Mehrere Menschen in silbrigen Umhängen heben kleine Kästen in die Höhe.
Was macht das Theater kurz vor der Katastrophe – fragt auch das Neue Theater in Halle. Bildrechte: Falk Wenzel

Empfehlungen Theater in Leipzig und Halle: Das Beste auf den Bühnen im November 2024

30. Oktober 2024, 16:34 Uhr

Im November zeigen die Bühnen in Sachsen und Sachsen-Anhalt viele mitreißende Geschichten. In Halle gibt es eine selbstironische Komödie über den Weltuntergang. In Leipzig ist europäisches Theater zu Gast. Ein Theaterspaziergang sucht den Krieg in der vermeintlichen Idylle und mit Puppen wird über den Tod nachgedacht. Hier sind unsere Tipps, die monatlich aktualisiert werden, mit Adressen und Terminen:

Schauspiel in Leipzig: "Richard III." 

Er ist zurück: Der starke Mann beherrscht die internationale Politik. Im 21. Jahrhundert gibt es das vermeintliche Auslaufmodell auch in weiblicher Ausführung beispielsweise in Form von Giorgia Meloni oder Marine Le Pen. Auch wegen solcher Entwicklung bleibt das Historiendrama "Richard III.“ von William Shakespeare aktuell. Denn auch der Herzog von Gloucester will an die Macht. Doch er lügt dafür nicht einfach oder hetzt eine ganze Nation auf, stattdessen geht er direkt über Leichen – auch die der eigenen Familie. In Leipzig hat Schauspiel-Intendant Enrico Lübbe den Klassiker selbst inszeniert und verzichtet dabei auf großartige Gegenwartsbezüge. Stattdessen verlässt er sich auf düstere Bilder und sein überzeugendes Ensemble, angeführt von Anne Cathrin Buhtz als meuchelnder Möchtegern-König. Diese gegen das vorgegebene Geschlecht gestrichene Besetzung hält MDR KULTUR-Theaterkritiker Matthias Schmidt für einen "Geniestreich". Immerhin gelingt es so, das kalte Verlangen nach Macht noch klarer herauszuarbeiten. "Die Inszenierung war beinahe wie ein Thriller und wurde am Ende zu Recht frenetisch bejubelt", so Schmidt. 

Weitere Informationen "Richard III." von William Shakespeare

Adresse:
Schauspielhaus
Bosestraße 1
04109 Leipzig

Dauer: 190 Minuten, eine Pause

Termine:
17. November, 18 Uhr

Schauspiel in Halle: "Apokalypse Miau" am Neuen Theater

Man muss auch über sich selbst lachen können – das wird mit Menschen, die gerne Witze machen, immer wieder geraten. Am Theater gelingt das zumindest immer wieder. Die sogenannte Weltuntergangskomödie "Apokalypse Miau" des isländischen Autors Kristof Magnusson (die in Halle zum ersten Mal auf Deutsch gezeigt wird) spielt auf einer Gala, auf der ein Theaterpreis verliehen werden soll. Hier treffen sich die Besten der Besten, die Erfolgreichen und Schönen. Kritiker Andreas Montag freut sich in der "Mitteldeutschen Zeitung", dass es Regisseurin und Theaterchefin Mille Maria Dalsgaard gemeinsam mit ihrem Ensemble gelungen ist, "bei aller Überdrehtheit feine Charakterstudien" zu liefern: Der erfahrene Regisseur mit seiner ewigen Assistentin, eitle Schauspiel-Stars oder ein schriller Choreograf. Das beinhaltet schon viel Sprengstoff, der mit der Botschaft eines auf die Erde zu rasenden Meteoriten gezündet wird. Plötzlich geht es voller Humor auch darum, wie wir zusammen den Untergang überstehen. "Eine ironische, böse, aber auch liebenswerte Komödie, die hier und heute spielt", so Kritiker Montag.

Menschen in bunten Kostümen sitzen an einem langen Tisch.
Die Inszenierung von "Apokalypse Miau" in Halle zeigt wunderbar schräge Figuren. Bildrechte: Falk Wenzel

Weitere Informationen "Apokalypse Miau"
Weltuntergangskomödie von Kristof Magnusson

Adresse:
neues theater
Große Ulrichstraße 51
06108 Halle (Saale)

Dauer: 160 Minuten, eine Pause

Termine:
16. November, 19:30 Uhr

Musiktheater in Leipzig: "La Traviata" 

Immer wieder findet dieser Klassiker seinen Weg auf die Leipziger Opernbühne: "La Traviata" von Giuseppe Verdi gehört zu den meistgespielten Stücken auf den weltweiten Opernbühnen. Ein Mann aus der gehobenen Gesellschaft verliebt sich in eine Frau, die als Prostituierte arbeitet. Als ihr wegen einer Krankheit der Tod droht, beschließt Violetta, ihre Liebe zu verkaufen – zum Besten ihres geliebten Alfredos. Vor allem wegen der Musik des italienischen Komponisten berührt diese Geschichte, die der Regisseur Andreas Homoki in Leipzig ganz in Schwarz-Weiß hält – eben wie einen Klassiker. "Diese Inszenierung ist kein aufsehenerregender 'Maskenball', dafür aber stimmungsvolles Opernvergnügen für einen gelungenen Abend", urteilt Carolina Franzen im "Leipzig-Almanach".  

Auf einer schwarzen Bühne stecken vereinzelte weiße Blumen. Eine Frau in einem weißen Kleid hockt verzweifelt auf dem Boden, ein Mann in schwarzem Frack geht nach hinten.
Die Oper Leipzig bringt den Klassiker "La Traviata" in Schwarz-Weiß auf die Bühne. Bildrechte: Ida Zenna

Weitere Informationen "La Traviata" von Giuseppe Verdi

Adresse:
Opernhaus
Augustusplatz 12
04109 Leipzig

Dauer: 135 Minuten, eine Pause

Termine:
15. November, 19:30 Uhr

Figurentheater in Leipzig: "Reigen" am Westflügel Lindenfels 

"Der Tod ist gewiss, die Stunde ungewiss" – das steht in lateinischer Sprache rund um die Uhr des Leipziger Rathauses. Es klingt wie eine Drohung, doch es ist einfach der Lauf der Dinge. So zeigt es auch die Inszenierung "Reigen" am Westflügel Lindenfels, eine Koproduktion von Christoph Bochdansky aus Wien, der Tanzcompany Of(f) Verticality und dem Leipziger Duo Wilde & Vogel. Sie reihen mit allerlei Bezügen auf die menschliche Kulturgeschichte neun Szenen aneinander, die sich um den Tod drehen: Menschen tanzen zwischen den monströsen Schatten der feingliedrigen Puppen, der Knochenmann tritt auf, die Figurenspieler bewegen ihre Puppen nach allen Regeln der Kunst und werden dabei beispielsweise von einem "Dies irae" begleitet. Kritiker Dimo Rieß freut sich in der "Leipziger Volkszeitung", mit wieviel Hoffnung dieser Szenenfolge innewohnt. 

Weitere Informationen "Reigen"

Adresse:
Westflügel Leipzig
Hähnelstraße 27
04177 Leipzig

Termine:
14. November, 20 Uhr
15. November, 20 Uhr
16. November, 20 Uhr

Performance in Leipzig: Audioinstallation "Somewhere There‘s War" 

So viel wurde in Deutschland schon lange nicht mehr über Krieg gesprochen. Nachdem Russland mit einer Großoffensive versucht hat, die gesamte Ukraine einzuverleiben und immer noch verzweifelt kämpft, und auch nachdem im Nahen Osten der Konflikt mit Israel nach dem Überfall der Hamas wieder entfacht ist, hat sich Redebedarf entwickelt. Das Leipziger Performance-Kollektiv Studio Urbanistan will in ihrer neuesten Arbeit "Somewhere There’s War" zeigen, dass der Krieg uns noch näher ist. Dass wir zwar in unseren friedlichen Städten und Dörfern leben, doch im Menschen direkt neben uns echte Kriegserfahrungen lebendig sind. Für ihren neuesten Audiowalk haben sie mit solchen Menschen gesprochen: einer Holocaust-Überlebenden, Soldatinnen und Kriegsflüchtlingen. Während das Publikum diesen Geschichten lauscht, durch die unter anderem die bekannte Schauspielerin Tilla Kratochwil ("Der goldene Handschuh", "Tár" und "In Liebe, Eure Hilde"), werden sie in drei Gruppen auf unterschiedlichen Wegen durch eine Musterhaus-Siedlung geführt – einen Ort, der auf absurde Weise menschen- und damit konfliktleer ist und dabei aber gleichzeitig komplett irreal. So soll das Stück zeigen, wie nah uns der Krieg als solcher in Wahrheit ist. 

Weitere Informationen "Somewhere There's War"

Treffpunkt:
Lofft
Spinnereistraße 7, Halle 7
04179 Leipzig
Ein Shuttlebus bringt das Publikum in die Musterhaus-Siedlung in Schkeuditz und fährt es auch wieder zurück.

Termine:
21. November, 17:15 Uhr
22. November, 17:15 Uhr
24. November, 14:15 und 17:15 Uhr
28. November, 17:15 Uhr
29. November, 17:15 Uhr
1. Dezember, 14:15 und 17:15 Uhr

Festival in Leipzig: euro-scene 

Während in den USA gerade über die Zukunft entscheiden wird (denn laut vieler Menschen mit Expertise geht es bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl um das Schicksal einer der ältesten Demokratien der Welt), beginnt in Leipzig die Euro-Scene, dieses Festival mit Tanz, Theater und Performance aus ganz Europa. Zum Auftakt wird mit zahlreichen Lesungen von Menschenrechtserklärungen gezeigt, "Was auf dem Spiel steht". Auch in Deutschland muss man sich das angesichts des Rechtsrucks immer wieder vor Augen führen und darum wird es für das Festival-Programm zu einer Art Leitfaden, das Solidarität und Vielfalt feiert: In "Harmonia" tanzen Menschen mit und ohne Behinderung miteinander und zeigen, was jenseits von Normalitätsvorstellungen möglich ist. Mit "verstörend schönen Bildern" fordern sie laut der Kritikerin Martina Burandt auf "tanznetz" das Publikum heraus, "eigene Bewertungen und Wahrnehmungen zu überdenken". Silvia Gribaudi und Claudia Marsicano hinterfragen in "R.OSA" Fitness- und Schlankheitswahn mit viel Humor, wobei eine Vorstellung mit Audiodeskription begleitet wird. Das Kinderstück "Au jardin des Potiniers" lädt zu wunderbaren Entdeckungen ein. In "Dance is not for us" erzählt Omar Rajeh von seiner Flucht aus dem Iran und bewegt sich dazu mit beeindruckender Virtuosität, sodass man "reich beschenkt" aus der Performance geht, so Vesna Mlakar in "Die deutsche Bühne". Mit diesem will das Festival Politisches und Ästhetisches verbinden. 

Weitere Informationen Das 34. Euro-Scene-Festival findet vom 5. bis zum 10. November 2024 statt.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | artour | 19. September 2024 | 22:10 Uhr

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