Annaberg-Buchholz Vermisstensuche im Erzgebirge - Was sind Schwarzbefahrer?
Hauptinhalt
17. Oktober 2024, 16:34 Uhr
Seit gut einer Woche wird in Annaberg nach einem vermissten Mann gesucht, der wohl illegal in einen alten Berkwerksstollen einstieg. Der 34-Jährige soll sich als sogenannter Schwarzbefahrer einen Zugang verschafft haben. Was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Was sind "Schwarzbefahrer"?
Als sogenannte Schwarzbefahrer werden Personen bezeichnet, die stillgelegte Bergwerke befahren (betreten) und dort nach Mineralien oder anderen Dingen suchen, die dort noch zu finden sind. Hobby-Forscher interessieren sich für die Geschichte der Altbergwerke. Sie tun dies zum Teil ohne Erlaubnis, worauf der Begriff "Schwarzbefahrer" zurückzuführen ist.
Im Erzgebirge gab es "Schwarzbefahrer" schon zu DDR-Zeiten, da wurden die Gruben aber noch bewacht und es war verboten, einzusteigen. Nach der Wiedervereinigung entwickelte sich Anfang der 1990er-Jahre teilweise ein illegaler Unter-Tage-Tourismus, dem Sachsen 1996 mit einer neuen "Hohlraumverordnung" einen Riegel vorzuschieben versuchte.
Was ist erlaubt und was nicht?
Laut dem Oberbergamt in Freiberg verbietet die Sächsische Hohlraumverordnung das Betreten der ehemaligen Bergwerke, man könne eine Befahrung auch nicht beantragen. Schwarzbefahrer verstoßen demnach gegen die Verordnung: "Gemäß § 5 der Sächsischen Hohlraumverordnung sind bergmännische Arbeiten in oder an unterirdischen Hohlräumen beim Sächsischen Oberbergamt anzuzeigen," heißt es von der Behörde.
In der Praxis sei die Befahrung von alten Stollen allerdings rechtlich in der Grauzone, berichtet ein Insider der Szene MDR SACHSEN. Es gebe auch Eingänge zu alten Stollen, die den Behörden nicht bekannt sind.
Welche Strafen drohen bei illegalen Erkundungen von Bergwerksstollen?
Ein Verstoß gegen die Hohlraumverordnung wird als Ordnungswidrigkeit gewertet. Bei Verstößen gegen die Verordnung drohen Bußgelder.
Auch weitere Verstöße sind möglich, etwa wegen Hausfriedensbruch, wenn es sich um ein Privatgrundstück handelt. Außerdem können "Schwarzbefahrer" gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen, wenn sie in der Schutzzeit der Fledermäuse zwischen Oktober und März in Winterquartiere der Fledermäuse eindringen. Hier drohen ebenfalls Bußgelder.
Wie werden ehemalige Bergwerksstollen gesichert?
Die Öffnungen der ehemaligen Bergwerksstollen, sogenannte Stollenmundlöcher, werden nach Angaben des Oberbergamtes Freiberg durch Gitter oder Mauern verschlossen und so gesichert.
Auch die Wismut hat alte Eingänge zu Bergwerken gesichert bzw. verschlossen. In der Vergangenheit sei es dabei immer wieder zu Vandalismus gekommen, wie ein Sprecher des Unternehmens sagte.
Warum sind "Schwarzbefahrungen" gefährlich?
Gefahren drohen laut Bergamt zum Beispiel aus falsch eingeschätzten Risiken aufgrund der geotechnischen Standsicherheit des anstehenden Gebirges. Aber auch der Absturz in Blindschächte, vorhandene Standwasserbereiche oder eine nicht genügende Bewetterung (Frischluftversorgung) seien weitere mögliche Gefahrenquellen.
Dennoch gebe es immer wieder illegale "Schürfe und Grabungen, um die Zugänglichkeit zum Altbergbau und Befahrungsmöglichkeiten herzustellen," so das Oberbergamt. In Frohnau hatte der vermisste "Schwarzbefahrer" laut Polizei ein Einstiegsloch gegraben, um in den alten Stollen zu gelangen.
Was ist über den alten Stollen bei Frohnau noch bekannt?
Der Kippenhainer Stollen stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert und ist dem Silberbergbau zuzuordnen. Im 18. Jahrhundert wurde dieser nochmals für den Abbau von Silber- und Kobalterz betrieben.
MDR (kbe)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 15. Oktober 2024 | 19:00 Uhr