Frühkindliche Bildung Kritik an geplanter Vorschulpflicht in Sachsen
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27. Dezember 2024, 09:21 Uhr
Heute wird versucht, das Thema frühkindliche Bildung immer mehr in den Mittelpunkt zu rücken, um den Start in die Schule für die Kinder so einfach wie möglich zu machen. Schwierig wird es für die, die nicht in den Kindergarten gehen. Wäre hier die Vorschulpflicht, die die neue Koalition in Sachsen ab 2028 umsetzen will, der richtige Weg?
- Kritik: Individuelle Fähigkeiten sollten besser gefördert werden.
- Verpflichtendes Kitajahr soll kostenfrei sein.
- GEW fordert, Geld in besseren Personalschlüssel zu investieren.
Der sächsische Ministerpräsidenten Michael Kretschmer hatte schon vor den Landtagswahlen die Idee, ein verpflichtendes Vorschuljahr in Sachsen umzusetzen. Jetzt steht es für 2028 geplant im Koalitionsvertrag. Doch dieses Vorhaben kommt nicht überall gut an.
Kritik: Individuelle Fähigkeiten besser fördern
Burkhard Naumann von der Sächsischen Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, sieht hier wenig Potenzial die Leistungen der Schulanfängerinnen und -anfänger zu steigern. Naumann befürchtet, dass eine Vorschulpflicht schwierig umzusetzen sei und viel koste. "Wir werben eher stark dafür, dass man das gesamte System der frühkindlichen Bildung stärkt und lieber das Geld dahin lenkt."
Er würde es begrüßen, wenn Kinder in den Kitas vom ersten Tag an, entsprechend ihrer Interessen und Fähigkeiten gefördert würden, also individueller auf die Kinder eingegangen werden könnte, sagt Naumann. Außerdem sollten pädagogischen Fachkräfte aus den Kitas und die Lehrerschaft der zukünftigen Schule enger kooperieren, um den Kindern einen fließenden Übergang zu ermöglichen.
Verpflichtendes Kitajahr soll kostenfrei sein
Christin Melcher, bildungspolitische Sprecherin der Sächsischen Grünen, betont, dass die Anzahl der Kinder, die in Sachsen am Vorschuljahr teilnimmt, im bundesdeutschen Vergleich sehr hoch sei. Nur drei Prozent nehmen demnach aktuell nicht teil. Ein weiterer Punkt sei, auch Kinder aus anderen Kulturkreisen, in denen eine Tagesbetreuung nicht üblich sei, zu erreichen, sagt Melcher. Es gelte "zu überlegen, wie man mit Mehrsprachigkeit, mit gezielten Angeboten, bestimmte Kulturkreise auch wesentlich besser adressieren kann, um diese Kinder auch in die Kindertageseinrichtungen zu bekommen."
Melcher hat in den letzten Monaten intensiv mit pädagogischen Fachkräften aus Kitas in Sachsen gesprochen. Ihnen sei es wichtig, die frühkindliche Bildung in den Kindertageseinrichtung nicht zu verschulen, sondern offene Lernkonzepte auszuweiten. Luise Neuhaus-Wartenberg, Bildungspolitische Sprecherin der sächsischen Linken, begrüßt, dass das Pflichtkitajahr kostenfrei angeboten werden soll. "Ich finde, dass Bildung grundsätzlich kostenfrei sein muss", sagt sie. Werde eine Kita als Einrichtung für frühkindliche Bildung gesehen, dann müsse auch die Kita kostenfrei sein, sagt die Linken-Politikerin.
GEW: Geld in besseren Personalschlüssel investieren
Warum die Kostenfreiheit mit einer Pflicht für ein Vorschuljahr verbunden sein muss, ist Burkhardt Naumann von der GEW nicht klar. Denn diese Pflicht rechtlich zu verankern, werde viel Geld kosten. Ihm würden für die 250 Millionen Euro, die die sächsische Landesregierung unter anderem für die bürokratische Umsetzung der Vorschulpflicht ausgeben wolle, andere Posten einfallen.
Naumann sagt, das Geld sollte beispielsweise in einen besseren Personalschlüssel investiert werden. Eine "Verpflichtung wäre für mich der allerletzte Schritt." Den könne man zum Beispiel dann gehen, wenn die Kostenbefreiung nach einer mehrjährigen Erprobungsphase nicht den gewünschten Effekt bringt.
MDR (nvm)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Dezember 2024 | 06:00 Uhr