Der sächsische Binnenhafen Riesa gehört zur Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) - mit sieben Häfen von Tschechien bis Dessau- Roßlau der größte Hafenverbund Deutschlands
Betreiber und Besitzer wollen Millionen Steuergelder in die Zukunft des Hafens Riesa stecken. Umweltschützer, Sachsens Rechnungshof und Anwohner wundern sich, weil seit Jahren kaum Schiffe im Hafenbecken anlegen. Kosten und Wasserstände der Elbe wirken sich auch negativ aus. Bildrechte: MDR/Monika Werner

Infraktruktur (K)Ein Schiff wird kommen? Millionenteurer Hafenausbau in Riesa in der Kritik

18. Januar 2025, 14:25 Uhr

Die Elbe ist nicht nur Erholungsort, sondern auch Handelsroute. In Riesa gibt es seit 160 Jahren einen Hafen, der mit seiner Lage und Anbindung an Bundesstraßen gute Bedingungen für den Warenumschlag zwischen Wasser, Straße und Schiene bietet. Trotzdem läuft es nicht gut für den Binnenhafen. Der geplante Ausbau wird wohl sehr viel teurer als gedacht und ist auch heftig umstritten.

Abriss und Rückbau: Am Nordufer soll der Elbe-Hafen Riesa verschwinden. Am Südkai soll dagegen ein modernes Terminal neu entstehen für die ansässige Wirtschaft und als Anreiz für mögliche Investoren im Großraum Riesa. Heiko Loroff von der Sächsischen Binnenhäfen Oberlebe GmbH zählt dazu Großunternehmen aus Riesa und Gröditz auf, die auf dem Gelände des "Alten Hafens" den Umschlagplatz für Container zwischen Binnenschiff, Zug und Lkw nutzen sollen.

Mehr Hafenumschlag - mehr Lkw-Verkehr

Das Problem dabei: Die Hafenbetreiber erwarten bis zu 300 Lkw am Tag. Das wären 200 mehr als bisher. Damit käme auch mehr Lärm, Last und Verkehr auf den Stadtteil Gröba und die Stadt zu, bestätigt Loroff von der Betreibergesellschaft. "Das ist klar. Jeder Container, der den Hafen verlässt und erreicht, wird mit einem Lkw transportiert werden."

Transport über Elbe teurer als über die Straße

Doch es gibt in Riesa noch ein anderes Grundproblem: Seit Jahren werde der Hafen praktisch nicht mehr angelaufen. "Wenn man sich das anschaut: Das Hafenbecken ist leer. Da ist weder ein Containerschiff in den letzten drei Monaten vorbei gekommen, noch irgendwas anderes, außer die Wasserschutzpolizei", sagt Marcel Soboich vom Bürgerverein Riesa 2018. Denn der Transport über die Elbe sei um den Faktor 1,3 teurer ist als über die Straße. Zudem seien Schiffe langsamer als Lkw und Züge. Der BUND Sachsen stellt die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des Projekts komplett infrage.

Seit 2020 gibt es laut BUND-Mitgliedern vor Ort keine Containerschiffe mehr auf der Elbe bei Riesa. Ein Containerhafen ohne Containerschiffe – das wirkt wie ein schlechter Witz.

Felix Ekardt BUND Sachsen

Dazu Heiko Loroff von der Betreibergesellschaft: "Momentan ist es so, dass die Transportkosten auf der Schiene und Straße deutlich günstiger sind als auf dem Wasserweg." Auch der Wasserstand der Elbe sei problematisch: Man könne Kunden nicht sagen, "ich kann dich nur bedienen, wenn ich Wasser habe, wenn die Elbe schiffbar ist. Dann würde es diese Häfen nicht mehr geben."

Der Rettungsreifen ist ein Muss im sogenannten Universalhafen Riesa, zeigt Vertriebsleiter der SBO, Frank Thiele. Auch wenn beim derzeitigen Niedrigwasser heute nur das Polizeiboot unterwegs ist
Polizeiboote der Wasserschutzpolizei sind öfter im Riesaer Hafenbecken zu sehen. Aber große Containerschiffe? (Archivfoto) Bildrechte: MDR/Monika Werner

Hafen ohne Schiffe und ein monströser Kran?

Wie sinnvoll ist dann ein Hafen ohne Schiffe? Und was bedeutet der geplante Südkai-Ausbau für die Riesaer? Dort soll ein rund 30 Meter hoher Superkran entstehen, auf den Kritiker, Anwohner und die Nutzer einer Tagespflege im denkmalgeschützten barocken Herrenhaus Gröba gegenüber skeptisch blicken.

Eine Bauzeichnung zeigt einen riesigen Kran am Ufer eines flusses im Größenverhältnis zu einem barocken Herrenhaus auf der anderen Seite des Ufers. Der Kran ist so hoch wie da Haus, aber sehr viel bvreiten und voluminäöser als das schloss Gröba.
Ein Blick auf die Bauskizze zeigt: So groß soll der Kran werden (gelb markiert rechts auf der Skizze) im Vergleich zum dreigeschossigen Schloss Gröba (li.) auf der anderen Elbseite an der Einfahrt zum Riesaer Hafen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

"Es wird ein Riesenmonster in Riesa, was in Gröba dann steht. Und um so höher ich Lärm verbreite, so wie das der Hafen plant, um so mehr habe ich auch verschiedene Gebiete, die dann betroffen sind, die das hören. So wie der Terminal geplant ist, soll er ja übers Wasser ragen. Dann kann ich an der Seite keinen Lärmschutz anbringen", kritisiert Jan Niederleig vom Naturschutzverband BUND.

So wie der Terminal geplant ist, soll er ja übers Wasser ragen. Dann kann ich an der Seite keinen Lärmschutz anbringen.

Jan Niederlei Sprecher des Naturschutzverbands BUND, Orstgruppe Riesa

35 Millionen Euro mehr Baukosten drohen

Das Bauvorhaben im Hafen ist dennoch und definitiv genehmigt worden, die Fördergelder dafür auch. Die Anträge dafür wurden teils schon vor zwölf Jahren gestellt. Der Terminal wird tatsächlich teurer als ursprünglich geplant. 2012 hatten die Hafenbetreiber mit 25 Millionen Euro Kosten geplant. Doch nun sagt Heiko Loroff: "Wir gehen vorsichtig von einer Steigerung von bis zu 35 Millionen Euro aus." Der Sächsische Rechnungshof hält den Riesaer Hafen für unrentabel, die Umweltschützer für eine Verschwendung von Fördermitteln.

Wir gehen vorsichtig von einer Steigerung von bis zu 35 Millionen Euro aus.

Heiko Loroff Chef der Oberelbehäfen

Doch der Freistaat Sachsen, alleiniger Gesellschafter der Binnenhäfen Oberelbe GmbH, steht zur Investition. "Damit sich dieser Standort auch in Zukunft weiter entwickeln kann, muss er umgebaut werden. Und wir freuen uns über diese Investition, die jetzt dort realisiert wird", betont die Staatssekretärin für Infrastruktur und Landesentwicklung, Barbara Meyer.

Fakten zum Hafen Riesa (zum Aufklappen)

  • 1886 wurde der Bau des Hafens Riesa beschlossen. Zwei Jahre später legten die ersten Schiffe im Industriehafen Gröba an.
  • Die Leipzig-Dresdner Eisenbahnlinie überquerte bei Gröba die Elbe und der Eisenbahnanschluss gehörte von Beginn an dazu. Heute ist der Hafen ans Schienennetz der Deutschen Bahn und die Bundesstraße 182 angebunden.
  • Die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) ist ein Logistikunternehmen und betreibt im Verbund die Häfen Alberthafen Dresden, Riesa und Torgau, den Industriehafen Mühlberg in Brandenburg sowie Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt. Eine Tochtergesellschaft ist für die tschechischen Häfen Häfen Lovosice und Decin zuständig. Die SBO wurde im Juli 1990 als Treuhandunternehmen gegründet. 1991 übernahm der Freistaat Sachsen die SBO und ist seither alleiniger Gesellschafter
  • Der Wasserstand der Elbe und damit verbundene Probleme bei der Schiffbarkeit drückten zuletzt auf die Bilanzen. 2023 musste die Binnenschifffahrt wegen Niedrigwassers von Juni bis November eingestellt werden. In dem Jahr wurden in Riesa nach Unternehmesangaben 33.748 Standard-Container umgeschlagen. Vor der Corona-Krise waren es waren es rund 43.000 Container jährlich.

MDR (kk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 17. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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