Vier Menschen auf einer Bühne, eine hält den Zeigefinger vor ihren Mund, ein Mann schaut skeptisch. 4 min
Aufführung von "Ich fühl's nicht" am Staatsschauspiel Dresden. Bildrechte: Sebastian Hoppe

Landtagswahl Was hat Schwarz-Grün-Rot der Kultur in Sachsen gebracht?

27. August 2024, 04:00 Uhr

Die schwarz-grün-rote Koalition hatte sich viel für die Kultur vorgenommen. Doch dann kamen Corona und andere Schwierigkeiten. Mit Hilfspaketen und Förderungen wurde die Kulturlandschaft unterstützt. Auch wurden mehrere Museen und Gedenkstätten eröffnet. Welches Fazit ziehen die sächsischen Kulturschaffenden? MDR KULTUR hat nachgefragt.

Am Anfang der schwarz-grün-roten Koalition in Sachsen klangen die Pläne für die Kultur verheißungsvoll: Die kulturelle Vielfalt sollte erhalten und weiterentwickelt werden. Man wollte künftig eine faire Bezahlung von Kulturschaffenden und ein "Kulturdialog" wurde im Koalitionsvertrag vereinbart.

Doch dann wurde alles erstmal durch Corona ausgebremst. Nun ging es plötzlich primär darum, die Kulturakteure zu unterstützen und deren Existenz überhaupt zu sichern. Zumal diese in Sachsen mit drei Kulturlockdowns noch einmal mehr auf der Kippe stand als anderswo.

Corona-Hilfspakete für die Kultur

2020 wurde ein 30 Millionen Euro schweres Hilfspaket aufgelegt. Im Jahr 2022 gab es dann noch weitere 42 Millionen Euro für die Kulturszene. Aus Sicht von Torsten Tannenberg, Geschäftsführer des Sächsischen Musikrats und Sprecher der Interessengemeinschaft Landeskulturverbände in Sachsen, hat diese Situation aber auch neue Chancen ermöglicht. So seien Vertreterinnen und Vertretern der Politik und Landeskulturverbände näher zusammengerückt.

Tannenberg resümiert, dass man durch das Zeitfenster nach Corona zwar festgestellt habe, dass Kultur für die Gesellschaft ganz wichtig sei und "dass Künstler einfach prekär bezahlt werden." Doch er sagt auch: "Wir haben uns ganz viele Dinge geschworen – und haben es nicht geschafft." Damit sind verbindliche Honorarrichtlinien gemeint, die künftig eine angemessene Vergütung von Kulturschaffenden in Projekten und Institutionen garantieren, die öffentlich gefördert werden, nicht nur vom Freistaat.

Leeres Theater mit blauen Sitzen
Während der Corona-Pandemie blieben die Kulturstätten über lange Zeiträume geschlossen. Bildrechte: imago images/ayakovlev

Der Musikrat-Geschäftsführer sieht aber auch positive Entwicklungen, die sich gerade auf der Zielgeraden befänden: "Wir haben da ein tolles Papier, was wir uns gerade nochmal angeschaut haben – mit Städtetag, mit Gemeindetag, mit den Kommunen und Kulturräumen. Wenn das gelingt, werden wir bundesweit Vorreiter." Darin soll es um eine Verankerung von fairer Vergütung in Förderrichtlinien des Kultursektors gehen. Laut Tannenberg gibt es so etwas bisher in keinem Bundesland.

Kulturdialog – mit Fortsetzung?

Faire Vergütung war auch eines, wenn nicht sogar das zentrale Thema des Kulturdialogs "Zukunft Hoch K". Auf zwei Jahre angelegt, beteiligten sich an diesem Format Politikerinnen und Politiker, Abgesandte aus den Verwaltungen und natürlich Kulturschaffende aus ganz Sachsen. Weitere Themen, die dabei verhandelt wurden, waren Publikumsentwicklung und Wertschöpfung, zudem verband sich damit der Wunsch einer Kulturentwicklungsstrategie für den Freistaat.

Anne-Cathrin Lessel, Chefin vom Theater Lofft in Leipzig und Vorsitzende des Landesverbands der freien Theater in Sachsen, resümiert: "Ich hatte beim Kulturdialog gehofft, dass genau der ein Instrument sein kann, um mal über einzelne Legislatur-Regierungszeiten hinaus Sachen perspektivisch zu betrachten und auch anzugehen." Sie sei daher gespannt, wie nach einer neuen Regierungsbildung dann ein eventueller "Kulturdialog 2" weitergehe.

Zwei tanzende Menschen, die Frau sitzt in einem Rollstuhl.
Die hauseigene Forward Dance Company bei einem Auftritt im Theater Lofft in Leipzig. Es ist die erste mixed-abled Tanzcompany an einem freien Produktionshaus im deutschsprachigen Raum. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kultur auf dem Land wurde gefördert

Nichtsdestotrotz gibt es auch eine Vielzahl von Erfolgsgeschichten. Zu einer solchen hat sich beispielweise in den vergangenen fünf Jahren der Kleinprojektefonds der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen entwickelt. Unterstützt mit bis zu 5.000 Euro wird damit Kunst und Kultur im ländlichen Raum: Ausstellungen, Konzerte, Festivals oder auch Theaterprojekte und Workshops. Von 2019 bis 2023 wurden so über 1.200 Kleinprojekte mit mehr als 3,8 Millionen Euro gefördert. 2023 waren es noch 298.

Auch aus der Museums- und Gedenkstättenkultur lässt sich Positives berichten. Nicht nur, dass in zahlreichen Häusern modernisiert wurde, es gab auch eine Reihe von Neueröffnungen. Beispielsweise erinnert jetzt in Großschweidnitz bei Löbau eine Gedenkstätte an die Euthanasieopfer der NS-Zeit. Im ehemaligen Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz widmet man sich dem Häftlingsfreikauf in der DDR. Und erst kürzlich wurde die neue Dauerausstellung im ehemalige Frauenzuchthaus Hoheneck eröffnet.

Ebenso ist die Museumslandschaft um ein paar Häuser reicher geworden. Die Fabrik der Fäden in Plauen gehört beispielweise dazu. Aber auch das Archiv der Avantgarden ist bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) hinzugekommen. Und nicht zuletzt bekommt die ebenfalls zu den SKD gehörende, weltweit zweitgrößte Puppentheatersammlung jetzt in Dresden ein eigenes Domizil.

Theater haben Finanzprobleme

Gewaltige Probleme gab es für die Theater und Orchester. Zur Erinnerung: Im Frühjahr 2023 kam es einem Paukenschlag gleich, als der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz/Zittau, Daniel Morgenroth, verkündete: "Wenn nichts passiert, melden wir hier im Laufe des Jahres noch Insolvenz an." Dem Theater fehlte ein Millionenbetrag. Der Grund für die massiven Finanzprobleme waren Tariferhöhungen, hohe Energiepreise und inflationsbedingt gestiegene Kosten.

Ein Mann mit Brille, Anzug und Schlips lächelt.
Daniel Morgenroth, der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau, hatte 2023 vor einer drohenden Insolvenz seines Hauses gewarnt. Bildrechte: Privat

Das sind Probleme, mit denen auch andere Stadt- und Kulturraumtheater zu kämpfen haben, zum Beispiel das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen oder das Theater in Chemnitz. Nach intensiven Gesprächen mit der Politik wurden für 2023 und 2024 den betroffenen Theatern 4,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Eine Zwischenlösung. Über eine endgültige Absicherung der Theater- und Orchesterlandschaft wird erst die kommende Regierung entscheiden – und auch entscheiden müssen.

Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause)
Redaktionelle Bearbeitung: op

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