Seit einem Jahr in Kraft Kastration von Freigänger-Katzen: Pflicht in Tangerhütte kaum umsetzbar
Hauptinhalt
10. Februar 2024, 16:47 Uhr
Die einen haben Mitleid, andere fühlen sich eher gestört oder gehen sogar aktiv gegen sie vor: Wilde Katzen, Streuner haben es in Sachsen-Anhalt nicht leicht. Und es werden immer mehr Tiere, weil die meisten von ihnen nicht kastriert sind. Das altmärkische Tangerhütte hat deshalb vor einem Jahr ihre Einwohner verpflichtet, eigene Freigänger-Katzen kastrieren zu lassen. Sind Fortschritte spürbar?
- Eine Tierschützerin verzweifelt an den vielen Freigänger-Katzen in Tangerhütte – trotz der Pflicht zur Kastration seit einem Jahr.
- Wer sich nicht an die Kastrationsvorgabe hält, dem droht eine Strafe von bis zu 5.000 Euro.
- In der Praxis kann das Ordnungsamt die neue Verordnung allerdings nicht kontrollieren.
Rotraud Buch wird von Monat zu Monat verzweifelter. Nun hat ihre Heimatkommune Tangerhütte vor einem Jahr die Katzenschutzverordnung erlassen. Aber die engagierte Tierschützerin mit dem großen Herzen und dem überbordenden Temperament muss konstatieren: "So schlimm wie 2023 war die Situation der Streuner noch nie. Unzählige Katzenwelpen, die vergiftet, angeschossen, mit Maden übersät, weggeworfen, entsorgt, dehydriert, in Pappkartons ohne Luftloch ausgesetzt."
Pflicht ist bei vielen nicht angekommen
All das erlebt sie in ihrer Heimatgemeinde, in Tangerhütte und den mehr als 30 Mitgliedsgemeinden. In den Köpfen vieler Menschen scheine diese neue Pflicht, ihre Freigänger-Katzen kastrieren zu lassen, nicht angekommen zu sein.
Oft stößt Rotraud Buch auf Ignoranz oder Desinteresse, wenn sie vor allem in den Dörfern mit den Menschen spricht. Viele sagen ihr, ihnen sei das zu teuer, ihre Freigänger-Katzen kastrieren zu lassen. Auch wenn Rotraud Buch darauf hinweist, dass da Tierschutzvereine helfen können – oft erhält sie eine Abfuhr.
Strafe von bis zu 5.000 Euro
Dabei würde es teuer für den Katzenbesitzer werden, wenn er seine Freigänger-Tiere nicht kastrieren ließe – wenn die Kommune die Schutzverordnung auch kontrollieren und durchsetzen würde. Wer in der Einheitsgemeinde Tangerhütte Katzen besitzt, die nach dem 1. August 2023 geboren wurden, und keinen tierärztlichen Nachweis der Kastration vorlegen kann, kann mit einer Strafe von bis zu 5.000 Euro belangt werden. Theoretisch.
Praktisch ist alles anders: Die Pflicht zur Katzen-Kastration bezeichnet Tangerhüttes Bürgermeister Andreas Brohm MDR SACHSEN-ANHALT gegenüber als "Nicht-Thema". Von Anfang an hätte man gesagt, das Ordnungsamt hätte keine Kapazitäten, um zu kontrollieren, ob Freigängerkatzen kastriert wurden oder nicht.
Tierschützerin Buch wird ständig um Hilfe gebeten
Stattdessen wird Rotraud Buch von Ortsbürgermeistern und Bürgern immer wieder um Hilfe gebeten. "Frau Buch, können Sie nicht mal hin? Da ist ein Haus abgebrannt. Da sind zehn unkastrierte Katzen, und das werden immer mehr. So ist Cobbel, so ist Weißewarte, so sind die ganzen Kaffs da. Auf jedem gibt’s jetzt so ein Theater!"
Da ändert auch die Katzenschutzverordnung nichts, die Tangerhütte vor einem Jahr beschlossen hat – als zweite Kommune in Sachsen-Anhalt.
Noch keine Bußgeldbescheide in Zerbst
Die erste war Zerbst. Die Ordnungsamtschefin dort, Kerstin Gudella, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man reagiere von Fall zu Fall. Zu Bußgeldbescheiden sei es noch nicht gekommen. Sie gehe davon aus, dass die Bürger sich nach der Katzenschutzverordnung richten.
Der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt und auch der Bundesverband Tierschutz fordern nun eine bundesweite Regelung. Bislang haben nur etwa 1.000 von 10.000 deutschen Kommunen eine entsprechende Verordnung. Die neue Tierschutzbeauftragte des Bundes, Ariane Kari, hat einen mahnenden Brief der Tierschützer um Rotraud Buch seit zwei Jahren unbeantwortet gelassen.
MDR (Katharina Häckl, Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Februar 2024 | 07:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/a7e0732c-745d-4624-bc84-98045f0e34e4 was not found on this server.