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Christian Watty, Leiter des Festivals Euro-Scene Leipzig, gibt im Interview einen Ausblick auf das Programm. Bildrechte: Jörg Letz
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Mit dem Tanzstück "One Song" wird die euro-scene am 7. November im Schauspiel Leipzig eröffnet. Festivalleiter Christian Watty gibt im Interview mit Beatrice Schwartner, MDR KULTUR Ausblick auf ein spannendes Programm.

MDR KULTUR - Das Radio Di 07.11.2023 06:00Uhr 08:31 min

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Ausblick Tanz- und Theaterfestival: Was die Euro-Scene 2023 in Leipzig bietet

07. November 2023, 04:00 Uhr

Am 7. November beginnt die euro-scene in Leipzig. Das Tanz- und Theaterfestival zeigt an sechs Tagen 15 Aufführungen aus ganz Europa. Zu erleben sind gefeierte Performances wie "One Song" von Miet Warlop aus Belgien oder "Ukraine Fire" von den Dakh Daughters, die seit dem Kriegsausbruch in Frankreich leben und arbeiten. Festivalleiter Christian Watty verspricht eine mitreißende 33. Ausgabe der Euro-Scene, mit Tanz und Theater auf der Höhe der Zeit, mit Diskussionen und erstmals auch Lesungen.

Mit dem Tanzstück "One Song" wird die Euro-Scene am 7. November im Schauspiel Leipzig eröffnet. Festivalleiter Christian Watty verspricht im Interview mit MDR KULTUR ein mitreißendes Erlebnis.

Tanz-Performance aus Belgien zur Eröffnung

Die Produktion der belgischen Starchoreografin Miet Warlop mit dem NT Gent sei in der Corona-Zeit entstanden und bereits beim renommierten Theaterfestival in Avignon gefeiert worden. In der rasanten Musikperformance spüre man die Lust der Compagnie, sich zu verausgaben und etwas gemeinsam zu kreieren: "Auf der Bühne wird ein Lied, ein Song bis zur Erschöpfung performt."

Warlops Stück gleiche einem "hypnotisierenden Ritual" und sei zugleich "ein absolut begeisterndes Manifest über Leben und Tod, Abschied und Wiederauferstehung, über Hoffnung", so Watty über die Arbeit von Warlop.

Klima, Krieg, Kapitalismus: Harte Themen, intime Handschriften in 15 Produktionen

Bis zum 12. November sind bei der Euro-Scene 15 Tanz- und Theaterproduktionen aus neun Ländern zu sehen, darunter eine Uraufführung, sechs deutsche Erstaufführungen und zwei Koproduktionen. Damit will das Festival ein Schaufenster sein für herausragende Arbeiten aus und über Europa – so wie "One Song", die Choreografie wurde von der New York Times als eins der besten Stücke 2022 gefeiert.

Zu entdecken sein sollen außerdem spannende Newcomer. Das Festival will laut Christian Watty auch in der 33. Ausgabe die Herausforderungen und Krisen der Gegenwart beleuchten: "Das Programm ist inhaltlich sehr weit gefächert, es geht um Klima-Krise, Kapitalismus-Kritik, Kolonialismus und den Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig gibt es sehr persönliche und intime Handschriften, ästhetische Highlights."

Freak Kabarett und Diskurs: Dakh Daughters aus der Ukraine

Watty verweist im Gespräch mit MDR KULTUR auf das ukrainische Frauen-Kollektiv Dakh Daughters, das 2014 für die inoffizielle Hymne der Proteste auf dem Euro-Maidan in Kiew sorgte und seit dem russischen Angriffskrieg im französischen Exil lebt und arbeitet. Nach Leipzig kommen die Dakh Daughters ebenfalls mit einer Musikperformance. "Sie selber nennen sich wütende Clowns und ihr künstlerisches Programm Freak Kabarett – und das ist es auch: Eine Mischung aus Aktivismus, Kabarett und Musik – und natürlich ein Manifest für Freiheit und Frieden", so Watty über den Auftritt der Dakh Daughters mit "Ukraine Fire" am 11. November im Schauspiel Leipzig.


Flankiert wird das szenische Konzert vom Diskursprogramm "No Women, no Peace" zur höchst aktuellen Frage, wie Friedensverhandlungen gelingen können. Diskutiert wird darüber am 12. November in der naTo, organisiert wurde die Veranstaltung gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen. Ebenso widmet sich "Negotiating Peace" von Qendra Multimedia aus dem Kosovo auf der Bühne den Versuchen, Kriege zu überwinden.

Collective Ma'louba widmet sich deutsch-syrischer Geschichte

Als Uraufführung bringt die Euro-Scene 2023 das Theaterstück "The Long Shadow of Alois Brunner" heraus, eine Koproduktion des Festivals mit dem Collective Ma'louba, das syrische Theaterschaffende vereint, die in Deutschland, Frankreich und Italien im Exil leben. Das Stück zeigt laut Watty, wie Historie bis in die Gegenwart wirkt und sich auf ungeahnte Weise mit persönlichen Traumata verbindet. Autor Mudar Alhaggi blickt darin neu auf die Geschichte des NS-Kriegsverbrechers Brunner, der einer der wichtigsten Mitarbeiter Adolf Eichmanns bei der Deportaton der europäischen Juden war, sich 1954 nach Syrien absetzen konnte und dort den Geheimdienst mit aufbaute.

Alhaggi mischt im Stück Fakten und Fiktion, um ein dunkles Kapitel deutsch-syrischer Geschichte, Fragen der Gerechtigkeit sowie die eigene Fluchterfahrung zu thematisieren. Aufgeführt wird "The Long Shadow of Alois Brunner" am 11. und 12. Dezember in der Diskothek auf Arabisch mit deutschen und englischen Untertiteln.

Tanz, Theater und erstmals auch Lesungen

Insgesamt 26 Veranstaltungen bietet die Euro-Scene 2023 in sechs Tagen, die Gäste kommen aus Belgien, Frankreich, Portugal, Slowenien, Griechenland oder Kosovo. Festivalleiter Christian Watty betonte im Gespräch mit MDR KULTUR, dass bei der Organisation auf Kooperationen und damit weitere Auftrittsorte geachtet werde, um Gastspielreisen möglichst nachhaltig zu gestalten.

So würden zwei deutsche Erstaufführungen in Zusammenarbeit mit den Berliner Festspielen beziehungsweise dem Fast Forward Festival des Staatsschauspiels Dresden präsentiert. Kooperiert werde außerdem mit dem Jenaer Tanzfestival Theater in Bewegung: "Das ist schon eine ganze Menge, wenn man es schafft, drei Gastspiele mit anderen Veranstaltern zu koordinieren, da es ja nicht so viele derartige Festivals gleichzeitig gibt."

In den Fokus nimmt die euro-scene 2023 das Schaffen des international gefeierten Choreografen und Performers Steven Cohen, der mit gleich drei Stücken im Programm vertreten ist. Mit den beiden Soli, "Koulounisation" von Salim Djaferi und "To be possessed" von Chara Kotsali sind Arbeiten von Newcomerinnen zu erleben. Das Festival-Finale am 12. November bestreitet Tania Carvalho als bedeutende Vertreterin der aktuellen portugiesischen Tanzszene.

Neben Tanz und Theater, Gesprächsformaten und Workshops bietet die Euro-Scene erstmals auch Lesungen und schlägt so einen Bogen zur nächsten Leipziger Buchmesse mit dem Gastland Flandern, passend zur Festival-Eröffnung mit der Compagnie von Miet Warlop aus Gent.

Quelle: MDR Kultur (Beatrice Schwartner), redaktionelle Bearbeitung: ks

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. September 2023 | 16:12 Uhr

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