnung und der Kultur durch den Islam dazugekommen.
Was die AfD genau verändern will, wird auf diesem Parteitag nicht im Detail diskutiert. Urban setzte in seiner Bewerbungsrede um Listenplatz 1 zumindest zwei inhaltliche Punkte. Zum einen wolle er die "linksterroristische Sumpfkultur", die die CDU jahrzehntelang gefördert habe, austrocknen. Und zum anderen sagte er:
Beim Thema Abschiebung hat die CDU komplett versagt. Wir werden als AfD nicht nur die Plätze im Abschiebegewahrsam massiv ausbauen, wir werden auch dazu übergehen, dass es in Sachsen nur noch Sachleistungen und keine Geldleistungen mehr gibt. Wir werden Sachsen zum unattraktivsten Platz in Deutschland für Asylbetrüger machen.
CDU-Partei- und Regierungschef Michael Kretschmer hatte eine Koalition mit der AfD wiederholt ausgeschlossen. Experten wie der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sehen die Partei auf dem Zenit angelangt. Das Thema Migration und Flüchtlinge nehme bei den Wählern derzeit nicht mehr den Stellenwert ein wie noch im Jahr 2015, argumentierte der Professor unlängst.
Wahlmarathon setzt sich fort
Kurz nach 10 Uhr ging es in Markneukirchen am Sonnabend da weiter, wo man am Tag zuvor aufgehört hatte. Für den zweiten Listenplatz trat Generalsekretär Jan Zwerg an und legte in seiner Rede den Grundton für den Tag fest: Die aktuelle Regierung habe versagt, die Politiker würden viel reden und nichts machen. Kritik übte er an der Flüchtlingspolitik. Keinen Euro wolle er für Flüchtlinge ausgeben, solange es noch Deutsche gebe, die das Geld brauchen. Die Wahl im September würde darüber entscheiden, ob Deutschland deutsch bliebe. Gewählt wurde er mit großer Zustimmung und ohne Gegenkandidaten.
Standing Ovations für kämpferische Reden
Danach begann der Kampf um die Listenplätze. Viele Parteimitglieder sahen ihre Chance auf einen der vorderen Listenplätze und damit ihre Chance auf einen Platz im Landtag. Angetrieben durch die Stimmung im Saal wurde es in einigen Reden auch mal lauter, gerade wenn die Kandidaten ihren Patriotismus und ihre Heimatliebe versicherten. "Wir holen uns unser Land zurück!", ein Satz der des Öfteren viel und häufig Standing Ovations auslöste. Geschichte wiederhole sich, hieß es in der Vorstellungsrede von Rolf Weigand. Gemeint war die Geschichte der Friedlichen Revolution von 1989 in Ostdeutschland. Die Sachsen würden erneut für ihre Freiheit kämpfen müssen, so Weigand.
Listenplatz | Name |
---|---|
1 | Jörg Urban |
2 | Jan Zwerg |
3 | Joachim Keiler |
4 | André Wendt |
5 | Sebastian Wippel |
6 | Torsten Gahler |
Stand: 9.2.2019, 16:00 Uhr
Listenaufstellung dauert
Nach fünf Stunden hatten die Delegierten am Sonnabendnachmittag fünf weitere Kandidaten festgelegt. Ein Wahlmarathon, wobei sich mit steigendem Listenplatz das Tempo erhöhte: Es gab weniger Kandidaten, die sich noch neu vorstellen mussten. Viele der Unterlegenen in den ersten Wahlgängen nutzten ein paar Plätze später wieder die Gelegenheit, erneut anzutreten. Die erste Frau trat für den 6. Listenplatz ans Mikrofon; ihr männlicher Gegenkandidat konnte sich jedoch durchsetzen. Bereits am Nachmittag äußerte sich Jörg Urban im Gespäch mit MDR SACHSEN, dass man es an diesem Parteitag nicht schaffen werde, die komplette Liste für die Landtagswahl im September aufzustellen.
Insgesamt sollen 61 Frauen und Männer nominiert werden. Damit hebt die Partei auf die Zahl der regulär zu vergebenden Mandate im Landtag ab. Zur Wahl stehen 120 Plätze, 61 wären die absolute Mehrheit. Durch Überhangs- und Ausgleichsmandate können auch mehr Sitze im Landtag entstehen.
Die AfD hat in Sachsen nach eigenen Angaben knapp 3.000 Mitglieder.
Quelle: MDR/dk/akö/cst/dpa
Anm. der Red.: In einer früheren Version des Artikels hieß es, es seien bis Sonnabendnachmittag sechs Kandidaten festgelegt worden. Der Ausdruck war missverständlich, da Listenplatz 1 bereits am Vortag vergeben wurde.
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 08.02.2019 | 19:00 Uhr