Ratgeber Die Pilzsaison beginnt: Nachgefragt bei Pilzexpertinnen im Erzgebirge
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26. Juli 2023, 12:00 Uhr
Die Pilzsaison geht los. Pilz-Neulinge können vor vielen Fragen stehen, was denn da genau im Korb gelandet ist. Wer im Erzgebirgskreis sammeln gehen will, kann dafür kostenlos eine Beratung anfragen und die Ernte von Experten gegenchecken lassen. Welche Pilze es gerade schon zu finden gibt und wie man giftige von essbaren Pilzen unterscheidet, erklären zwei Pilzberaterinnen im Gespräch mit MDR SACHSEN.
- Die Pilzsaison hat begonnen. Von Juli bis Oktober wachsen viele Pilze im Wald.
- Aktuell wird die Ausbeute aber wohl mager ausfallen. Die Trockenheit der letzten Wochen hat auch den Pilzen nicht gefallen.
- Ob ein Pilz giftig ist oder nicht lässt sich nicht immer von außen beurteilen. Experten raten dazu, sich auf die Röhrlingsart zu fokussieren.
Für die Pilzexpertin Jana Colditz ist der letzte Pilzausflug nicht wie geplant verlaufen. "Ich bin vor Kurzem in einem Wald, wo ich eigentlich immer Pfifferlinge gefunden habe, komplett leer ausgegangen", erzählt sie. Die letzten recht trockenen Wochen scheinen ihre Wirkung zu zeigen.
Colditz ist seit fast 35 Jahren ehrenamtlich Pilzberaterin im Erzgebirgskreis. Eifrige Sammler können sich bei ihr melden und den eigenen Pilzkorb mitbringen, um jedes Exemplar auf Verträglichkeit und Geschmack überprüfen zu lassen. Insgesamt 20 offizielle Berater und Beraterinnen hat der Landkreis auf seiner Webseite zu stehen.
In der Hauptsaison zwischen Juli und Oktober habe sie insgesamt zwischen 60 und 100 Beratungstermine. In den letzten Jahren seien es mehr geworden. "Besonders in der Corona-Zeit hat es zugenommen. Da haben sich die Leute auf das Pilzsammeln besonnen, weil sie nicht in den Urlaub fahren konnten", sagt Colditz.
Diese Pilze gibt es aktuell zu finden
Wer sein Glück in den sächsischen Wäldern versuchen will, wird derzeit vor allem auf Rotkappen, Perlpilze, Pfifferlinge, Hexen-Röhrlinge, Fliegenpilze, Steinpilze und graue Wulstlinge treffen. Aber auch der ursprünglich aus Australien stammende Tintenfisch-Pilz und der braune Fliegenpilz sind mittlerweile im Erzgebirge und im Rest Sachsens keine Seltenheit mehr.
Viele Pilze mögen es warm und feucht, daher bedroht der Klimawandel viele heimische Sorten. Es lohnt sich deswegen, auf bestimmte Standortfaktoren zu achten. "Wenn man in trockenen Zeiten Pilze finden will, dann kann man sich an Senken halten, wo ein Bach fließt oder es ein bisschen sumpfig ist", erklärt Colditz.
Was der Ottonormalbürger unter Pilz versteht, ist jedoch eigentlich nur der Fruchtkörper. Das darunterliegende Geflecht im Waldboden namens Myzel macht den Großteil eines Pilzes aus. Bei großer Trockenheit kann sich das Myzel zurückziehen und bei Regen relativ schnell wieder Fruchtkörper entwickeln. Colditz verspricht deswegen: "Komplett ausfallen wird die Saison nicht."
Das unterscheidet einen giftigen von einem essbaren Pilz
Oberste Priorität beim Sammeln hat die Frage, ob die Pilze essbar sind oder Giftstoffe enthalten. Für Laien stehen verschiedene Handy-Apps zur Verfügung, die anhand eines Fotos abschätzen, um welchen potenziell ungenießbaren oder leckeren Pilz es sich handeln könnte.
"Wir raten immer davon ab, so etwas zu nutzen. Man fotografiert einen Pilz und die Fotografie ist nicht immer genau genug, um ihn zu identifizieren", sagt Angelika Tauscher, die seit rund zehn Jahren Pilzberaterin ist.
Laut Tauscher gebe es eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit bei solchen Apps. So ist der graue Schwefelkopf essbar, während der Verzehr des ähnlich aussehenden grünen Schwefelkopfs zu Erbrechen und Durchfall führt. "Man muss sich den Pilz ganz genau ansehen und auch seinen Geruch einschätzen können", sagt sie.
Anfänger sollten sich auf Röhrlinge beschränken
Laut Tauscher sollte man zudem nie Pilze vom Straßenrand oder von Wiesen aufsammeln. Die Myzelien würden Abgase, Pestizide oder Streusalz im Winter aufnehmen und damit die Fruchtkörper anreichern.
Bis heute werden bei einigen Pilzen, besonders in Bayern, erhöhte Strahlenwerte gemessen, die auf die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 zurückgehen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät unter anderem aus diesem Grund, dass ein Erwachsener pro Woche nicht mehr als 250 Gramm Wildpilze verspeisen sollte.
Pilzberaterin Colditz empfiehlt Anfängern, sich vor allem auf Röhrlinge wie Steinpilze oder Maronen zu beschränken. Diese erkennt man gut an ihren Röhren an der Hutunterseite. Röhrlinge sind meistens essbar, tödlich giftige Arten sind bisher nicht bekannt.
Für Colditz ist aber klar, dass man keine Experimente eingehen sollte. "Man sollte zugunsten der Gesundheit lieber auf einen Pilz verzichten, wenn man sich nicht sicher ist."
MDR (mad)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 25. Juli 2023 | 09:30 Uhr