Schwitzende Senioren
Praktische Tipps gegen Hitzealarm für Senioren, Kinder, Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen, Mieter und Bauherren gibt das neue Hitze-Handbuch der Stadt Dresden. (Symbolfoto) Bildrechte: imago/Westend61

Ratgeber bei Extrem-Wärme Hitze-Handbuch soll in Dresden vor Extrem-Wärme schützen

21. Juli 2023, 11:14 Uhr

Der Klimawandel wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigende Temperaturen verursachen. Mehr Hitzetage mit deutlich über 30 Grad Celsius werden die Folge sein. Dresden hat jetzt als erste Stadt Deutschland ein Hitze-Handbuch erarbeiten lassen, das sich an Beschäftige im Sozialbereich richtet. Der Stadtteil Gorbitz wurde dafür als eine Art Testlabor untersucht und Häuser saniert. Als nächsten Schritt plant die Stadt einen Hitzeaktionsplan.

Der Klimawandel heißt nicht einfach nur höhere Temperaturen im Sommer. Weitere Folgen können Belastung durch Feinstaub, mehr Hautkrebserkrankungen und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Infektionskrankheiten durch Erreger sein, die sich in Deutschland bald heimisch fühlen werden. Aus diesen und weiteren Gründen ist in Dresden-Gorbitz ist jetzt ein Ratgeber für Zeiten mit extremer Hitze vorgestellt worden.

Das 100 Seiten dicke Hitze-Handbuch ist das erste seiner Art in Deutschland, sagt die Stadtverwaltung Dresden. Das Nachschlagewerk richtet sich an Beschäftigte in der Pflege und im Gesundheits- und Sozialbereich. Es sei aber ebenso für Mitarbeitende aus dem Bildungs- und Wohnbereich gedacht. Etwa 200 Exemplare habe die Stadt gedruckt. Es kann aber online heruntergeladen werden. Als Reallabor für das Handbuch diente das Plattenbaugebiet Gorbitz in Dresden.

Gorbitz besonders von Hitze betroffen

Dort hatten Mitarbeiterinnen des Umweltamtes zusammen mit dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung untersucht, was Großstädter brauchen, damit sie es im Sommer gut aushalten können.

Einer Umfrage der Stadt zufolge bemängelten besonders die Gorbitzer langanhaltende Hitzeperioden, obwohl sie es auf den ersten Blick besser die Wärme aushalten müssten, als die umliegenden Wohnviertel. "Die Gebäude stehen hier fast alle in einem 90 Grad Winkel zur Frischluftschneise, die von der Höhe herunterkommt und ins Tal strömt. Direkt an den Häusern haben wir dadurch allerdings eine sehr hohe Sonneneinstrahlung", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Gesundheitsamt Dresden, Marit Gronwald.

Durch die Sonnenstrahlen heizen sich die Gebäude schnell auf. Temperaturen von fast 38 Grad Celsius hätte man hier schon gemessen, sagt Gronwald. Neben der bloßen Temperatur verstärke sich das Problem aber noch. "Hier wohnen viele Ältere, aber auch Menschen, die nicht viel zum Leben haben und eh schon gebeutelt sind und sich durch die Hitze noch mehr belastet fühlen."

Drei Neubaublöcke hitzeangepasst saniert

Das Hitze-Handbuch ist Teil des Projekts "HeatResilientcity", zu Deutsch die hitzerobuste Stadt. Es geht um wärmeangepasstes Bauen und Sanieren, um Hitzestau an Fassaden, mehr Schatten und Abkühlung für Wohnungen, auf Plätzen sowie um Kühlung durch Grünflächen, Büsche und Bäume. Das Projekt war auf zwei Entwicklungsphasen von 2017 bis 2023 ausgelegt.

Drei Wohnungsblöcke am Leutewitzer Ring haben bereits von den Forschungsergebnissen profitiert. Bei der Sanierung stand der Hitzeschutz im Fokus. Eine Zentrallüftung wurde installiert, die Wärmedämmung am Haus und Dach verbessert. Glasscheiben wurden stärker isoliert und Rollläden an besonders hellen Fenstern angebracht.

Anwohner zufrieden, aber nicht begeistert

Bei den Anwohnern des sanierten Wohnblocks scheint das ganz gut anzukommen. Es sei schon etwas angenehmer als beim Nachbarn gegenüber. Aber nichts Weltbewegendes, meinte eine Gorbitzerin. Sehr warm sei es trotzdem, aber dafür könne sie über den Zusammenhalt unter den Mietern und Mieterinnen nur Gutes sagen, sagt eine andere Mieterin.  

Ein Wohnblock mit gelber Häuserwand umringt von Bäumen und Wiese.
Drei Wohnkomplexe in Dresden Gorbitz wurden bereits hitzeangepasst saniert. Bildrechte: Martin Dietrich

"Also ich habe es nicht gewusst", sagt Margit Werner vom Nachbarschaftsverein. "Es ist mir heute zum ersten Mal zu Ohren gekommen, dass es hier extra Häuser gibt, die hitzegeschützt gebaut worden sind." Die Rentnerin findet es aber gut, dass sich die Stadt um die Bestandswohnungen kümmert, auch wenn durch die Sanierungen teilweise die Mieten steigen könnten.

Ob irgendwann weitere hitzegeschützte Gebäude hinzukommen? "Das glaube ich nicht. Da wird es mich nicht mehr geben, ehe sie das gemacht haben", sagt Werner lachend.

Hitze wird zunehmen

Die Plattenbauten in Gorbitz sind nicht die einzigen Standorte in Dresden, die im Sommer stark aufgeheizt sind. Wie Untersuchungen zeigen, sind besonders die versiegelte Alt- und Neustadt mit ihren engen Bebauungen und wenigen Grünflächen von Hitze betroffen.   

         

"Hitze ist etwas, was in anderen Regionen viel häufiger vorkommt. Hier bei uns ist es ein Thema, was sich erst in den nächsten Jahren sehr verstärken wird und wo normale Lebenserfahrung nicht mehr ausreicht", sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter des Leibniz-Instituts, Alfred Olfert. "Es werden dramatisch mehr heiße Tage werden, speziell die gesundheitsbelastenden tropischen Nächte, in denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad Celsius sinken."

Hitzeaktionsplan soll 2025 fertig sein

Laut Olfert habe "HeatRessilientcity" gut gezeigt, wie praxisnahe Forschung und Umsetzung funktionieren können. Mit der Veröffentlichung des Hitze-Handbuchs endet das Projekt zwar, demnächst will die Stadt aber einen Hitzeaktionsplan erarbeiten. Der soll besonders Betroffene wie ältere oder vorerkrankte Menschen sowie Kinder schützen. 2025 vor Beginn des Sommers soll der Plan stehen.

MDR (phb, mad)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 20. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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