Porträt einer Frau mit Brille, die vor einem Bücherregal mit einem aufgeschlagenem Buch sitzt.
Doreen Mende leitet die Abteilung Forschung an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Nach ihrer Aussage veändern diese keine Originaltitel von Gemälden. Bildrechte: © SKD, Foto: Oliver Killig

Nach Artikel der Bild-Zeitung Dresden: Neue Rassismus-Debatte um Umbenennung von Kunstwerken

07. November 2023, 16:36 Uhr

Bereits 2021 hatte es eine Debatte um die Umbennung von Kunstwerken aufgrund diskriminierender Titel gegeben. Nun wirft die Bild-Zeitung den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) vor, die Titel von mehr als 100 weiteren Werken verändert zu haben. Gegenüber dem MDR stellen die SKD klar, keine Originaltitel von Gemälden umbenannt zu haben: Es seien lediglich Werkbeschreibungen aus der Forschung und von früheren Mitarbeitern aktualisiert worden.

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden möchten eins vorab richtigstellen: Man habe nicht die Originaltitel verändert, die ein Künstler oder eine Künstlerin dem Werk gegeben habe. Lediglich seien Werkbeschreibungen aus der Forschung und von früheren Museumsmitarbeitern aktualisiert worden. Diese stünden zum Beispiel in Online-Archiven, sagt Doreen Mende, Leiterin der Abteilung Forschung an den Staatlichen Kunstsammlungen.

Es ist eine ganz übliche wissenschaftliche Praxis, dass Begrifflichkeiten auf ihre Aktualität überprüft werden.

Doreen Mende, Leiterin der Abteilung Forschung an den Staatlichen Kunstsammlungen

Es handle sich dabei nicht um eine Zensur oder eine "Kastrierung", wie in dem Bild-Artikel behauptet. Aus Mendes Sicht werde die sprachliche Überarbeitung "aufgeladen und auch ein Stück weit instrumentalisiert".

Bild-Zeitung unterstellt Kunstsammlungen Dresden Zensur

Als Beispiel nennt die Bild-Zeitung die Radierung "Zigeunerfest" des niederländischen Malers Willem de Heer. Diese sei jetzt beschrieben mit "Vielfigurige Szene eines Bauernfestes, im Hintergrund tanzende Figuren unter einem Maibaum."

Szene eines Bauernfestes, im Hintergrund tanzen Figuren unter einem Maibaum.
Die besagte Radierung von Willem de Heer ist im Kupferstichkabinett Dresden zu sehen. Bildrechte: © Kupferstich-Kabinett, SKD, Foto: Daphneprojekt

Doreen Mende findet solche sensibleren Formulierungen wichtig, weil sich die Kunstsammlungen "diesen Transformationsprozessen, die sich auch in der Sprache abbilden, stellen müssen." Jede Generation lege den Fokus auf andere Begrifflichkeiten und reflektiere diese.

Alte Debatte um Umbennung von Kunstwerken in Dresden

Trotzdem hatte es viel Kritik gegeben – zum Beispiel von der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag. Auch eine Online-Petition hatte die sogenannte Rückbenennung der Kunstwerke gefordert. Oliver Fritzsche ist wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen. Er meint: Sowohl historische Titel als auch die ursprünglichen Werkbeschreibungen sollten im Online-Archiv erhalten bleiben. Wichtig sei, den historischen Titel direkt zu finden und nicht erst nach einem Mausklick, also wie "hinter einer Schranke".  

Aus Fritzsches Sicht könnte man sich über die technische Umsetzung "nochmal Gedanken machen und es dann stärker dem Betrachter überlassen". Er schlägt vor, im Onliche-Archiv gleich zu Beginn darauf hinzuweisen, dass "in vergangenen Jahrhunderten Begriffe verwendet wurden, die unserem heutigen Empfinden widersprechen".

Ein Absperrband mit der Aufschrift «Staatliche Kunstsammlungen Dresden» hängt in der Gemäldegalerie Alte Meister vor den Gemälden.
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hatten bereits 2021 eine Debatte um die sprachliche Überarbeitung von Gemäldetiteln ausgelöst. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Museen tragen Verantwortung für diskriminierende Sprache

Der Präsidentin des Deutschen Museumsbundes Wiebke Ahrndt betont aber noch einen anderen Punkt: Die internationale Verantwortung von Museen.

Niemand möchte, dass ein Museum oder eine Kunstsammlung mit ihren Werken international online steht und da Formulierungen sind, die einfach rassistisch und diskriminierend sind.

Wiebke Ahrndt, Präsidentin des Deutschen Museumsbundes

Das würde überhaupt kein gutes Licht auf die deutsche Museumsszene werfen, so Ahrndt. Auch bei Ausstellungen vor Ort würden die meisten Museen Werke mit dem Originaltitel ausstellen, erklärt sie. Daneben hänge aber oft zum Beispiel eine Infotafel mit dem Hinweis auf diskriminierende Sprache.

Redaktionelle Bearbeitung: vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kulturnachrichten Kompakt | 07. November 2023 | 07:30 Uhr

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