Sächsische Staatskapelle Chefdirigent Thielemann mit stehenden Ovationen verabschiedet
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10. Juli 2024, 11:04 Uhr
Zwölf Jahre nach seinem Amtsantritt hat Christian Thielemann seinen Abschied als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle gefeiert – mit drei ausverkauften Konzerten in der Dresdner Semperoper. Nachdem am Dienstag der letzte Ton verklungen war, feierte das Publikum den Dirigenten mit stehenden Ovationen. Das Orchester bedankte sich seinerseits und ernannte Thielemann zum Ehrendirigenten – für seine außerordentlichen Verdienste. Damit endet in Dresden eine Ära. Ein Resümee.
- Christian Thielemann hat am Dienstag seinen Abschied als Chefdirigent der Staatskapelle Dresden gefeiert, mit sich der 65-Jährige von Anfang an verbunden fühlte.
- Unter seiner Leitung spielte das Orchester Tourneen und Konzerte auf der ganzen Welt.
- An dem Ensemble wird er vor allem die menschliche Atmosphäre vermissen.
Mit drei ausverkauften Konzerten und stehenden Ovationen ist Christian Thielemann am Dienstag (9.7.) als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle verabschiedet worden. Auf dem Programm stand Mahlers 8. Sinfonie, die auch als "Sinfonie der Tausend" bekannt ist.
Entsprechend groß war das Aufgebot der Mitwirkenden: Neben der Staatskapelle dirigierte Christian Thielemann ein klangstarkes Ensemble bestehend aus mehreren Solistinnen und Solisten, dem sächsischen Staatsopernchor, dem Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Kinderchor der Semperoper Dresden und sorgte so für einen aus Kritikersicht "überwältigenden und berührenden" Abschluss einer Ära.
Thielemanns Anfänge bei der Sächsischen Staatskapelle
Damit fing alles an: Bruckners 8. Sinfonie war quasi das Hochzeitsgeschenk von Christian Thielemann an die Sächsische Staatskapelle. Selbst fünf Jahre später sprach er noch immer von einem Flitterwochen-Gefühl. Überhaupt war – in der Öffentlichkeit – immer gern von Harmonie und Vertrautheit die Rede.
Es war wie Liebe auf den ersten Blick.
Für Thielemann sei die Verbundenheit zur Semperoper von Beginn an sehr groß gewesen, erzählt er. "Es war sowas wie Liebe auf den ersten Blick. Das war auch mit dem Orchester so, und wir verstehen uns nach wie vor wunderbar." An dem Hause schätze er die wunderbare Akustik, das fabelhafte künstlerische Personal sowie das Weltklasse-Orchester und -Chor. "Auch das rein Optische ist nicht zu verachten", so der Dirigent.
Dabei kannten sich Christian Thielemann und das Orchester schon etwas eher. Sein erstes Dirigat war, damals noch als Gast, das Deutsche Requiem von Johannes Brahms im Gedenkkonzert an die Zerstörung Dresdens. Es war eine kurzfristige Einladung als Einspringer.
Der Künstler erinnert sich zurück: "Dann kam der Anruf aus Dresden. Mein kleiner Finger sagte mir, fahr' da hin." Ihm sei damals völlig klar gewesen, dass er wieder ans Theater wolle – und dass ihm dieses Orchester nur einmal ein Angebot machen würde.
Es war eine Entscheidung, die allen Beteiligten zugutekam: Dem Dirigenten, der Kapelle und natürlich dem Publikum. Das Angebot der Kapelle aufzugreifen sei goldrichtig gewesen, erklärt Thielemann rückblickend. "Das hat auch unsere gesamte Arbeit gezeigt und es ist auch menschlich sehr schön."
Ausverkaufte Konzerte und Tourneen um die Welt
Thielemann ist ein scheidender Dirigent, der rundum zufrieden wirkt. Gänzlich unkritisch macht ihn das aber nicht. "Viele Dinge sind einfach ganz famos gelaufen, andere nicht so", sagt er. Das gehöre zu jedem menschlichen Leben dazu.
Auf seiner Habenseite stehen großartige Opern- und Konzertaufführungen. Wenn Thielemann dirigierte, war das Haus regelmäßig ausverkauft, er bestand auf erstklassige Sänger- und Solistenbesetzung und – er tourte mit der Staatskapelle durch Deutschland, Europa, in die USA sowie in den Nahen und Fernen Osten.
Internationalität ist für Thielemann aber keine Einbahnstraße. "Wir versuchen, mit den Besten in der Kunst zu arbeiten, gleich, woher sie stammen. Wir müssen uns dann eben nur bei Beethoven treffen, das ist die Grundbedingung. Ansonsten gibt es keine Beschränkung", so Thielemann. Würde man nicht das ganze Repertoire stilistisch abdecken würden, wäre man musikalisch nicht mehr gut – es käme gar einem künstlerischen Selbstmord gleich.
Zahlreiche Aufnahmen des Orchesters
Ganze zehn Jahre lang prägten Thielemann und die Staatskapelle mit diesem Anspruch auch die Osterfestspiele Salzburg. Mit großem Nutzen für Dresden. Bleibende Spuren wurden zudem auf dem Tonträgermarkt hinterlassen. "Wir haben so viele Aufnahmen gemacht wie kaum jemand anderes", erzählt der Dirigent. "Ich wüsste nicht, welches Opernhaus oder Orchester in den letzten Jahren so viele Aufnahmen gemacht hat wie die Kapelle."
Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals wohler gefühlt zu haben als mit dem Orchester und mir. Das kann ich mit Fug und Recht sagen.
Rückblickend sieht der Künstler auch eigene Veränderungen durch sein Wirken in Dresden. "Ich probiere jetzt auch anders als ich früher probiert habe", berichtet er. "Mit einmal sind die Dinge da, die man wollte. Und das ist eben das Schöne, wenn Sie längere Zeit mit einem Orchester wie der Kapelle sind. Das können Sie gar nicht mit Geld bezahlen."
Thielemann verabschiedet sich mit Mahler aus Dresden
Wäre ja auch gelacht, wenn die jahrelangen Flitterwochen im Nachhinein noch überschattet würden. Thielemann sei froh um die menschliche Atmosphäre im Orchester. "Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals wohler gefühlt zu haben als mit dem Orchester und mir. Das kann ich mit Fug und Recht sagen."
Redaktionelle Bearbeitung: vp, bh, tmk
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 10. Juli 2024 | 08:40 Uhr