Nachruf Sachsen würdigt Verdienste des verstorbenen VW-Managers Carl Hahn
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15. Januar 2023, 14:25 Uhr
Als Vorstandsvorsitzender von Volkswagen hat er dazu beigetragen, dass Sachsen nach der Friedlichen Revolution auf die internationale Automobilbühne zurückgekehrt ist. Auch später blieb der gebürtige Chemnitzer der Region verbunden. Jetzt ist der Automanager Carl Hahn im Alter von 96 Jahren gestorben.
- Der frühere Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, Carl Hahn, ist im Alter von 96 Jahren gestorben.
- Der gebürtige Chemnitzer sorgte dafür, dass VW Anfang der 1990er Jahre in Sachsen investierte.
- Ministerpräsident Kretschmer und der Chemnitzer Oberbürgermeister Schulze würdigen Hahn für seine Verdienste um den sächsischen Automobilstandort.
- Immer wieder schaute er gern im Werk in Zwickau vorbei.
Der langjährige Vorstandschef der Volkswagen AG, Carl Hahn, ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Dies bestätigte eine Sprecherin der Hahn-Stiftung der Deutschen Presse-Agentur am Sonnabend. Zuvor hatte die "Welt" über den Tod des früheren Managers berichtet. Hahn sei zu Hause in Wolfsburg gestorben.
Carl Hahn 1926 in Chemnitz geboren
Der am 1. Juli 1926 in Chemnitz geborene Manager hatte in seiner Zeit als VW-Chef die Grundlagen für den Weltkonzern gelegt. In seine Amtszeit ab 1982 fielen die Übernahmen von Seat und Skoda. Außerdem begann Hahn die Expansion des Unternehmens nach China. Vor seinem Aufstieg zum VW-Chef hatte Hahn ab 1973 den Reifenhersteller Continental geleitet.
Kretschmer und OB Schulze würdigen Hahn als "großartige Persönlichkeit"
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) twitterte am Abend: "Wenigen Menschen haben wir Sachsen so viel zu verdanken wie Carl Hahn." Diese "großartige Persönlichkeit" habe Automobilindustrie zurück nach Ostdeutschland geholt und so sächsische Geschichte geschrieben.
Der Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze erinnerte in seiner Beileidsbekundung an den letzten Besuch Hahns in Chemnitz im September 2021. "Ich konnte ich erfahren, welches großes Interesse er weiterhin an Chemnitz und seiner Entwicklung nahm. Er war für mich eine wahrhaft beispielgebende Persönlichkeit, der unternehmerischen Erfolg mit sozialer Verantwortung und Bodenständigkeit verbunden hat." Hahn habe maßgeblich dazu beigetragen, dass "sich der traditionsreiche Automobilstandort Chemnitz nach 1990 neu aufstellen und wirtschaftlich erfolgreich entwickeln konnte. Darauf können wir noch heute aufbauen".
Hahn wurde 1994 Ehrenbürger der Stadt Chemnitz. Er ist Sohn des einstigen Verkaufsleiters der Zschopauer Motorenwerke und späteren Mitbegründers der Auto-Union-Aktiengesellschaft Carl Hahn senior.
Carl Hahn dem sächsischen Automobilbau stets verbunden
Zuletzte hatte Hahn im September 2021 Sachsen besucht. Er stattete dem für die Produktion des Elektroautos ID.3 umgebauten VW-Werk in Zwickau einen Besuch ab. "Ich bin in Sachsen sehr gern, da ich als alter Chemnitzer jede nur denkbare Verbundenheit zu der Region habe", sagte er damals. Auch in Zwickau fühle er sich zu Hause. "Wir haben in Sachsen nach der Wende Fabriken errichtet, die nun moderner sind als alle anderen Volkswagen-Fabriken in der Welt", so Hahn im Herbst 2021.
Im Juli 2021 war Hahn in Zschopau dabei, als der Stadt im Erzgebirgskreis offiziell der Titel Motorradstadt verliehen wurde.
Deshalb haben wir ja auch sofort nach Wende angefangen zu arbeiten, weil wir die Menschen alle kannten durch das DDR-Motorenprojekt. Wir kannten die Qualifikation, wir kannten alle Schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft.
Bereits in 1980er Jahren Kontakt in die DDR
1990 war VW eines der ersten Unternehmen, die in Sachsen investierten. Doch mit seiner ehemaligen Heimat liebäugelte Hahn bereits in den 1980er Jahren. Damals wurde ein Joint Venture vereinbart, unter anderem für ein Motorenwerk in Karl-Marx-Stadt. "Deshalb haben wir ja auch sofort nach der Wende angefangen zu arbeiten, weil wir die Menschen alle kannten durch das DDR-Motorenprojekt. Wir kannten die Qualifikation, wir kannten alle Schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft. Und dementsprechend waren wir so vorbereitet, dass es für uns mit fliegendem Start an die Arbeit ging", sagte Hahn.
Wolfsburg verschickt "Polo-Pakete"
Ab April 1990 ging es dann Schlag auf Schlag: Im Wolfsburger Werk wurden die ersten Polo-Teilesätze für das Montageprojekt in Zwickau verladen, am 21. Mai lief dort das erste Fahrzeug vom Band. Im Juli wurde eine Consultingfirma mit Rechenzentrum in Chemnitz gegründet, gemeinsam mit der IFA-PKW GmbH zudem eine Vertriebsgesellschaft für Ostdeutschland.
Am 26. Dezember 1990 legten Bundeskanzler Helmut Kohl und VW-Chef Hahn in Mosel den Grundstein für die neue Autofabrik. Die 70.000 Quadratmeter große Halle ist nach nur sieben Monaten fertig. "Das zeigt, dass entgegen vielem dummen Geschwätz die Menschen in den neuen Bundesländern eine große Leistungsfähigkeit entwickeln", erklärte der VW-Chef.
VW als Jobmotor für Sachsen
Heute arbeiten bei VW Sachsen mehr als 11.000 Mitarbeiter in Zwickau, Chemnitz und Dresden. Dazu kommen unzählige Arbeitsplätze in der Zulieferbranche in Südwestsachsen. Kommunen der Region profitieren von der Gewerbesteuer aus der Automobilbranche.
Immer wieder schaute Carl Hahn auf Stippvisite im Werk von Zwickau Mosel vorbei, auch als der Umbau zum Elektromobilitätswerk abgeschlossen war. Er selbst wurde leidenschaftlicher Fahrer des ID3: "Unendliche Freude: Ich bin verliebt in die Elektrik. Nicht nur, weil ich keine Kupplung mehr habe und kein Getriebe mehr brauche und mehr Platz habe, sondern weil ich ein Automobil habe, das ein hervorragendes Drehmoment hat und dementsprechend Spaß macht."
Quelle: MDR (dkö/sth/Nora Kilenyi)/dpa/Stadt Chemnitz
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 15. Januar 2023 | 19:00 Uhr