• Videoaufnahmen zeigen erstmalig die Grenzöffnung des geteilten Dorfes Böckwitz-Zicherie.
• Darauf zu sehen ist auch der Kunrauer Männerchor.
• Das Videomaterial wird zukünftig in die Dauerausstellung des Grenzmuseums integriert.

Ulrich Lange vom Grenzverein Böckwitz ist aufgeregt. Im Gepäck hat er nicht nur ein Anliegen, sondern auch eine Überraschung für 50 Männer, die heute Chorprobe haben. Sie gehören dem Männerchor Concordia Kunrau und dem Männergesangverein 1876 Jahrstedt/Germenau an und proben einmal im Monat gemeinsam.

"Liebe Sänger aus Kunrau und Jahrstedt, wir als Museumsverein Böckwitz, wir hatten ein ganz, ganz großes Problem", beginnt Ulrich Lange den Sängern zu erklären. Denn bislang gab es von der Grenzöffnung des geteilten Dorfes Böckwitz-Zicherie im November 1989 keine Aufnahmen. Es sei nicht erlaubt gewesen, in Böckwitz auf der Straße zu drehen, die Grenzanlagen zu fotografieren, die Filme zu entwickeln, erzählt Ulrich Lange weiter. Bei jeder Führung durch ihr Museum und mit jedem Besucher hätten die Museumsvereinsmitglieder darauf hingewiesen, dass sie nichts mehr suchten als Fotos und Videos vom geteilten Dorf.

Das Nachfragen habe sich gelohnt, so Ulrich Lange: "Wir haben im Sommer des letzten Jahres einen jungen Wolfsburger kennengelernt, der einen Videofilmer beerbt hat, der in den besonderen Tagen im November 1989 mit seiner Kamera durch Böckwitz und Zicherie gelaufen ist und die Emotionen und die Euphorie unserer Grenzöffnung gefilmt hat."

Das 25-minütige Material ist nun remastered, bild- und tontechnisch von hervorragender Qualität. Darauf zu sehen sei auch der Kunrauer Männerchor und damit auch einige der Sänger, die heute bei der Chorprobe anwesend seien.

Dann fährt Lange die Aufnahmen ab und im Saal wir es still. Die rund 50 Anwesenden sehen die bewegenden Bilder, lauschen dem Ton und schließlich auch dem Gesang von 1989. Damit haben die Sänger nicht gerechnet. Einige von ihnen haben damals vor 35 Jahren bereits im Männerchor mitgesungen.

Einer von ihnen ist Joachim Grabow: "Uns ging das ziemlich nahe gerade. Die Grenzöffnung sowieso und die Bilder noch mal zu sehen, wie das damals war. 35 Jahre ist das her." Dann wird seine Stimme brüchig. Neben ihm sitzt der damalige Chorleiter Horst Lorenz: "Wir haben dann sogar noch auf dem Kriegerdenkmal oben gestanden, damit wir richtig über der Menschenmasse stehen konnten", erinnert er sich.

Die Überraschung ist gelungen, aber Ulrich Lange hat noch ein Anliegen. Er wünscht sich für seinen Verein, dass die Sänger, die heute Abend proben, am Tag der Deutschen Einheit im Grenzmuseum zwei Lieder singen. "So ein Tag, so wunderschön wie heute" und das für die Region so wichtige "Drömlingslied" sollen erklingen, so wie es auf dem Videomaterial von vor 35 Jahren zu sehen und zu hören ist.

Am Feiertag soll der Film im Grenzmuseum Böckwitz-Zicherie zum ersten Mal in voller Länge der Öffentlichkeit präsentiert werden. Nach dieser Überraschung werden die Sänger aus Jahrstedt und Kunrau mit ziemlicher Sicherheit am 3. Oktober auch dabei sein. Geübt haben sie es jedenfalls sogleich.