Freier Eintritt Kostenlos ins Museum: Diese Bilanz zieht Leipzig für 2024
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27. Dezember 2024, 03:00 Uhr
Kostenlos ins Museum – seit 2024 ist das in Leipzig möglich. Der Eintritt in die ständige Ausstellung ist für alle frei, ob im Museum der bildenden Künste, im Naturkundemuseum oder im Grassi. Doch ging der Plan auf, so mehr Besucher anzulocken, ohne zu große finanzielle Einbußen? Die städtischen Museen ziehen eine positive Zwischenbilanz für das Projekt, das auf drei Jahre angelegt ist. Zugleich sehen sie neue Herausforderungen und noch Potenzial für Teilhabe und Barrierefreiheit.
- Der freie Eintritt hat den städtischen Museen in Leipzig 2024 ein Besucherplus von 20 Prozent beschert.
- Ziel des Experiments ist es laut Stadt, den Zugang zu Kultur zu erleichtern.
- In den kommenden zwei Jahren wollen die Museen noch an einigen Stellen nachjustieren.
Die städtischen Museen in Leipzig haben seit der Einführung kostenloser Tickets Anfang 2024 deutlich mehr Besucherinnen und Besucher gezählt. Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke sagte MDR KULTUR, die Zahlen seien bis zum dritten Quartal etwa um 20 Prozent höher als für denselben Zeitraum im Vorjahr: "Das ist eine deutliche und signifikante Steigerung."
2024 deutlich mehr Besucher in Leipzigs Museen
Von einem positiven Trend spricht der Leiter des Museums der bildenden Künste (MdbK), Stefan Weppelmann. Bis Ende Oktober seien etwa 40.000 Besucher mehr als im Vorjahreszeitraum ins Haus gekommen. Ein Teil davon sei allerdings den erfolgreichen Sonderausstellungen des Jahres wie "Impuls Rembrandt" zuzuschreiben, räumte Weppelmann ein. Die Entgeltfreiheit werde sehr gut angenommen. Bis zum Jahresende rechnet er mit bis zu 60.000 Gästen allein in den Dauerausstellungen.
Das Stadtgeschichtliche Museum war in diesem Jahr laut Direktor Anselm Hartinger "deutlich voller". Dort zählte man bis zum Ende des dritten Quartals ein Drittel mehr Besucher als zur selben Zeit im Vorjahr, darunter 11.000 zusätzliche Besucherinnen und Besucher der Dauerausstellungen.
Leipzig will Kultur für alle
Ziel des Projektes sei es, kulturelle Teilhabe zu erleichtern, betonte Hartinger im Gespräch mit MDR KULTUR. Man wolle den Leipzigerinnen und Leipzigern die Sammlungen ihrer Stadt näherbringen.
Kulturbürgermeisterin Jennicke findet, dass dieses Signal verfängt. Die Entgeltfreiheit wirke sich auch auf das Besuchsverhalten aus: Sie beobachte, wie Leipziger die Museen zunehmend als "ihren" Ort erschlössen. Zum Beispiel durch kurze Abstecher zum Lieblingsbild, ohne sich Gedanken über Eintrittskosten machen zu müssen.
"Gute Einnahmeprognosen" trotz Gratis-Eintritt
Knapp 430.000 Euro pro Jahr hat die Stadt Leipzig nach Angaben des Kulturamts eingeplant, um die entgangenen Eintrittsgelder auszugleichen. Bisher seien die Einnahmeprognosen der Museen allerdings gut, freut sich Jennicke. Das ist auch für sie eine Überraschung: "Ehrlicherweise habe ich so nicht damit gerechnet, bin aber natürlich froh, dass wir das kompensieren können durch besucherstarke Sonderausstellungen." Die kosten weiterhin Eintritt.
Ehrlicherweise habe ich so nicht damit gerechnet.
Einen Grund für diese positive Entwicklung nennt Direktor Hartinger vom Stadtgeschichtlichen Museum: Dauerausstellungen seien in der Regel nicht die Haupteinnahmequelle von Museen, da viele der Besucher ohnehin von Ermäßigungen profitierten. Um Einnahmeausfällen weiter entgegenzuwirken, seien in den beteiligten Museen außerdem die Preise für Sonderausstellungen angehoben worden. Im Stadtgeschichtlichen Museum kosteten sie jetzt zum Beispiel vier bis 18 Euro, im Vergleich zu vier bis 15 Euro vor der Entgeltfreiheit.
Neue Herausforderungen, Teilhabe und Barrierefreiheit
Während sich die Museen über zusätzliche Besucherinnen und Besucher freuen, entstehen dadurch auch neue Herausforderungen. Man müsse an einigen Stellen nachjustieren, erklärte Hartinger. In seinem Haus bedeute das zum Beispiel höhere Kosten für Sicherheit und Reinigung. Außerdem lege man großen Wert auf Vermittlungsangebote – auch für Menschen, die selten ins Museum gingen.
Freier Eintritt könne ein Anreiz für einen Museumsbesuch sein, aber nicht der einzige Grund, findet er: "Wir müssen eine Haltung entwickeln, dass die Leute Lust haben zu uns zu kommen und sich bei uns wohlfühlen."
Die Leute sollen Lust haben, zu uns zu kommen.
Und: Man müsse weiter an der Barrierefreiheit der Museen arbeiten. Stefan Weppelmann vom MdbK unterstreicht das. Rollstuhlgerechte Räumlichkeiten oder Angebote wie Videos in Gebärdensprache seien wichtig, um auf unterschiedliche Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher einzugehen: "Wenn das Haus schon entgeltfrei und easy ist, dann muss das auch für alle gehen."
Besucherumfrage 2025, Entscheidung 2026
Nach dem ersten Jahr Entgeltfreiheit bleiben Fragen offen, die im weiteren Verlauf des Projekts beantwortet werden sollen. So verzeichneten die Museen zwar einen Besucherzuwachs, wissen aber nicht, wer die Gäste sind. Ob, wie erhofft, neue Zielgruppen erreicht werden und wie zufrieden die Besucher mit dem Angebot sind, soll Anfang des neuen Jahres mit einer Befragung geklärt werden. Laut Kulturbürgermeisterin Jennicke soll außerdem untersucht werden, ob die Entgeltfreiheit sich auch auf die Besuchszahlen anderer Museen in Leipzig auswirkt.
Um endgültig über den Erfolg der Maßnahme zu entscheiden, brauche es die gesamte Laufzeit von drei Jahren, betont sie. Die Zwischenbilanz falle positiv aus. Die Direktoren der Häuser seien "topbegeistert". Sie hofft, die Entgeltfreiheit nach 2026 mit Anpassungen zu verstetigen.
Quelle: MDR KULTUR (Annika Zegowitz)
Redaktionelle Bearbeitung: op, ks
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. Dezember 2024 | 12:10 Uhr