Auf ein etwa handflächengroßes Mini-Labor mit einem sogenannten Multi-Organ-Chip wird mit eine Pipette eine Testflüssigkeit getropft
Ein Multiorgan-Chip besteht aus übereinander geschichteten Kunststofffolien, in die mittels Laser Blutbahnen und Kammern geschnitten werden. Bildrechte: Amac Garbe/Fraunhofer IWS

Neues Testverfahren aus Dresden Chip-Labor statt Tierversuche für Krebsmedikamente

09. Januar 2023, 19:40 Uhr

Jedes Jahr müssen Millionen Tiere zum Wohle der Menschheit leiden oder sogar sterben. An ihnen werden in Laboren unter anderem Medikamente getestet. In Dresden haben Wissenschaftler nun einen vielversprechenden Weg gefunden, damit das zumindest in der Krebsforschung nicht mehr nötig sein muss.

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) arbeiten derzeit an einer neuen Methode, mit der spezielle Krebsmedikamente, sogenannte Radiopharmaka, ohne Tierversuche getestet werden können.

Kunststoffchip simuliert Organe

Bei der Entwicklung müssen die Radiopharmaka derzeit noch an Tieren getestet werden, vor allem an Mäusen und Ratten. Bei der Suche nach Alternativen dafür haben nun Strahlen- und Werkstoffforscher aus Dresden gemeinsam ein etwa handflächengroßes Mini-Labor entwickelt, dessen Herzstück ein sogenannter Multiorgan-Chip ist. In ihm simulieren Ventile und Kanäle das menschliche Gefäßsystem und eine kleine Pumpe den Herzschlag. Befüllt mit Zellkulturen lassen sich bis zu vier menschliche Organe gleichzeitig auf diesem Chip simulieren.

Krebs von innen bekämpfen

Ziel ist die Entwicklung radioaktiver Arzneimittel. Sie werden in der Krebsbehandlung bei Menschen eingesetzt, denen weder mit einer Chemotherapie, einer Operation oder einer Bestrahlung von außen geholfen werden kann. Die Medikamente spüren die Tumorzellen im Körper auf und bestrahlen sie zielgerichtet von innen. Gesundes Gewebe wird dagegen verschont.

Fast 1,9 Millionen Labortiere in Deutschland

Die ersten Tests ihres neuen Minilabors sind nach Angaben der Dresdner Wissenschaftler bereits erfolgreich verlaufen. Sie sind deshalb zuversichtlich, dass bald ein Einsatz bei der Forschung nach neuen radioaktiven Krebsmedikamenten möglich ist. Damit würden sich in diesem Bereich zwar nicht alle Tierversuche vermeiden lassen, aber ein sehr großer Teil.

Die neue Methode hat zudem den Vorteil, dass sie exakter und einfacher ist. Ein Grund: Die Vergleichbarkeit zu Wirkung der Medikamente im menschlichen Organismus ist besser als bei Versuchstieren. Von diesen wurden nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2021 in Deutschland fast 1,9 Millionen für Forschungszwecke genutzt - nicht nur Wirbeltiere wie Mäuse, sondern auch Fische sowie Weichtiere wie beispielsweise Tintenfische.

Labormäuse spielen mit Reagenzgläsern
Jährlich müssen Millionen Labortiere leiden, damit kranken Menschen besser geholfen werden kann. Bildrechte: imago/imagebroker/Stefan Klein
Eine Maus sitzt auf einer Hand in einem medizinischen Handschuh. 9 min
Bildrechte: imago stock&people

MDR (stt)/dpa

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