Fachkräftemangel "Win-win-Situation": Weiße Flotte Dresden setzt auf ausländische Fachkräfte
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14. September 2023, 05:00 Uhr
Seit August lernen 18 neue Auszubildende bei der Weißen Flotte, was es heißt, Schiffskoch, Binnenschiffer oder Industriemechaniker zu sein - ein Rekordwert für die traditionsreiche Dampfschifffahrt. 14 der neuen Azubis kommen dabei aus dem Nicht-EU-Ausland. Trotz des großen bürokratischen Aufwands und mancher Sprachbarrieren habe sich dieses System ausgezahlt, sagt die Weiße Flotte.
- Seit August 2023 haben 18 Auszubildende bei der Weißen Flotte angefangen.
- Viele kommen aus dem Nicht-EU-Ausland, eine große Verwaltungsaufgabe.
- Ein paar Sprachbarrieren gebe es laut der Weißen Flotte noch, aber die Fachkräfte würden auch den Sprachfundus der Besatzung erweitern.
Jochen Haubold, Abteilungsleiter Nautik und Ausbilder bei der Weißen Flotte Dresden, streicht mit der Handfläche über die Reling des Dampffahrtschiffs und grinst: blitzeblank. Die Sauberkeit hier zeige, dass die gesamte Mannschaft mit Herzblut bei der Sache sei. "Man ist halt mit dem Schiff ein bisschen verheiratet", sagt Haubold, während er seine neuen internationalen Auszubildenden lobt.
Weiße Flotte bildet Binnenschiffer oder Industriemechaniker aus
Insgesamt 18 Azubis haben im August dieses Jahres bei der Weißen Flotte angefangen, 14 davon stammen aus dem Nicht-EU-Ausland. Bereits seit drei Jahren kommen Menschen aus Vietnam, Tunesien oder Indien nach Dresden, um auf den Dampfern gastronomische Berufe zu erlernen. Seit diesem Jahr steht ihnen auch der nautische Bereich offen. Die ausländischen Fachkräfte werden in den nächsten drei Jahren zu Binnenschiffern oder Industriemechanikern ausgebildet. Der Schritt sei aus mehreren Gründen notwendig gewesen.
Matrosen- und Kapitänsausbildung in Dresden
Zum einen lasse die Bekanntheit dieser Sparte des Seefahrerberufs zu wünschen übrig. Dampfschiffe auf der Elbe verbinden wenige sofort mit dem Wort "Matrose" oder "Kapitän". Zudem wären die saisonalen Arbeitszeiten, an denen Wochenende selten Freizeit bedeutet, für manche gewöhnungsbedürftig.
Darüber hinaus habe der allgemeine Fachkräftemangel auch die nach eigenen Aussagen größte und älteste Raddampferflotte der Welt hart getroffen, erzählt Haubold. Davon wollte man sich aber nicht entmutigen lassen. "Eine Ikone deswegen aber an den Haken zu hängen, weil wir keine Leute finden? Ein No-Go."
Weiße Flotte arbeitet mit Agenturen zusammen
Also entschloss sich die Weiße Flotte, über den gesamten Globus nach Leuten zu suchen sowie auf Berufsmessen und in Schulen stärker junge Menschen anzusprechen. Sie arbeiten dafür mit verschiedenen Agenturen zusammen, die sich auf ausländische Fachkräfte spezialisiert haben und die Bürokratie verstehen. Die Weiße Flotte und ihre Partner helfen anschließend beim Visum und der Wohnungssuche. Ein hartes Stück Arbeit, sagt Haubold. "Der Verwaltungsaufwand ist enorm. Das muss alles geprüft und genehmigt werden."
Ausbilder: Toller Zusammenhalt
Zwar will er noch kein Fazit zum diesjährigen Lehrgang ziehen, aber über das Engagement seiner Schützlinge erzählt er nur Gutes: Deutsche wie ausländische Azubis helfen sich gegenseitig dabei, den Fachterminus zu verinnerlichen. Eine der Auszubildenden habe ein eigenes Wörterbuch erstellt, weil viele der Fachbegriffe nicht im Duden stehen würden. Insgesamt herrsche ein toller Zusammenhalt. "Eine Win-win-Situation" für beide Seiten.
Auch der Auszubildende Ali Salaani aus Tunesien, der seit knapp einem Monat in Dresden lebt, berichtet Ähnliches. "Das Arbeitsklima ist hier sehr freundlich. Die Mitarbeiter sind sehr nett und ich genieße die Elbe", sagt er. Vor seiner Einreise habe er mehr als ein halbes Jahr lang Deutsch gelernt. Der Anfang sei schwer gewesen, mittlerweile würde er die Sprache aber mögen.
Mehr Fremdsprachler an Bord
Sein Azubi-Kollege Luis Gall kommt aus Dresden und erzählt, dass es ihn besonders überrascht habe, das sich auf einem Dampffahrtschiff relativ wenig Bordpersonal befindet. Unterschiede zwischen deutschen und nicht-deutschen Auszubildenden sieht er ebenfalls nicht.
Vielleicht seien sie erstmal etwas schüchterner, sagt wiederum Kapitän Andreas Weber. Dafür bringen sie mehr Fremdsprachen wie Französisch oder Tschechisch auf das Schiff. "Für uns ist es sehr hilfreich, wenn jemand mehrere Sprachen fließend sprechen kann", sagt Weber. Schließlich hat die Weiße Flotte nicht nur eine internationale Besatzung, sondern gerne auch mal Gäste aus aller Welt.
MDR (mad)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR um 4 | 13. September 2023 | 13:30 Uhr