Ein Frau vor einer Wand mit Stellenangeboten 2 min
Geflüchtete Frauen finden trotz Fachkräftemangel seltener Arbeit als Männer. Ein Projekt der Caritas und die Agentur für Arbeit helfen bei der Jobsuche. Mehr dazu im Audio. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/Christian Ditsch
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Integration Hürden auf dem Arbeitsmarkt: Wie geflüchtete Frauen einen Job finden

23. März 2025, 16:56 Uhr

Trotz akuten Fachkräftemangels bleibt die Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen eine große Herausforderung. Während zwei Drittel der geflüchteten Männer eine Stelle finden, sind es bei Frauen nur 30 Prozent. Woran liegt das? Welche Hürden erschweren den Einstieg – und welche Rolle spielt das gesellschaftspolitische Klima?

"Wortsalat", sagt Olena Stankievych, greift nach ihrem Tee und verstummt. Sie möchte unbedingt fehlerfrei sprechen. Statt Fehler zu machen, sagt sie lieber nichts. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Januar 2022 sind 37.760 ukrainische Staatsangehörige nach Sachsen-Anhalt geflohen (Stand 2023). Olena ist eine von Ihnen. 

Sie ist ausgebildete psychologische Psychotherapeutin mit Schwerpunkt auf Krisenpsychologie, doch um in Deutschland arbeiten zu können, fehlt ihr noch das entsprechende Sprachniveau C1 und der Mut, die Sprache zu sprechen. Deshalb ist Sie zu Asami gekommen – ein Projekt der Caritas in Magdeburg und Halle, das geflüchtete Frauen bei der Jobsuche unterstützt

Das Gesicht einer mittelalten Frau, die braune kurze Haare hat und lächelt.
Olena Stankievych, Klientin bei Asami Bildrechte: Caritas Halle

Weniger geflüchtete Frauen in Arbeit als Männer

In den letzten acht Jahren haben zwei Drittel aller geflüchteten Männer eine Arbeit in Deutschland aufgenommen, aber nur 30 Prozent der geflüchteten Frauen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Diese Unterschiede spiegeln sich auch in Sachsen-Anhalt wider. Und das, obwohl dem Arbeitsmarkt hier 17.000 Fachkräfte fehlen.

Hinter der Jobsuche steckt mehr als nur eine Bewerbung 

Seit Projektbeginn in Jahr 2023 haben die Mitarbeiterinnen von Asami bereits 50 Frauen einen Job vermittelt – von insgesamt 450 Klientinnen. Aus Sicht von Projektleiterin Katja Rink ist das eine gute Quote.

"Manche Frauen kommen zu uns, weil Sie unbedingt einen Job wollen und wir stellen dann fest, dass es davor erstmal ein paar Schritte braucht, deshalb sind sie noch bei uns in Beratung, aber eben noch nicht im Job", erklärt Rink. Die Mitarbeiterinnen vermitteln die Frauen an Sprachkurse und bieten Empowerment-Kurse an, damit die Frauen sicherer werden und sich sozial vernetzen. 

Eine junge Frau mit langen Haaren und Brille sitzt an einem Tisch. 1 min
Katja Rink leitet das Projekt Asami der Caritas Magdebug Bildrechte: Chiara Swenson
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Integration auf dem Arbeitsmarkt: Sprache ist die größte Hürde 

Damit fokussiert Asami ein wichtiges Problem: Die Teilnahmequoten an Sprachkursen sind bei geflüchteten Frauen geringer. In Sachsen-Anhalt besuchen im Vergleich zu knapp 70 Prozent der Männer nur rund 30 Prozent der Frauen Sprachkurse (Stand 2024). Die Verteilung ist fast identisch zur Erwerbsquote und macht deutlich: Sprache ist ein Schlüssel zum Job.  

Geflüchtete Frauen sind jedoch oft stärker in familiäre Verpflichtungen eingebunden als Männer, wie Studien zeigen. Das beobachtet auch Julia Herzog, Sozialcoachin im Projekt Asami: "Wir sehen, dass insbesondere alleinstehende Frauen mit Kindern, wie beispielsweise die meisten Geflüchteten aus der Ukraine, Schwierigkeiten haben einen passenden Job zu finden." Das sei bei deutschen Frauen ähnlich. Man helfe den Frauen daher auch bei der Kitaplatzsuche und suche mit ihnen gemeinsam gezielt nach Teilzeitstellen. 

Anerkennung von Qualifikationen bleibt schwierig 

Neben Sprachbarrieren, familiärer Verantwortung und fehlenden Netzwerken gibt es eine weitere große Hürde: Struktur und Ausbildungsqualität unterscheiden sich oft je nach Herkunftsland stark. Eine Anerkennung ist schwierig und die Verfahren dauern lange. Sheyda Barzani (Name von der Redaktion geändert) ist studierte Toxikologin und musste vor fünf Jahren aus dem Iran fliehen. Seit 2023 kämpft Sie mit Hilfe der Asami-Mitarbeiterinnen für einen Arbeitsplatz in ihrem Bereich: 

Ich habe eine Bewerbung für einen Lager-Job geschrieben, aber sie haben gesagt, ich bin zu hoch qualifiziert. Andere aus meinem Arbeitsbereich haben gesagt, es ist okay, aber du kannst nicht gut genug Deutsch sprechen. Und andere haben gesagt, du passt perfekt, aber du hast nicht genug Erfahrung.

Sheyda Barzani Klientin im Projekt Asami

Arbeitgeber berichten von Unsicherheit und Mehraufwand

Immer mehr Arbeitgeber sehen die Einstellung von Geflüchteten als Chance, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Doch insbesondere für kleine und mittelständige Unternehmen ist der Mehraufwand bei der Einstellung ausländischer Arbeitskräfte schwer zu stemmen.  

Ein Sprecher, der Agentur für Arbeit Sachsen-Anhalt schreibt auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, der hohe Betreuungsaufwand und Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Anerkennung von Qualifikationen seien für manche Betriebe Gründe von einer Einstellung abzusehen. 

Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin im Bereich Handel, Tourismus, Dienstleistungen und Unternehmensführung der Industrie und Handelskammer (IHK) Magdeburg, bestätigt diese Hürden und ergänzt: "Natürlich spielt auch eine Rolle: Wie sicher ist der Aufenthaltstitel, den derjenige hat. Unsere Unternehmen möchten Stabilität: Wenn Sie sich für jemanden entscheiden, sollen Sie auch eine langfristige Perspektive bekommen." 

Portrait von mittelalter Frau mit braunen längeren Haaren und einem grünen Pulli mit Kragen.
Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin für Tourismus und Handel bei der Industrie- und Handelskammer Magdeburg. Bildrechte: Susanne Eva Dörrwand

Mehr Austausch zwischen Unternehmen und Geflüchteten  

An dieser Stelle versuchen die Mitarbeiterinnen von Asami zu helfen. Sie arbeiten sowohl mit der Arbeitsagentur als auch mit den lokalen Jobcentern zusammen, organisieren Events, um Unternehmen und geflüchtete Frauen zusammen zu bringen. Und wenn nötig führen Sie auch Sensibilisierungsgespräche mit Arbeitgebern.  

Natürlich verstehen wir, dass nicht jeder Arbeitgeber die sogenannte Muttischicht freihalten und auch nicht immer den Mehraufwand stemmen kann.

Annika Lösche Job-Coachin bei Asami

"Natürlich verstehen wir, dass nicht jeder Arbeitgeber die sogenannte Muttischicht freihalten und auch nicht immer den Mehraufwand stemmen kann", sagt Job-Coachin Annika Lösche von Asami. Doch der Mehraufwand könne sich auch lohnen, denn danach habe man eben eine qualifizierte Arbeitskraft mehr. 

Eine junge Frau mit dunklen Haaren blickt lächelnd in die Kamera
Annika Lösche, Jobcoachin im Projekt Asami Bildrechte: Chiara Swenson

Susanne Eva Dörrwand, von der IHK Magdeburg, weiß ähnliches zu berichten: "Im Nachhinein ist die Belegschaft froh über neue Arbeitskräfte, die Ihnen Arbeit abnehmen. Und wir bekommen auch gespiegelt, dass Unternehmen die Perspektivenvielfalt schätzen." 

Sachsen-Anhalt bisher noch Transitland für Geflüchtete

Trotz des Fachkräftemangels und der Bemühungen von Projekten, wie beispielsweise Asami, bleibt Sachsen-Anhalt für Geflüchtete bisher ein Durchreisestopp. Die Zahlen zeigen: Im Gegensatz zu anderen Bundesländern verlassen Geflüchtete nach kurzer Zeit das Land und lassen sich an anderen Standorten in Deutschland nieder. 

Der Leiter der Forschungsgruppe Migration, am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Herbert Brücker, sieht hier mehrere Ursachen. Geflüchtete gingen vorwiegend dahin, wo sie Familie, Freunde oder Bekannte sowie gute Chancen auf einen Job hätten. Das sei vor allem in urbanen Ballungsräumen der Fall.

Soziales Klima ist entscheidend

Zudem spielt das gesellschaftliche Klima laut Herbert Brücker eine entscheidene Rolle. Beim Thema Migration ist das jedoch schon länger aufgeheizt – und zwar bundesweit. Im Sondierunspapier von SPD und CDU ist von Zurückweisung von Asylbewerbern an den Landesgrenzen und verstärkten Abschiebungen die Rede. Aus Sicht von Susanne Eva Dörrwand von der IHK sind das schwierige Signale:

Bei aller Relevanz dieses Themas, wenn die Signale und die Zutrittsbarrieren für den deutschen Arbeitsmarkt immer höher werden, dann habe ich nicht das Gefühl, dass ich willkommen bin.

Susanne Eva Dörrwand IHK Magdeburg

Aus Sicht der Unternehmer sei das genau so. Wenn das Land oder das Bundesland nicht ausstrahlt, dass Geflüchtete willkommen seien, könne das auch zum Ausbleiben von Nachfrage führen, so die Geschäftführerin.

Für Olena Stankievych und Sheyda Barzani ist Sachsen-Anhalt jedoch zu einer zweiten Heimat geworden. Olena arbeitet nun als Betreuerin für Demenzkranke in Halle, bis sie das Sprachniveau erreicht hat, um wieder therapeutisch zu arbeiten. Und auch Sheyda hat mittlerweile einen Job als Bürokraft gefunden. Der hat zwar nichts mit ihrer Ausbildung zu tun, aber sie ist froh endlich angekommen zu sein. Zumindest solange wie ihr Aufenthalt gewährt wird.

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MDR (Chiara Swenson, Cynthia Seidel)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 23. März 2025 | 19:00 Uhr

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