Fußball-Oberliga Sportgericht prüft mutmaßlichen Rassismus-Vorfall in Bautzen
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03. Juni 2023, 07:00 Uhr
Das Sportgericht des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) hat einen mutmaßlichen Rassismus-Vorfall in Bautzen zu klären. Ein Spieler aus Neugersdorf soll von Zuschauern beleidigt worden sein. Die Begegnung in der Fußball-Oberliga zwischen Budissa Bautzen und dem FC Oberlausitz Neugersdorf hat damit ein unschönes Nachspiel, sagen Beteiligte.
- Auf der Müllerwiese in Bautzen soll es bei einem Fußballspiel zu einem Rassismus-Vorfall gekommen sein.
- Der Fußballverein Budissa Bautzen hat um Entschuldigung gebeten.
- Die Ergebnisse des zuständigen Sportgerichts in dem Fall werden in einer reichlichen Woche erwartet.
Daniel Olaoye spielt in Neugersdorf für den FC Oberlausitz. In der aktuellen Saison schoss der Spieler mit nigerianischen Wurzeln drei Tore für die Neugersdorfer und auch er fieberte dem Derby mit der lokalen Konkurrenz Budissa in Bautzen entgegen. Das Derby in der Fußball-Oberliga zwischen Budissa Bautzen und dem FC Oberlausitz lockte am 25. Mai fast 400 Zuschauer an. Doch dann soll es in der Müllerwiese in Bautzen anscheinend zu unschönen Zwischenfällen gekommen sein. Daniel Olaoye soll in der ersten Halbzeit von Bautzener Fans rassistisch beleidigt worden sein. Im Gespräch mit MDR SACHSEN sagte Olaoye, Fans hätten Affenlaute gemacht, als er am Ball war.
Der Teil der Fans, der Affengesänge machte, sollte sich schämen und angewidert sein.
"Seit ich in Deutschland lebe, habe ich so etwas noch nicht erlebt", erzählte der 26 Jahre alte Fußballspieler, der in London geboren wurde. Olaoye hatte sich auch an MDR SACHSEN gewandt, damit so etwas nicht wieder passiere. "Der Teil der Fans, der Affengesänge machte, sollte sich schämen und angewidert sein. Der Rassismus geht immer noch weiter. Leute wie sie sollten nicht im Fußball oder in der Gesellschaft sein", ist der Mittelfeldspieler überzeugt.
Budissa Bautzen lehnt Rassismus ab
Als die Vorwürfe bekannt wurden, reagierte Budissa Bautzen und bat auch im Namen der Fans bei Daniel Olaoye um Entschuldigung. Auf seiner Website schreibt Budissa Bautzen: "Als Verein stehen wir für Werte wie Respekt, Fairness und Gleichberechtigung. Rassismus und jegliche Form von Diskriminierung haben in unserer Gemeinschaft keinen Platz. Wir distanzieren uns auf das Schärfste von diesem Vorfall und möchten betonen, dass derartiges Verhalten nicht toleriert wird."
Budissa hat nach eigenen Angaben interne Untersuchungen eingeleitet, um den oder die Schuldigen unter den Fans ausfindig zu machen. Ihnen droht möglicherweise ein Stadionverbot.
Wir distanzieren uns auf das Schärfste von diesem Vorfall und möchten betonen, dass derartiges Verhalten nicht toleriert wird.
Für Olaoye ist dieses Statement nicht ausreichend: "Sie haben mir gesagt, dass die Fans ihres Vereins keine Rassisten sind, dass das nicht normal ist. Sie wollten, dass ich damit nicht an die Presse gehen. Aber wenn ich das nicht mache, ändert sich doch auch nichts." Er habe sich schon vor dem Vorfall nicht wohlgefühlt in Bautzen - und dieses Gefühl habe er nicht allein. Auch befreundete Sportler mit ausländischen Wurzeln teilten seine Einschätzung, sagt der Mittelfeldspieler.
Warum hat das Schiedsrichterteam nicht abgebrochen?
Rassistische Äußerungen und Aktionen verletzen nicht nur die betroffene Person, sondern schaden auch der gesamten Fußballgemeinschaft, erklärt Budissa Bautzen weiter. Normalerweise hätte das Schiedsrichterteam bei so einem Vorfall das Spiel abbrechen können. Das ist bereits in vergleichbaren Fällen geschehen. Doch offenbar haben weder Schiedsrichter noch weitere Verantwortliche den rassistischen Angriff bemerkt. Auf Nachfrage von MDR SACHSEN teilte das Team mit, dass man sich aufgrund eines schwebenden Verfahrens derzeit nicht äußern wolle.
Einen Spielabbruch wollte Olaoye nach eigenen Angaben nicht bewirken: "Ich will spielen! Aber ich will auch nicht so beleidigt werden. ich hätte mir gewünscht, dass der Schiedsrichter das Spiel unterbricht und die Fans zur Rede stellt, sie auffordert, damit aufzuhören." Er selbst sei nicht zum Schiedsrichter gegangen, allerdings hätten zwei seiner Mitspieler das Team um den Schiedsrichter informiert.
Sportgericht prüft den Vorfall
Inzwischen liegt der mutmaßliche Rassismus-Vorfall beim Sportgericht des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) in Berlin. Das Sportgericht teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN mit, derzeit würden Fotos der Begegnung ausgewertet. Außerdem seien Stellungnahmen eingefordert worden - sowohl von den beiden Mannschaften als auch vom Schiedsrichterteam.
Der Schiedsrichter Christian Schlömann, der das Spiel geleitet hat, ist in Sachsen kein Unbekannter. Er engagiert sich für den Fußballnachwuchs und kämpft gegen Rassismus in Fußballstadion. Die Aussagen aller Beteiligen werden vom Sportgericht geprüft. "In sieben bis zehn Tagen wird wahrscheinlich ein Ergebnis vorliegen", sagte Till Dahlitz vom NOFV.
Bisher keine Anzeige bei der Polizei
Eine juristische Aufarbeitung außerhalb des Sportgerichts ist derzeit noch nicht absehbar. Auf Anfrage von MDR SACHSEN teilte die Polizei mit, dass zu dem Vorfall bislang noch keine Anzeige eingegangen sei. Daniel Olaoye sagt dazu: "Ich habe bisher keine Anzeige erstattet, weil ich dem Verein die Möglichkeit geben wollte, den Schuldigen selbst zu finden. Aber es passiert bisher nichts. Ich habe keine Nachricht mehr bekommen." Er behalte sich deshalb vor, Anzeige zu erstatten.
Unschönes Saisonende für Neugersdorfer Spieler
Beim FC Oberlausitz in Neugersdorf bedauert man das unschöne Nachspiel. "Damit endet die Saison für Daniel Olaoye mit einen bitteren Beigeschmack", sagt Robert Simon von FC Oberlausitz. Ob der Mittelfeldspieler noch einmal in Bautzen in der Müllerwiese auf den Platz laufen wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Neugersdorfer sind nämlich in die Landesliga abgestiegen und derzeit ist noch unklar, ob Daniel Olaoye weiter für Neugersdorf spielen wird.
MDR (uwa/pri)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 02. Juni 2023 | 17:30 Uhr