Theaterarbeit Thespis Zentrum in Bautzen kämpft weiter um Fördermittel
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21. Januar 2025, 13:58 Uhr
Das Thespis Zentrum am Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen erhält für 2025 keine Fördermittel vom Land. Das Team muss ehrenamtlich weiterarbeiten. Dabei schätzt man die Arbeit des Zentrums inbesondere für seine Vermittlungsarbeit zwischen Geflüchteten und Einheimischen. So sehr, dass am Mittwoch der Förderpreis des Lessing-Preises an Thespis-Leiter Georg Genoux verliehen wird. Ein Umdenken in der Förderpolitik lässt dennoch auf sich warten.
- Der Freistaat Sachsen hat die Fördermittel für das Bautzener Thespis Zentrum gestrichen, vergibt aber den Lessing-Förderpreis an Leiter Georg Genoux.
- Seit 2018 bringt das Zentrum am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Geflüchtete und Einheimische zusammen.
- Trotz der prekären finanziellen Lage gibt es Pläne für die nächsten Monate.
Noch immer ist die Zukunft des Thespis Zentrums am Deutsch-Sorbischen Volkstheater nicht gesichert. Laut Leiter Georg Genoux wurden für das laufende Jahr keinerlei Fördermittel vom Freistaat Sachsen zugesagt. Gleichzeitig vergibt das Land am Mittwoch den Förderpreis des Lessing-Preises an ihn für seine Theaterarbeit. Die Auszeichnung ist mit 7.500 Euro dotiert.
Für eine große Gruppe von Menschen sei das Thespis Zentrum die einzige Möglichkeit für eine kulturelle und soziale Teilhabe in Bautzen, hob Genoux im Gespräch mit dem MDR hervor.
Thespis Zentrum arbeitet ehrenamtlich weiter
Aufgeben wollen die Mitabeitenden am Thespis Zentrum aber nicht. Bis andere Förderungen gefunden seien, würde das Team ehrenamtlich weiter machen, sagte Georg Genoux MDR KULTUR. "Das heißt aber nicht, dass das endlos so geht." Man arbeite mit Hochdruck daran, Folgefinanzierungen zu finden. Bisher standen dem Thespis Zentrum 200.000 Euro Förderung aus einem Integrationsprogramm des Sozialministeriums zur Verfügung.
Wir arbeiten mit Hochdruck zusammen mit unserem Intendanten Lutz Hillmann daran, dass wir Folgefinanzierungen finden.
Immerhin: Vom sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth kommt eine kleine Unterstützung, ebenso von der Amadeu Antonio Stiftung. Mit dem Vermieter der Räumlichkeiten ist eine Stundung der Miete vereinbart worden.
Theater bringt Geflüchtete und Einheimische zusammen
Das Bautzner Thespis Zentrum versucht mit Theater, Geflüchtete und Einheimische zusammenzubringen. Dafür wurde es 2020 mit dem Integrationspreis des Freistaates Sachsen ausgezeichnet.
Thespis-Leiter Georg Genoux betonte, dass durch das Zentrum Menschen in Kontakt kämen, die "wahrscheinlich sonst nie miteinander sprechen würden." Davon ausgehend hob er den Mehrwert für die Stadtgesellschaft hervor: "Durch diesen unmittelbaren Kontakt durch das Theater – Theater löst auch immer Empathie aus – kann man sehr viel erreichen für ein gutes Miteinander hier in Bautzen."
Thespis Zentrum essenziell für Bautzen
Ein großer Teil der Theaterarbeit seien die persönlichen Lebensgeschichten der Teilnehmenden, erklärte Thespis-Leiter Georg Genoux. Durch die Arbeit könnten sie sich als Helden statt als Opfer ihrer eigenen Biografien sehen. "In einer Stadt, wo so eine Spaltung stattfindet zwischen Menschen, ist ja das Thespis das einzige Zentrum, was nicht polarisiert", so Genoux.
Wir können die Menschen nicht links liegen lassen. Das würde alles einreißen, was wir bis jetzt gemacht haben.
Es gebe eine Verpflichtung, sich mit den Geflüchteten, die sich im Projekt engagierten und sich zum Teil gut integriert hätten, weiter auseinanderzusetzen, erklärte auch der Intendant des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters, Lutz Hillmann: "Wir können die nicht links liegen lassen. Das wäre ganz verheerend. Das würde alles einreißen, was wir bis jetzt gemacht haben."
Er fügt hinzu: Es wäre gar nicht möglich, das Zentrum von einem Tag auf den anderen zu schließen. Zu viele Kinder und Jugendliche hätten dort ihren Anker. "Das würde einen solchen Schaden anrichten, der ist gar nicht mit Worten auszudrücken."
Thespis Zentrum Das Thespis Zentrum ist das soziotheatrale Zentrum des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters in Bautzen. Es hat einen eigenen zweistöckigen Raum in der Goschwitzstraße im Zentrum von Bautzen. Dort werden seit 2018 interkulturelle Projekte mit Bautzener Bürgerinnen und Bürgern, Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere auch Geflüchteten unternommen. Seit sechs Jahren gibt es ihnen einen Raum, um anzukommen, sich einzubringen und auch sich abzulenken von oft schwerwiegenden Verlusten. Gefördert wurde es bisher von der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen.
Zukunftspläne gehen weiter
Trotz der unsicheren finanziellen Lage hat das Thespis-Zentrum Pläne für die Zukunft: Die Projektleitung wollte Georg Genoux in diesem Jahr eigentlich an drei Frauen abgeben, darunter Halimeh Ibrahim aus dem Libanon und Yana Humenna aus der Ukraine. "Eine Muslimin und eine Jüdin, das ist ja in der heutigen Zeit auch nicht selbstverständlich, dass Menschen auch aufgrund des Konflikts in Palästina so zusammenarbeiten. Dadurch wollten wir auch ein Zeichen setzen", so Genoux.
Außerdem soll ein begonnenes Projekt über Mobbing an Bautzener Schulen auf jeden Fall noch kommen. Viele Kinder mit Migrationshintergrund hätten ihm schreckliche Geschichten erzählt, wie sie von Schülern, aber auch von Lehrern aufgrund ihrer Herkunft beleidigt worden seien, berichtet Genoux: "Dazu werden wir eine Rap-Oper inszenieren und Ende des Jahres auf die Bühne bringen, was auch immer geschieht."
Haushaltslage bedroht Theaterarbeit in Sachsen
Insgesamt stellen die unsichere Haushaltslage und geplante Sparmaßnahmen die Kulturlandschaft in Sachsen vor große Herausforderungen. Der sächsische Landes-Doppelhaushalt liegt in diesem Jahr noch nicht einmal im Entwurf vor. Das hat auch für die Theater Konsequenzen.
Auf Anfrage von MDR KULTUR gab der sächsische Bühnenverein an, dass sechs Theater derzeit vor dem finanziellen Aus stünden. Betroffen seien die Theater in Plauen-Zwickau, Freiberg-Döbeln, Annaberg-Buchholz, Bautzen, Görlitz-Zittau und das Theater Chemnitz.
Quelle: MDR KULTUR, MDR SACHSEN (Michael Bartsch), Thespis Zentrum
Redaktionelle Bearbeitung: lm, hro
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Januar 2025 | 08:30 Uhr