Chirurginnen am Uniklinikum Leipzig
Immer mehr Frauen sind in operierenden Fächern am Universitätsklinikum Leipzig tätig. (Symbolbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Internationaler Frauentag Zahl der Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig deutlich gestiegen

08. März 2024, 17:31 Uhr

Die Chirurgie galt in der Medizin lange als eine Männerdomäne. Viele erwarten einen Mann am OP-Tisch. Frauen waren lange als Assistenzärztinnen und Pflegerinnen gesetzt. Aber das Bild hat sich gewandelt: Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig deutlich gestiegen. Der Wandel ist aber noch nicht in allen Bereichen und bei allen Patienten angekommen.

Lange waren Operationssäle eine Männerdomäne. Auch am Universitätsklinikum Leipzig (UKL). Inzwischen stehen laut UKL immer häufiger Chirurginnen am Operationstisch. Ob in der Gynäkologie oder der Transplantationschirurgie - in operierenden Fächern sind am Universitätsklinikum inzwischen 185 Frauen tätig, auch in Leitungsfunktionen. Vor zehn Jahren, waren es noch 108.

Führungspositionen weiterhin männerdominiert

Katrin Semmling kommt gerade aus der Elternzeit. Als die zweifache Mutter ihre Ausbildung zur Chirurgin begann, war es noch etwas Besonderes, als Frau in ihrem Beruf tätig zu sein. "Heute hat man ein relativ ausgewogenes Verhältnis von Assistenzärzten. Aber in der Riege der Oberärzte ist es schon noch so, dass da mehr Männer tätig sind als Frauen."

Chirurginnen am Uniklinikum Leipzig
Katrin Semmling ist Mutter von zwei Kindern und Chirurging am UKL. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Heute hat man ein relativ ausgewogenes Verhältnis von Assistenzärzten. Aber in der Riege der Oberärzte ist es schon noch so, dass da mehr Männer tätig sind als Frauen.

Katrin Semmling Chirurgin am UKL

"Die Medizin ist weiblicher geworden"

Den Wandel stellt auch der Medizinische Vorstand des UKL, Christoph Josten, fest. "Als ich meine Berufstätigkeit in der Unfallchirurgie begonnen habe, waren Frauen im Operationssaal in der Regel OP-Schwestern oder Anästhesistinnen." Seitdem sei die Medizin weiblicher geworden, so Josten.

Gleichstellungsbeauftrage und Gleitzeit

Dass am UKL inzwischen so viele Chirurginnen in den verschiedensten Kliniken tätig sind, liege auch daran, dass viel für die Gleichberechtigung getan werde, so Semmling. "Wir haben Gleichstellungsbeauftragte, wir haben zwei hausinterne Kitas, es wird Nachmittagsbetreuung angeboten, auch Betreuung in den Ferien. Auch sind flexible Arbeitszeiten möglich und es werden Seminare für Frauen in Führungspositionen angeboten", sagt Semmling.

Chirurginnen am Uniklinikum Leipzig
185 Frauen arbeiten in operierenden Fächern am Universitätsklinikum Leipzig, deutlich mehr als 2013. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Keine Männerdomäne mehr

Als die Viszeralchirurgin Nada Rayes vor mehr als 30 Jahren mit ihrer Arbeit begann, war die Chirurgie noch eine Männerdomäne. "Die Frauen haben sich den Job oft nicht zugetraut", sagt die Oberärztin und Mutter. "Wir hören auch von den Studierenden, dass das Klima im Team teilweise frauenfeindlich, sexistisch ist. Und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft Frauen, während bei den Männern davon ausgegangen wird, dass das die Frauen übernehmen."

Heutzutage würden sich auch Männer Gedanken über die Work-Life-Balance machen. Man müsse die Frauen aber immer noch davon überzeugen, einen Beruf in der Chirurgie zu ergreifen.

Vorstoß gewagt

Rayes kommt aber auch zu dem Schluss, dass sich viel getan habe. Heute könnten Frauen auch während der Schwangerschaft weiter operieren. Das war lange verboten, sagt Rayes. Es gebe neue Arbeitsmodelle wie Gleitzeit und geteilte Stellen. Sie war eine der Ersten, die ein solches Modell am UKL einführte. "Erst hieß es, das klappt doch niemals und als es dann klappte, war das für alle anderen, die hinter uns liefen, kein Thema mehr." Deshalb brauche es Vorbilder, ist sich Rayes sicher.

Chirurginnen am Uniklinikum Leipzig
Nada Rayes, Chirurgin und Oberärztin am UKL, arbeitet seit mehr als 30 Jahren in ihrem Beruf. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Meine Erfahrung ist, dass an dieser Stelle alle Theorie nichts nützt, wenn die Vereinbarkeit nicht auch gelebt wird und es Vorbilder gibt.

Nada Rayes Chirurgin und Oberärztin am UKL

Vereinzelte Diskriminierungen

Die Denkweise mancher Männer ändere sich allerdings nie, stellt Rayes schmunzelnd fest. "Wir sind ein sehr weibliches Team aus fünf Ärztinnen und als wir zur Visite waren, sagte eine Schwester uns, nachdem wir unsere Runde beendet hatten, ein Patient hätte sich beschwert." Er habe heute noch keine Visite gehabt, erzählt Rayes. Es sei ja noch kein Arzt bei ihm vorbeigekommen. "Er hatte uns also gar nicht als Ärztinnen erkannt. Das gab es früher als ich anfing häufig, kommt heute aber immer noch vor."

MDR (ltt/rok)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. März 2024 | 19:00 Uhr

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