Hohenstein-Ernstthal Karl-May-Haus: Scheidender Museumsdirektor hinterlässt moderne Forschungsstätte
Hauptinhalt
28. Februar 2025, 03:00 Uhr
André Neubert, Direktor des Karl-May-Hauses in Hohenstein-Ernstthal, geht nach über 30 Jahren in den Ruhestand. Unter seiner Führung verwandelte sich das Geburtshaus von Karl May samt Anbauten in ein modernes Museum und eine Forschungs- und Begegnungsstätte. Sein Blick auf einen der erfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten habe sich im Laufe seiner Tätigkeit verfeinert, sagte der scheidende Direktor MDR KULTUR. Und: Diskussionen wie "Darf man noch Indianer sagen?" belebten das Geschäft.
- Vor über 30 Jahren kam Museumsdirektor André Neubert als Karl-May-Fan nach Hohenstein-Ernstthal.
- Unter seiner Leitung entwickelte sich das kleine Museum zu einer modernen Forschungsstätte.
- Eine neue Ausstellung im Karl-May-Haus beleuchtet die Verbindungen des Schriftstellers nach Chemnitz.
Das Geburtshaus von Karl May ist ein schmales Häuschen. Die Adress-Bezeichnung aus Mays Geburtsjahr 1842 erzählt davon: "Ernstthal, Niedergasse". Die Weberstube im Haus ist der Lieblingsort des scheidenden Museumsleiters André Neubert: Weil Karl May nicht nur Literatur-, sondern auch Alltagsgeschichte sei, betont er. Der Ort zeige, wie früher gelebt worden sei. Selbst die Rute, mit der Karl May vom Vater versohlt wurde, ist zu sehen.
Karl May und die sächsische Mund- und Lebensart
Museumsleiter André Neubert wurde 1960 in Karl-Marx-Stadt geboren. Vor mehr als drei Jahrzehnten kam er als Karl-May-Fan nach Hohenstein-Ernstthal – seitdem habe sich sein Blick auf den Abenteuer-Schriftsteller verfeinert. Zwar sei Karl May nicht unbedingt berühmter geworden, aber Diskussionen wie "Darf man noch Indianer sagen?" belebten das Geschäft.
Dem sächsischen Museumschef ist anzumerken, dass er mit der Schlitzohrigkeit Karl Mays eine ganze Menge anfangen kann. Neubert ist Sachse wie May, und die sächsische Mund- und Lebensart verbindet über die Zeiten. "Besser an der Sprache erkannt zu werden als am schlechten Charakter", sagt er. Mit dieser Lebensart hat André Neubert auch das Karl-May-Haus geleitet.
Vom Literaturmuseum zur Karl-May-Forschungsstätte
Als der studierte Historiker 1993 das Ruder übernahm, war es ein reines Literatur-Museum. Nachdem ein Begegnungszentrum und ein neues Depot dazu gebaut worden waren, ist es eine Forschungsstätte geworden – und, sagt Neubert, "auch eine pädagogische Einrichtung für die junge Generation, die mal wieder ein Buch lesen soll."
Für das neue, architektonisch moderne Depot mussten zwei alte Häuser weichen. Hier gibt es nun neue Räume und den Museumsshop, und alle Sammlungsstücke lagern seit 2022 optimal. Das sind Waffen, Kostüme, Medaillen oder 8.500 Bücher von und über Karl May. "Es gibt keine Devotionalien über Karl May, die es nicht gibt", sagt Neubert. Immer wieder werden Stücke für Sonderausstellungen als Leihgaben verschickt.
Im originalen Geburtshaus, das Dank des modernen Anbaus auch barrierefrei erreichbar ist, sind Stücke und Schrift-Dokumente aus Mays Leben zu sehen, zum Beispiel Teile seines vermeintlichen Diebesgutes: eine Taschenuhr und Billardkugeln. Deswegen saß der Junglehrer May nicht nur einmal im Gefängnis, unter anderem in Chemnitz, wovon auch die neue Sonderausstellung erzählt. Insgesamt verbrachte May siebeneinhalb Jahre in Haft. Doch Neubert meint, dort habe er sich sammeln und sich aus der Misere bringen können, bevor er zum meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache wurde.
André Neubert wird Karl Mays Leben auch im Ruhestand nicht loslassen. Das Museum übergibt er als moderne Einrichtung, die auch junge Generationen begeistern kann.
Ausstellung über Karl Mays Verbindungen zu Chemnitz
Zusammen mit Jörn Richter hat André Neubert eine neue Sonderausstellung im Karl-May-Haus kuratiert. Unter dem Titel "Karl May und Chemnitz" sollen anlässlich des Kulturhauptstadtjahres die vielfältigen Verbindungen von Karl May, Hohenstein-Ernstthal und Chemnitz beleuchtet werden. Denn im Laufe von Karl Mays Leben habe Chemnitz "zweifellos eine beachtenswerte Rolle" gespielt, sagen die Ausstellungsmacher. Sie verweisen darauf, dass May in Chemnitz als Fabrikschullehrer arbeitete und später im Chemnitzer Bretturm in Haft saß. Anhand von Akten, Dokumenten und Bildern gebe es viel zu berichten.
Informationen zur Ausstellung
"Karl May und Chemnitz"
Sonderausstellung vom 22. Februar 2025 bis zum 15. Februar 2026
Karl-May-Haus
Karl-May-Straße 54
09337 Hohenstein-Ernstthal
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10–17 Uhr
Quellen: MDR Sachsen, MDR KULTUR (Mario Süßenguth)
Reaktionelle Bearbeitung: kk, jb
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 22. Februar 2025 | 19:00 Uhr