Interview Handwerkskammer Höflichkeit und Vitamin B: So findet man Handwerker

09. Februar 2023, 18:30 Uhr

Handwerker sind rar, die Preise für Bauprojekte steigen. Im Gespräch mit MDR SACHSEN erklärt Sören Ruppik von der Handwerkskammer Chemnitz, warum man in den kommenden Jahren in Sachsen viele Betriebe im Bereich Elektroinstallation und Heizungs- und Sanitärbau verlieren könnte. Er spricht darüber, wie man hofft, diesem Problem begegnen zu können und erklärt, dass beim Handwerker finden auch Höflichkeit und gute Beziehungen eine Rolle spielen.

Wie ausgelastet sind denn die Handwerksbetriebe im Baugewerbe, also Elektroinstallateure, Heizungsbauer, Dachdecker & Co., derzeit?

Die sind sehr gut ausgelastet. Man ist zum einen immer noch dabei, Aufträge aus der Corona-Pandemie abzuarbeiten, das wird sicher noch bis in den Sommer hinein dauern. Zum anderen werden momentan auch viele kleinere Bau-Projekte in Auftrag gegeben.

Kleinere Bau-Projekte?

Naja, zum Beispiel ein Carport oder die Installation einer Photovoltaikanlage oder einer Wärmepumpe. Also eher Dinge, für die bei den Leuten das Eigenkapital da ist. Dadurch dass die Baufinanzierungskosten inzwischen bei fast fünf Prozent liegen, stornieren tatsächlich viele Privatleute hier in Sachsen größere Bauvorhaben wie Eigenheime. Und auch die Zahl der Bauanträge ist enorm eingebrochen.

Das heißt, wenn der Überhang aus der Pandemie im Sommer abgearbeitet ist, ist es wieder leichter an Handwerker zu kommen?

Das kann sein. Andererseits füllen die bereits erwähnten kleineren Projekte die Auftragsbücher auch ganz gut. Und dadurch, dass manche Materialien so schlecht zu bekommen waren und sind, kann es bei einigen Aufträgen auch noch ein ganzes Stück länger dauern bis die abgearbeitet sind. Also nur ein Beispiel: Ich weiß von einem Bauvorhaben, da wurde eine Wärmepumpe 2022 im März bestellt, die war dann Ende des Jahres da.

Viele Betriebe sind vor allem durch den Fachkräftemangel arg gebeutelt. Viele Handwerker gehen in Rente und so werden die Mannschaften immer kleiner und kleiner.

Sören Ruppik Handwerkskammer Chemnitz

Haben Sie Tipps für die Suche nach Handwerkern? Wie bekommt man denn möglichst schnell einen Termin?

Naja letztlich sind Unternehmer ja auch nur Menschen. Also Respekt und Wertschätzung zeigen, höflich sein, das hilft auf jeden Fall. Und dann keine überzogenen oder unrealistischen Vorstellungen beim Preis haben: Die Betriebe können sich ihre Kunden und Aufträge grad aussuchen, dessen sollte man sich bewusst sein. Vitamin B hilft dabei natürlich auch. Das war ja in DDR-Zeiten schon so.

Bestandskunden haben es generell etwas leichter: Wenn ein Handwerker zum Beispiel eine Heizung über Jahre regelmäßig gewartet hat, ist es für ihn kein so großer Aufwand dort mal vorbeizukommen - einfach weil er die Anlage kennt.

Neben Materialknappheit - mit welchen Herausforderungen haben die Betriebe denn noch zu kämpfen?

Viele Betriebe sind vor allem durch den Fachkräftemangel arg gebeutelt. Viele Handwerker gehen in Rente und so werden die Mannschaften immer kleiner und kleiner. Da wird man sich als Unternehmer natürlich schon überlegen, welche Aufträge man noch annimmt.

Viele Handwerksbetriebe im Bereich Elektro- und Sanitärinstallation bestehen nur aus zwei bis drei Leuten. Verschwinden die einfach, wenn die Inhaber in Rente gehen?

Das ist tatsächlich ein großes Problem. Bei 70 Prozent der bei uns eingetragenen Betriebe im Bereich Elektrotechnik und Sanitär- und Heizungsbau (SHK) ist der Inhaber über 55 Jahre alt. Das heißt, innerhalb der nächsten zehn Jahre könnten wir altersbedingt eine riesige Anzahl an Betrieben in der Region verlieren. Erfolgreiche Unternehmensübergaben bzw. Betriebsübernahmen gibt es erfahrungsgemäß nur in etwa 24 Prozent der Fälle.

Was kann man da machen?

Zusätzlich zu den Betrieben die übernommen werden, hoffen wir noch auf die Meister, die den Mut haben, sich selbstständig zu machen und neu zu gründen. Die Geschäftslage ist ja so gut, dass man sich das schon gut trauen kann.

Auch die Ausbildungszahlen in Sachsen entwickeln sich immerhin positiv, aber das ist keine unmittelbare Lösung. Wer im Handwerk in Ausbildung geht, muss erstmal dreieinhalb Jahre die Schleife drehen und sich dann noch zum Meister weiterqualifizieren, bevor er oder sie einen Betrieb führen könnte.

Ein paar Hoffnungen setzen wir auch in Rückkehrer, also in Menschen, die vielleicht aus dem alten Bundesgebiet wieder zurückziehen. Man hat ja mittlerweile auch ganz gute Gehaltschancen hier in Sachsen. Auch auf Fachkräfte unter den Geflüchteten hoffen wir. Allerdings ist im Handwerk auch ganz wichtig, dass man die deutsche Sprache spricht, die Kommunikation ist das etwas ganz Wesentliches.

MDR (Win)

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