
Zum Tag der Muttersprache Sprachexperte: Altes Sächsisch stirbt aus - viele neue Formen entstehen
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21. Februar 2025, 05:00 Uhr
Wär jädze gar gee Säggsch forschdehd, dor grieschd Hudelei. Un wär iebrn Dialeggd lachd, gann vor Eehee'schen oh schnell ma als Gnusbogobb dasteh'n***. Dieser freundliche Hinweis sei erlaubt am heutigen Tag der Muttersprache, mit dem die UNESCO sprachliche und kulturelle Vielfalt fördern will. Falls Nicht-Sachsen nun hoffen, der Dialekt sterbe sowieso bald aus, dem widerspricht der Sprachwissenschaftler der Universität Leipzig, Simon Oppermann. "Nein, Sächsisch stirbt nicht aus", sagt er.
***Wer gar kein Sächsisch versteht, der könnte Schwierigkeiten bekommen. Und wer über diesen Dialekt lacht, könnte vor Einheimischen auch sehr schnell als Unsympath dastehen.
Generationen auf die Münder geschaut
In seiner Dissertation untersuchte Oppermann, welche sprachlichen Besonderheiten früher belegt wurden und welche heute. Sein Fazit: Es gebe den alten Dialekt so nicht mehr, wie er noch vor 100 Jahren gesprochen wurde. Als Beispiele nennt Oppermann "die Entrundung der standarddeutschen Vorderzungenvokale", die schon weitgehend verschwunden seien. Etwa wie in beese, statt böse oder die Aussprache von u für o in Ufen - statt Ofen.
Wir sehen, dass die Leute auf der Straße heute anders sprechen als früher.
Die Weichen besiegen die Harten - und umgekehrt
Die bekannte Ausspracheregel für Konsonanten im Sächsischen, wonach "die Weichen die Harten besiegen", kehrten vor allem jüngere Menschen um, die dann das B, D und G als P, T und K aussprächen, wenn sie vor einem L oder R stünden. "Dies sorgt dann dafür, dass der Zug am Leipziger Hauptbahnhof mittlerweile an 'Kleis Trei' einfährt. Hören Sie sich in Mitteldeutschland mal um, das ist insbesondere bei jüngeren Personen häufiger zu hören, obwohl es in der einschlägigen Fachliteratur noch kaum beschrieben wurde", sagt der Sprachwissenschaftler.
Das "Sch" breitet sich aus
Ein anderes Beispiel sei die sogenannte Koronalisierung des Ich-Lautes hin zu einem "sch". Statt zu sagen: "Ich habe richtig Hunger", sagten viele Menschen im ostmitteldeutschen Raum heute: "'Sch hab rischt'schn Hunger". Das sei mittlerweile sehr verbreitet - aber vor 100 Jahren für das Sächsische noch kaum systematisch beschrieben worden, sagt Simon Oppermann.
Und er hat eine gute Nachricht für alle, die sich über Umfragen ärgern, in denen ihr Dialekt der angeblich unbeliebteste im ganzen Land sei. "Mir sind keine sprachwissenschaftlichen Argumente dafür bekannt, dass einige Sprechweisen 'schlechter' klingen als andere, höchstens ungewohnter. Schließlich ist Vielfalt doch immer noch am schönsten – nicht nur sprachlich". Dem ist nur hinzufügen: Nu freilich!
MDR (kk)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 21. Februar 2025 | 09:30 Uhr