Bauen, lachen, dazugehören Neuer Bauspielplatz in Salzwedel: Ein Platz für Kinder, die sonst keinen haben
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12. April 2025, 14:04 Uhr
Mit dem Kunst- und Bauspielplatz entsteht in Salzwedel während der Osterferien ein besonderes Ferien-Projekt. Er bietet Kindern aus Familien mit wenig Geld oder mit Flucht-Erfahrung einen Ort, um zu spielen und auszuprobieren – unabhängig von Herkunft oder Sprache. Einen ähnlichen Anlaufpunkt gab es bis vor Kurzem mit dem "Gläsernen Atelier" im Altmark Center.
- In Salzwedel entsteht in den Osterferien ein Kunst- und Bauspielplatz für Kinder aus herausfordernden Lebenssituationen.
- Zwischen Holz, Farbe und Erdbeer-Pflanzen entsteht ein Ort für Selbst-Wirksamkeit, Sprache und Zugehörigkeit.
- Die Zukunft vergleichbarer Angebote wie dem "Gläsernen Atelier" ist ungewiss – dabei wären sie dringend nötig.
Es riecht nach frisch gesägtem Holz, nach Kartoffeln vom Feuer – und ein bisschen nach Farbe. Über dem Gelände des AWO-Mehrgenerationenhauses in Salzwedel liegt in diesen Tagen eine besondere Energie. Kinder hämmern an Holzhütten, falten Papier, bemalen mit großen Pinseln riesige Staffeleien. Dazwischen werden Erdbeeren gepflanzt, Gemüse geschnippelt, Töpfe gerührt. Am Ende waschen die Kinder selbst ihr Geschirr ab.
Bauspielplatz in Salzwedel: Ein besonderes Ferien-Projekt
Willkommen auf dem Kunst- und Bauspielplatz, einem Ferien-Projekt, das weit mehr ist als eine Freizeitbeschäftigung. Dort entstehen Rückzugsorte aus Fantasie, Holz und Gemeinschaft – offen für alle, besonders für Kinder, die sonst kaum Platz haben. "Toll ist hier bauen und spielen", sagt Hassan Almwajeh. Der Elfjährige ist vor zwei Jahren mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet. In seiner kleinen Wohnung ist es oft eng. Auf dem Bauspielplatz aber gibt es Raum – und Menschen, die zuhören. "Mein Papa sagt, wir müssen auch Freunde finden. Und in der Schule sagen manche: Ausländer raus! Aber hier nicht."
Dass das Projekt so lebendig funktioniert, ist der Zusammenarbeit vieler zu verdanken: der Pfadfinder Salzwedel, dem Kunsthaus mit seiner Druck-Werkstatt, dem AWO-Mehrgenerationenhaus und der Projekt-Koordinatorin, Anne Buch. Ihr Ziel: Kindern und Jugendlichen einen Ort zu geben, an dem sie sich ausprobieren dürfen – unabhängig von Herkunft oder Sprache. "Die Mischung hier ist großartig", sagt Anne Buch. "Arabischstämmige Kinder, ukrainische, deutsche, aus Heimen, Tagesgruppen, oder einfach aus dem Viertel. Manche sind gerade erst angekommen, sprechen kein Wort Deutsch – und trotzdem lachen, basteln, bauen sie mit. Die anderen übersetzen. Es geht auch ohne viele Worte."
Mein Papa sagt, wir müssen auch Freunde finden. Und in der Schule sagen manche: Ausländer raus! Aber hier nicht.
Mietvertrag für "Gläsernes Atelier" gekündigt
Bis vor Kurzem hatte Salzwedel mit dem "Gläsernen Atelier" mitten im Altmark Center einen sichtbaren Anlaufpunkt für genau diese Kinder. Doch der Raum wurde zu laut, zu voll – der Mietvertrag kurzerhand gekündigt. Dabei war das Atelier nicht nur eine kreative Werkstatt, sondern ein Ort, um anzukommen. "Das war richtige Beziehungs-Arbeit", erzählt Anne Buch. "Manche Kinder haben sich langsam herangetastet, erst geguckt, dann ein Bild gemalt, dann geholfen. Jetzt sind sie hier. Und sie helfen beim Aufbau, zu kochen, übernehmen Verantwortung. Genau das brauchen sie."
Salzwedels Bürgermeister Olaf Meining will das Projekt "Gläsernes Atelier" nicht einfach aufgeben. "Ich bin beim runden Tisch dabei, um gemeinsam mit Stadt, Landkreis, Jugendamt und vielleicht auch dem Vermieter Lösungen zu finden", sagt Olaf Meining. Denn für ihn ist klar: "Solche Orte geben Kindern Halt – und uns allen eine Perspektive." Zudem habe die Stadt einen Förderantrag in der Pipeline, um das Mehrgenerationenhaus umzubauen und zu sanieren. Das sei schon lange Wille des Stadtrates. Das könnte auch Platz für das "Gläserne Atelier" bieten.
Offene Kinder- und Jugendarbeit wichtig für Integration
Auch Susann Meinicke vom Jugendamt des Altmarkkreises Salzwedel sieht in der offenen Kinder- und Jugendarbeit einen zentralen Pfeiler gesellschaftlicher Integration. "Gerade jetzt, nach Corona und im Konkurrenzkampf mit digitalen Medien, ist es unbezahlbar, wenn Kinder lernen, miteinander ins Gespräch zu gehen, sich auseinanderzusetzen, Konflikte auszuhalten," oder eben gemeinsam eine Erdbeer-Pflanze in die Erde zu setzen.
Bereits das "Gläserne Atelier", dessen Mietkosten das Jugendamt übernommen hatte, habe sehr viele Kinder und Jugendliche angezogen. Vom Runden Tisch mit allen Akteuren erhofft sich Susann Meinicke: "Dass wir deutlich machen zu können, welchen großen Mehrwert es für dieses Quartiers-Management hier hat, auch für den Standort Hansestadt Salzwedel und für die Kinder und Jugendlichen und die Familien insgesamt."
Solange das Wetter mitspielt, wird donnerstags nun auf dem Kunst- und Bauspielplatz weiter gebaut, gemalt, gepflanzt und gekocht. Doch was passiert im Herbst? "Unsere Hoffnung ist, wieder ins Altmark Center zurückzukehren – vielleicht weiter hinten, wo wir weniger stören, aber weiter sichtbar bleiben", sagt Anne Buch. "Denn was Kinder brauchen, ist nicht viel, nur Platz und jemanden, der hinsieht."
MDR (Carina Emig, Cornelia Winkler) | Erstmals veröffentlicht am 11.04.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. April 2025 | 19:00 Uhr
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