Innenstädte beleben Wie Staßfurt seinen Wochenmarkt künftig betreiben will

14. Oktober 2023, 13:05 Uhr

Obsthändler, Bäcker, Fleischer, aber auch Schuhe und Haushaltsgegenstände: Wochenmärkte gehören zu Innenstädten dazu. Doch das Einkaufsverhalten hat sich verändert. Den Händlern machen Nachwuchsmangel und steigende Preise zu schaffen. Staßfurt und Magdeburg wollen ihre Wochenmärkte künftig anders organisieren.

Tom Gräbe
Bildrechte: MDR/Fabian Frenzel

Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit auf mdr.de und in der MDR Aktuell App.

Handgemalte Schilder, Obst und Gemüse in leuchtenden Farben: Andrea Kuhne-Hätsch nennt ihren rollenden Gemüsestand Vitamin-Auto. Am späten Dienstagvormittag steht sie damit auf dem Benneckschen Hof in der Innenstadt von Staßfurt im Salzlandkreis. Vor dem Stand: Kundschaft. "Ach, ich treffe bei mir im Dorf keinen", winkt ein Standbesucher ab. "Hier treff' ich immer einen zum Erzählen", sagt er. "Um etwas Neues zu erfahren", fügt die Händlerin hinzu.

Kurz vor Mittag ist es. Auf dem Marktplatz stehen die Händler eher luftig aufgereiht. Ein paar von ihnen packen schon zusammen. Nur vereinzelt kommen noch Kunden vorbei, am Vormittag ist es voller.

Andrea Kuhne-Hätsch ist schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen. Fünf Uhr sei sie aufgestanden und habe das Vitamin-Auto bestückt, erzählt sie. Dann die Tiere versorgt und danach ist sie zum Wochenmarkt nach Staßfurt gefahren. "Und dann standen schon die ersten Leute vor dem Wagen." Viele Jahre mache sie das schon so.

Kunden kaufen auf Wochenmarkt weniger und gezielter ein

Eines fällt auf: Das Alter der Staßfurter Wochenmarkthändler. Viele sind schon seit Jahrzehnten dabei. Unter 40 dürfte niemand sein, der am Stand oder im Verkaufswagen steht. Nicht nur die Händler, sondern auch viele Kunden sind älter geworden. Und sie würden auch anders einkaufen, beobachten die Wochenhändler: weniger und gezielter. Das Geld sitze nicht mehr locker.

Die Preisentwicklung sei nicht mehr feierlich, sagt eine Fischhändlerin ein paar Stände weiter. Ute Knabe legt Heringsfilets und Backfisch auf Brötchen. Die Preise könne sie eigentlich nicht weitergeben. "Wenn ich mittlerweile im Einkauf das bezahle, wofür ich es vor einem Jahr oder vor anderthalb Jahren noch verkauft habe: Das geht nicht", sagt Knabe.

"Wenn ich mittlerweile im Einkauf das bezahle, wofür ich es vor einem Jahr oder vor anderthalb Jahren noch verkauft habe: Das geht nicht."

Es fehlt an Nachwuchskräften unter den Händlern

In Staßfurt trifft man sich am Mittag am Fischstand von Ute Knabe. Auch die Händler von den Ständen nebenan kaufen hier ein. Einerseits ist das praktisch, andererseits Nachbarschaftshilfe.

Dass der Markt leerer geworden ist, dafür gebe es Gründe, sagt Fischhändlerin Ute Knabe. "Die ganze Marktsituation hat sich verändert aufgrund dessen, dass viele Markthändler durch Corona aufhören mussten." Sie kenne einige, die sich andere Jobs gesucht hätten. Wenn Händler irgendwann aufhörten, gebe es keine Nachfolger. "Es will keiner mehr früh um 4 Uhr aufstehen und eben wirklich mal zehn, zwölf Stunden arbeiten", sagt Knabe.

Wenn Kunden fehlen, gehen die Händler

Die Fischhändlerin sagt außerdem: "Der Markt ist nur so gut wie seine Kunden." Und fügt hinzu: "Wenn ich immer nur komme und meckere und nichts kaufe, dann geht der Händler dahin, wo er noch Geld verdienen kann."

Der Markt ist nur so gut wie seine Kunden.

Ute Knabe Fischhändlerin

Auf dem Wochenmarkt in Bernburg würden Kunden auf einheimische Produkte achten, sagt eine Händlerin am dortigen Obststand. Und: "Sie kaufen einem kein Kilo ab, sondern zwölf Pflaumen oder 20 Pflaumen. So viel, wie sie brauchen."

Wochenmärkte können Innenstädte beleben

Mit ihrem oft regionalen Angebot passen Wochenmärkte eigentlich gut in die Zeit. Wolfgang Zahn kümmert sich bei der Agrarmarketinggesellschaft des Landes unter anderem um Direktvermarkter. Er spricht von Einkaufserlebnissen. Ein Beispiel sei der Feierabendmarkt in Gröningen in der Börde. Der finde am Nachmittag statt, mit Rahmenprogramm. "Es wird dort eingekauft, und es wird sich unterhalten und getroffen." Das sei die Zukunft, sagt er.

Wochenmärkte wie der in Staßfurt können dazu beitragen, Innenstädte zu beleben. Die Idee: Kunden fahren wegen des Marktes in die Stadt und gehen dann noch in umliegenden Geschäften einkaufen. "Hundertprozentig würde es laufen, wenn die Fläche, die wir haben, wieder voll belegt wäre", sagt Staßfurts Citymanager Stefan Bayer. "Das ist ein traditionelles und frisches Einkaufen."

Städte organisieren Wochenmärkte anders

In Staßfurt will die Stadt den Wochenmarkt künftig selbst organisieren. Seit 2006 übernimmt das ein Dienstleister. Die Standgebühren, die der Dienstleister verlangt hatte, sind nach Angaben der Stadt gestiegen. Corona und zuletzt die Preissteigerungen hätten dazu geführt, dass Händler weggeblieben sind, heißt es in einer Stadtratsvorlage. Der Markt soll attraktiver werden, unter anderem will die Stadt die Öffnungszeiten verlängern.

Auch die Stadt Magdeburg will ihre Wochenmärkte mit einer eigenen Wochenmarkt-Gesellschaft anders organisieren. Dafür hat der Stadtrat in dieser Woche den Weg frei gemacht.

Hier gibt es Obst und Gemüse aus der Region.
Wochenmärkte verkaufen oft Obst und Gemüse aus der Region. Bildrechte: Tom Gräbe

MDR (Tom Gräbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Oktober 2023 | 07:40 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/39d5746f-6770-4bf6-9ee9-6286a6cf0710 was not found on this server.

Mehr aus Salzlandkreis, Magdeburg, Börde und Harz

Mehr aus Sachsen-Anhalt