DDR-Oldtimer 17-jähriger Hoyerswerdaer restauriert Trabi mit Liebe zum Detail

20. November 2022, 19:56 Uhr

"Der sieht ja aus, als wäre er gerade erst aus dem Werk aus Zwickau rausgerollt", bekommt Justin manchmal über seinen Trabant zu hören. Der 17-Jährige hat den Trabi mit viel Liebe zum Detail auf Vordermann gebracht. Auf dem Oldtimer-Teile-Markt in Bautzen sucht er nach Originalteilen für seinen Oldtimer und sein DDR-Motorrad vom Typ MZ ES. Er verrät, wie er Schnäppchen findet und warum ihm sein vierrädriger Oldtimer so viel bedeutet.

"Das einzige, was ich sage, ist, dass es schweinekalt ist", antwortet einer der Händler, während er zusammenpackt, auf die Frage, wie der Markt gelaufen ist - und fügt dann doch noch hinzu: "Es war heute eher verhalten". Das kalte Wetter hat am Sonnabend vielen Händlern das Geschäft vermiest, viel weniger Käufer als sonst sind zum Oldtimer-Teile-Markt in Bautzen erschienen. Doch Justin Wolf hat ein Lächeln im Gesicht, trotz Kälte. Der 17-Jährige ist zusammen mit seinem Vater im Trabi angereist. Durch das begleitete Fahren darf der Minderjährige schon jetzt ans Steuer. Für ihn hat sich die Tour aus Hoyerswerda gelohnt. Er hat zwei Originalteile aus DDR-Fertigung zu einem guten Preis ergattert: einen verchromten Seitenspiegel in Nierenform für sein Auto für 45 Euro und ein verchromtes Rücklicht für sein Motorrad MZ ES für 20 Euro.

Ich habe gesagt, der muss so werden wie der von Opa. Etwas anderes kommt für mich nicht infrage.

Justin Wolf 17-jähriger Trabi-Liebhaber aus Hoyerswerda

Im Internet wird teils deutlich mehr für vergleichbare Originalteile verlangt. Günstiger sind nachgebaute Teile aus China oder anderen Ländern zu haben, aber die sind bei vielen Liebhabern verpönt. Denn "dann verliert man das Original", sagt Rüdiger Wolf, Justins Vater, der das Hobby seines Sohnes unterstützt. Der Grund, warum Originalteile in gutem Zustand teuer gehandelt werden, liegt auf der Hand: Die Stückzahl ist limitiert, sie werden nicht mehr hergestellt. Die Nachfrage nach DDR-Oldtimern ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Vor allem die Kultmopeds und Motorroller der Marke Simson sind begehrt, aber zunehmend auch die einst verschmähten und oft voreilig entsorgten Trabis.

Emotionaler Grund fürs Hobby: Opa Herbert

Seinen Trabant 601 Deluxe, Baujahr 1979, hat Justin in den eBay-Kleinanzeigen in einem Nachbarort von Hoyerswerda entdeckt und für 2.000 Euro gekauft. Fast zwei Jahre lang hat er ihn liebevoll restauriert und nach seinem Großvater "Herbert" benannt. Das Auto hat für ihn auch deshalb einen hohen emotionalen Wert, weil es ihn an den verstorbenen Opa erinnert. "Ich habe gesagt, der muss so werden wie der von Opa. Etwas anderes kommt für mich nicht infrage". Das Auto hat er mit DDR-Gegenständen aus dem Nachlass des geliebten Familienmitglieds dekoriert: Ein Verbandskasten, Orient-Zigaretten, ein Wackeldackel, das Leipziger Messemännchen und diverse Abzeichen liegen auf der Hutablage unter der Heckscheibe. "Ich hab‘ halt eine enge Verbindung zu meinem Opa gehabt", erklärt der 17-Jährige.

Ältere Herren haben Tränen in den Augen

Wie gut ihm die Restauration gelungen ist, zeigen die Reaktionen von Passanten auf der Straße: "Der sieht ja aus, als wäre er gerade erst aus dem Werk aus Zwickau rausgerollt", sagen manchmal ältere Herren zu Justin. Vater Rüdiger ergänzt: "Die älteren Herrschaften haben manchmal sogar Tränen in den Augen, wenn sie so einen Trabi sehen, weil bei dem Anblick alte Erinnerungen hochkommen". Der Großvater, der mit seinem Trabi zu Lebzeiten Justins Interesse an dem Gefährt geweckt hat, wäre wahrscheinlich sehr stolz auf seinen Enkel.

Die älteren Herrschaften haben manchmal sogar Tränen in den Augen, wenn sie so einen Trabi sehen, weil bei dem Anblick alte Erinnerungen hochkommen.

Rüdiger Wolf Vater von Justin, unterstützt Hobby seines Sohnes

Seinen Trabi in diesen Zustand zu versetzen, sei aber sehr viel Arbeit gewesen, sagt der Jung-Bastler. "Manchmal würde ich am liebsten alles in die Ecke werfen, weil es mal nicht so funktioniert, wie es soll. Aber am Ende, wenn man es dann doch hingekriegt hat, freut man sich." Finanziell ist der Aufwand für den Auszubildenden zum Beton- und Stahlbetonbauer im ersten Lehrjahr hoch. Wieviel er schon in seinen Trabi investiert hat, weiß er nicht genau. "Bestimmt dreieinhalb bis viertausend Euro“, schätzt er.

Wert dürfte in den nächsten Jahren steigen

Unter seinen gleichaltrigen Bekannten hätten viele eine Simson, aber er sei der einzige, der einen Trabi restauriert hat, sagt Justin. Seine Freunde fänden sein Hobby cool und würden gerne mit ihm mitfahren, aber in seiner Klasse hätten sich auch einige Mitschüler darüber lustig gemacht. "So ein olles Pappauto hast du dir geholt“, hätten sie gesagt. "Aber ich lass' sie reden. Ich weiß, was ich hier stehen habe, ich weiß, wieviel Arbeit es gekostet hat", sagt Justin selbstbewusst und fügt hinzu: "Und die steigen auch im Wert, das muss man auch dazu sagen."

Nachfrage nach Simson und Trabi hoch

Die Zahl der Trabi-Zulassungen in den vergangenen Jahren ist gestiegen: Im Jahr 2021 waren laut Kraftfahrt-Bundesamt rund 38.000 Trabis zugelassen, 2015 waren es noch rund 33.000. Ein Händler auf dem Bautzener Markt bestätigt, dass die Nachfrage anzieht. "Zurzeit geht eigentlich alles gut weg, vor allem Simson und Trabant", sagt er. Ein anderer berichtet, dass die Nachfrage vor allem nach Simson und MZ hoch sei, aber auch nach Teilen für Trabant, Wartburg und Barkas würden die Kunden häufig bei ihm suchen.

Justin Wolf kennt sich durch sein Hobby gut aus, weiß, wie er günstig Ersatzteile von den Teilemärkten bekommt: Vor seinem Trabi hat er schon eine Simson S50 auf Vordermann gebracht und zuhause schraubt er noch an einem Motorrad aus dem Motorradwerk Zschopau, Modell MZ ES Baujahr 1966. Wie er auf einem Markt wie dem in Bautzen Schnäppchen findet? "Man muss natürlich suchen. Wir machen es immer so: Wir gucken, fragen nach, was es kostet und dann legen wir es erst mal zurück. Dann schlendern wir über den Markt und wenn wir das gleiche Teil irgendwo anders sehen, fragen wir auch dort nach dem Preis. Am Ende gehen wir zum Günstigsten und nehmen es mit oder verhandeln noch."

Justin verrät seine beiden Lieblingsmärkte

Justin war schon auf vielen ähnlichen Märkten. Am besten hätten ihm bisher der in Großgrabe bei Bernsdorf in der Oberlausitz gefallen und der in Torgau. "Da waren sehr vernünftige Händler." Manche Verkäufer auf anderen Märkten würden nämlich absurd hohe Preise verlangen.

Justin packt die heute erstandenen Schätze in den Kofferraum seines Oldtimers, steigt mit seinem Vater ein und dreht den Schlüssel im Zündschloss. Der Zweitakter knattert, die Luft riecht nach Abgasen, der Dackel fängt leicht an zu wackeln. Dann fährt der 17-Jährige am Steuer seines 43-jährigen Herbert zurück nach Hoyerswerda, wo er weiter schrauben wird.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um Zwei | 07. November 2022 | 14:00 Uhr

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