Erinnerungskultur KZ Sachsenburg: Frankenberg erhält 1,5 Millionen Euro für neue Gedenkstätte

17. Oktober 2024, 18:30 Uhr

Die mittelsächsische Stadt Frankenberg hat Fördermittel vom Bund und dem Freistaat Sachsen für eine neue Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Sachsenburg erhalten. Es war eines der ersten Konzentrationslager unter den Nazis und galt damals als wichtiges Vorbild für Einrichtungen wie Auschwitz. Menschen aus der Region haben sich jahrelang dafür eingesetzt, einen Ort der Erinnerung zu schaffen. Mit den Fördergeldern soll ab November 2024 die neue Gedenkstätte realisiert werden.

Nach jahrelangem Engagement kann die Stadt Frankenberg mit dem Bau einer Gedenkstätte zum KZ Sachsenburg beginnen. Am Donnerstag wurden der Kommune öffentlich Fördermittel vom Land Sachsen in Höhe von 1,5 Millionen Euro überreicht. "Ich bin froh und der Stadt Frankenberg dankbar, dass dieser Prozess, der über 20 Jahre ging, zu einem guten Ende kam und zu einem Anfang führt", sagte die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) MDR KULTUR.

Eine baufällige Villa ist mit Bäumen überwuchert und von einem Bauzaun umgeben.
Auf den Fundamenten der bereits abgerissenen Kommandantenvilla soll eine Installation entstehen. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Baubeginn im November 2024 geplant

Wie das Staatsministerium mitteilte, hätten sich vor allem zivigesellschaftliche Initiativen um einen Gedenkort bemüht. "Die kommunalen Verantwortungsträger – und das ist keineswegs selbstverständlich – haben diese Initiative aufgenommen und sich mit viel Kraft und Engagement dafür eingesetzt, die Gedenkstätte auf den Weg zu bringen", so Klepsch.

Es ist ein Mammutprojekt.

Oliver Gerstner, Bürgermeister (CDU)

Die Fördermittel stammen aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR. Die 1,5 Millionen Euro sind für den ersten Bauabschnitt vorgesehen und müssen bis Ende 2025 abgerufen werden. Bis dahin soll der Bereich der ehemaligen Kommandantenvilla neu gestaltet, die historische Außenmauer saniert und die Außenanlage für den Publikumsverkehr instandgesetzt werden, beispielsweise mit einem Parkplatz. In einer zweiten Phase soll eine Ausstellung im Hauptgebäude entstehen. Weitere Mittel für die Arbeiten kommen auch vom Bund.

Blick vorbei an einem Figurenrelief auf ein schlichtes Gebäude.
In Sachsenburg wurden vor allem jüdische Menschen, Zeugen Jehovas und Oppositionelle inhaftiert – wie viele, ist unbekannt. Bildrechte: IMAGO / Wolfgang Schmidt

KZ als Teil des Tourismus in Zschopau

Umgesetzt wird das Sanierungs- und Bauprojekt von der Frankenberger Stadtverwaltung. "Es ist ein Mammutprojekt", sagte Bürgermeister Oliver Gerstner (CDU) im Gespräch mit MDR KULTUR. Das Projekt werde laut Gerstner viele Kräfte in der Verwaltung binden und sei ohne die Zuwendungen von Bund und Land angesichts der engen Haushaltskasse nicht realisierbar. Die Gedenkstätte soll 2027 offiziell eröffnet werden. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten hat bereits signalisiert, den Erinnerungsort dann zu betreiben.

Eine Gedenkstätte ist für eine Stadt vielleicht nicht das, was man sich wünscht. Aber sie ist wichtig als Lern- und Gedenkort.

Oliver Gerstner, Bürgermeister (CDU)

"Eine Gedenkstätte ist für eine Stadt vielleicht nicht das, was man sich wünscht. Aber sie ist wichtig als Lern- und Gedenkort", meint Oliver Gerstner. Die Gedenkstätte werde zwischen Freibad und Wanderweg liegen. Für den CDU-Bürgermeister sei das kein Widerspruch: "Ich halte das für einen Baustein des Gedenkens und des Kennenlernens." In seiner Vorstellung können Menschen sich in der Region entspannen – zwischen einem Freibad, diesem Wanderweg, einem Ausflugsschiff, einer Ausflugsgaststätte, sehr idyllisch gelegen unterhalb des Schlosses Sachsenburg – und dann auf dieses dunkle Kapitel stoßen. Es sei "ein Ort, wo man sich gern erholt und ausatmet, dann aber auch mal einatmen muss, weil man sagt: 'Was ist hier passiert?'".

Blick über einen See auf ein schlichtes Gebäude.
Für ihr frühes KZ griffen die Nazis auf bestehende Infrastruktur zurück. Bildrechte: MDR/Ben Arnold

Sachsenburg: Erstes KZ der NS-Geschichte

Im Mai 1933 eröffneten die Nazis auf der Insel bei Frankenberg eines der ersten Konzentrationslager, in dem sie Oppositionelle inhaftierten. In Sachsen wurde kein KZ länger betrieben, ab 1934 war es das einzige. Es war zu seiner Zeit eine wichtige Ausbildungsstätte für die SS und ein Experimentier-Ort für die spätere Vernichtungspolitik. Für Oliver Gerstner sei "die Besonderheit der Gedenkstätte Sachsenburg, dass sie zeigt, dass es an jedem Ort in Deutschland hätte passieren können". Das KZ sei hier dann nur wegen "der infrastrukturellen Voraussetzungen" errichtet worden, "mit einer kleinen Insel und mit einem großen Fabrikgebäude, wo man Unterkünfte hat".

Quelle: SMKT, MDR KULTUR (Grit Friedrich), redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur kompakt | 17. Oktober 2024 | 16:30 Uhr

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