Militärausstellung zum Kalten Krieg Militärtechnik in Dresden: Von Panzern und Raketen beeindruckt und schockiert
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24. Juni 2023, 18:13 Uhr
Mit der Sonderausstellung "Overkill - Militär, Technik, Kultur im Kalten Krieg" zeigt das Militärhistorische Museum Dresden den Wettstreit zwischen Ost und West im direkten Vergleich. Bundeswehrsoldaten und Militärexperten erklären technische Details. Manche Museumsbesucher wollen mehr über Panzer wie Marder oder Puma wissen, denn durch den Ukrainekonflikt ist das Thema Krieg für sie Gesprächsthema.
Eine Gruppe Museumsbesucher hat sich um einen Marder Typ 1 versammelt. Benedikt Bäuerlein steht auf dem Panzer und spricht über ein Mikrofon zu den Menschen. Der Leutnant einer Panzergrenadiergruppe der Bundeswehr wirkt relativ klein im Vergleich zu dem mehr als 30 Tonnen schweren Stahlkoloss. "In diesem Panzer ist man geschützt, wie in einem U-Boot. Das Konzept des Schützenpanzers hat sich im Kalten Krieg wegen der Atombedrohung entwickelt", sagt Bäuerlein.
Der Panzer-Experte zeigt auf einen direkt gegenüberstehenden Schützenpanzer vom Typ BMP-1 aus sowjetischer Produktion. "Mit mehr als 20.000 hergestellten Fahrzeugen ist das einer der meistgebauten Panzer", erklärt Bäuerlein. Die Feinde im Kalten Krieg zwischen Ost und West stehen sich hier auf dem Außengelände des Militärhistorischen Museums Dresden in Form der beiden Panzer sinnbildlich direkt gegenüber.
Heißer Wettstreit um Panzer im Kalten Krieg
Der Wettlauf im Kalten Krieg zwischen sozialistischem Osten und demokratischem Westen sei auch ein militärischer gewesen, sagt Bäuerlein. "Bei den Panzern wird deutlich, dass es dem Westen um Qualität und dem Osten um Quantität ging", erklärt der 25-Jährige. Der BMP-1 wurde zwar in Massen produziert, sei aber bereits nach wenigen Jahren gegen keinen Panzer aus dem Westen angekommen. Der Marder habe hingegen mit Infrarotsignalen trumpfen können, wodurch der Panzer auch nachts einsatzfähig sei.
Bei den Panzern wird deutlich, dass es dem Westen um Qualität und dem Osten um Quantität ging.
"Und wie heiß wird es da drin?", fragt ein Zuhörer aus der Menge. "Im Winter ist es schön, im Sommer nicht", sagt Bäuerlein und lacht. Für ihn sei das Interesse für Panzertechnik mit dem Zweiten Weltkrieg und Kalten Krieg im Geschichtsunterricht gekommen. Seit 2020 ist Bäuerlein auch sogenannter Tankfluencer - ein Kunstwort aus den Begriffen "Tank" (Panzer) und "Influencer" (Englisch "to influence" = beeinflussen). Er postet bei Twitter Beiträge zu Militär- und Panzertechnik.
Tankfluencer: Großes Interesse seit Ukrainekrieg
Seit dem Beginn des Ukrainekriegs bemerkt Benedikt Bäuerlein ein verstärktes Interesse daran, wie Panzer oder Geschütze funktionieren. "Dass das Interesse an Militärtechnik seit dem Ukrainekrieg bei den Leuten gestiegen ist, merkt man auch hier im Museum", sagt Bäuerlein. Und der Tankfluencer bemerkt es auch an seinen Followern bei Twitter: "Die sind von 10.000 auf aktuell 25.000 in den letzten anderthalb Jahren gestiegen."
Es ist das Mächtige, dass hinter diesen Geräten steckt. Was sie mit ihrer Umwelt anrichten, ist unvorstellbar.
Nach dem Vortrag schaut sich Sebastian Nitz aus Brandenburg den Panzer Marder genauer an. Es ist die Größe und Leistung der Panzer, die ihn faszinieren: "Es ist das Mächtige, dass hinter diesen Geräten steckt. Was sie mit ihrer Umwelt anrichten, ist unvorstellbar."
Angst vor atomarer Bedrohung
Zwischen Panzermodellen und Raketensprengköpfen hört eine Besuchergruppe Friedemann Walther zu. Der Museumsführer zeigt auf einer Weltkarte mehrere Flammen auf dem Kontinent Afrika oder der koreanischen Halbinsel. Sie stellen Stellvertreterkriege während des Kalten Krieges dar. "Der Kalte Krieg hat Europa geprägt und doch waren die Konflikte immer weit entfernt", erklärt Walther. Anders als jetzt der Ukrainekrieg.
Doch die atomare Bedrohung sei den Menschen damals schon wegen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki immer bewusst gewesen, sagt Walther. "Schauen Sie sich die Moulage in der Vitrine an." Die Museumsbesucher blicken nur zögerlich auf den aus Wachs geformten Kopf. Dieser ist von Brennwunden und Narben am Hals und Gesicht übersät und ist ein nachgebautes Modell von einem Opfer des Atombombenabwurfs von Hiroshima.
Eltern erklären Kindern den Krieg
Die Besuchergruppe kommt an mehreren verschiedenen großen Raketensprengköpfen an. Auf einmal flitzen drei Jungs vorbei und laufen zu den Panzermodellen. "Die Panzer sind laut und machen Krach. Das ist cool für die Jungs", sagt Felix Pietsch - der Vater von einem der Jungen. Der Marinesoldat erklärt das seinem fünf Jahre alten Sohn genauer, wenn die Bilder aus der Ukraine im Fernsehen zu sehen sind: "Ich sage dann 'Das ist kein Spiel. Das ist Ernst'".
Er selbst hat eher einen nüchternen Blick auf die Militärtechnik, interessiert sich für die technischen Details. "Es ist natürlich Scheiße, dass wir Panzer in der Ukraine einsetzen müssen."
Keine Kriegsangst, aber eine gesunde Vorsicht
An einer Vitrine steht Sonja Schindler aus Baden-Baden. Das Interesse an Militärtechnik sei erst durch den Ukrainekrieg gekommen: "Das Militär war lange nicht mehr so präsent wie heute." Die Größe der Raketen beeindruckt sie und erschreckt sie zugleich: "Vor allem welche Zerstörungskraft dahinter steckt."
Das Militär war lange nicht mehr so präsent wie heute.
Sie habe Respekt vor dem Krieg auch heute: "Wir hatten so viele Jahre keinen Krieg, jetzt ist er so nah. Ich habe keine Kriegsangst, aber eine gesunde Vorsicht. Hoffentlich eskaliert es jetzt nicht noch in Russland."
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 15. Juni 2023 | 14:30 Uhr