70 Jahre "Mosaik" Faszination Digedags und Abrafaxe: Pfarrer aus der Altmark sammelt DDR-Zeitschriften
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27. Februar 2025, 15:21 Uhr
Wer in der DDR aus dem Alter für die Kinderzeitschriften "Bummi" und "Frösi" raus war, der griff oft zum "Mosaik" – wenn er es denn bekam, denn die lustigen Abenteuergeschichten der Digedags und später der Abrafaxe waren rar. In diesem Jahr feiert das "Mosaik" sein 70-jähriges Bestehen. In Salzwedel in der Altmark hat ein Pfarrer seine anfängliche Neugierde zu einer Passion gemacht. Matthias Friske gilt als einer der besten Kenner des "Mosaiks" im Osten Deutschlands.
- Das "Mosaik" war in der DDR das Gegenstück zu Comics aus dem Westen.
- Für die Regierung war die Zeitschrift damals eine wichtige Einnahmequelle, sagt "Mosaik"-Kenner Matthias Friske.
- Bis heute gibt es eine treue Fangemeinde, die regelmäßig Börsen veranstaltet.
Er verdanke seine Leidenschaft für das "Mosaik" und die Digedags einem Privileg, schmunzelt Matthias Friske: Sein Vater hatte in den 1960er Jahren ein Abonnement für die Zeitschrift ergattert. Die waren damals nämlich rar, weil Kapazitäten für Druck und Papier fehlten. Matthias und seine Geschwister lasen die Abenteuergeschichte von Dig, Dag und Digedag, bis die Seiten zerfledderten. Das große Ereignis seiner Kindheit in Bezug auf die Digedags, sagt der 57-jährige Matthias Friske heute, sei ihr Verschwinden Mitte der 1970er Jahre. "Man hat sich natürlich gefragt: Was ist da passiert?"
Das "Mosaik" wurde 1955 ins Leben gerufen. Erfinder der Digedags und ihrer gezeichneten Abenteuer war Hannes Hegen, mit bürgerlichem Namen Johannes Hegenbarth. Kongenialer Texter war Lothar Dräger. Die beiden und ein Team von Gestaltern produzierten jeden Monat ein neues "Mosaik" mit neuen Geschichten – im Haus von Hegenbarth, von der Idee bis es druckreif war, ungewöhnlich für DDR-Verhältnisse.
"Mosaik" als Gegenstück zu Comics aus dem Westen
Das "Mosaik" war nicht nur bekannt für seine spannenden Bildergeschichten, die vom Staat als Anti-Comics zu westlichen Heften gedacht waren. Auch dafür, dass die Stories frech waren und man – wie so häufig zu DDR-Zeiten – zwischen den Zeilen lesen konnte.
Man wundert sich auch wirklich, dass es nicht verboten wurde.
"Man wundert sich auch wirklich, dass es nicht verboten wurde", sagt "Mosaik"-Chronist Matthias Friske. "Gerade in den frühen 60er Jahren war das so subversiv, was da so an Herrschafts-Kritik drin war." Als Beispiel nennt er den sogenannten "Chor der Schmeichler", der in mehreren Geschichten auftaucht und dessen Aufgabe es ist, Lobeshymnen auf den Herrscher vorzutragen. "Da hat man dann natürlich nicht den byzantinischen Kaiser, sondern Walter Ulbricht vor sich", sagt Friske.
Zeitschrift war für die DDR eine wichtige Einnahmequelle
Angeeckt seien die "Mosaik"-Macher eigentlich ständig, weiß Matthias Friske heute. Die DDR-Regierung zeigte sich mit der Zeit aber sanfter. Aus einem einzigen Grund, sagt der Fachmann: Das "Mosaik" sei immer auch ein Einnahme-Faktor gewesen. "Der Verlag 'Junge Welt' gehörte der FDJ, und damit hat man die ganzen anderen defizitären Zeitschriften bezahlt." Am Anfang sei von Staats-Seite die Haltung wichtiger gewesen, sagt Matthias Friske. Deshalb habe es anfangs harte Konflikte mit dem Redaktions-Team gegeben. Ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre aber, da sei "offensichtlich das Geld doch wichtiger" gewesen. "Deshalb haben die das 'Mosaik' auch nicht eingehen lassen", so Friske.
Mitte der 1970er Jahre aber habe Hannes Hegen von den staatlichen Gängeleien die Nase voll gehabt, sei außerdem mit seinem Team mehr und mehr in Streit geraten. Er kündigte – allerdings ohne zu ahnen, dass seine Kündigung auch wirklich angenommen würde. Hegens Weggang bedeutete das Aus für die legendären Digedags. Auf sie folgten die Abrafaxe.
Nach Weggang von Hegen: Fans bleiben dem "Mosaik" treu
Heutzutage gibt es das "Mosaik" in Sammelbänden, sehr frühe Originale sind wirklich selten. Doch die Fangemeinde ist treu. In Bitterfeld-Wolfen zum Beispiel gibt es jährlich eine große "Mosaik"-Börse, außerdem unterhalten Fans eine Internetseite "mosapedia.de". Sie geben besondere Sammelbände heraus und entwickeln sogar Brettspiele mit den Digedags.
Matthias Friske hat im vergangenen Oktober die vierte Auflage seiner "Geschichte vom 'Mosaik' von Hannes Hegen" vorgelegt. Drei Auflagen à 10.000 Exemplaren waren zuvor verkauft worden; die vierte habe er komplett überarbeitet, ergänzt, geschärft und aktualisiert, sagt er. Für ihn sei jetzt die Geschichte des "Mosaiks" erstmal erzählt, sagt der Pfarrer. Die Faszination an den Abenteuern der Digedags lässt ihn trotzdem nicht los. Spätestens, wenn er seinen Kindern die Geschichten vorliest, ist die Aufregung genauso groß wie vor 50 Jahren.
MDR (Katharina Häckl, Fabienne von der Eltz)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. Februar 2025 | 07:40 Uhr
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