Martinskirche in Bernburg Archäologische Ausgrabungen: "Da muss man ein gutes Auge haben"

21. Juni 2023, 11:02 Uhr

Bevor ein Neubauprojekt in Bernburg beginnen kann, muss das Areal um die Martinskirche archäologisch untersucht werden. Bei den Ausgrabungen wurden bereits mittelalterliche Funde gemacht.

Susanne Reh, Redakteurin im MDR-Studio Dessau-Roßlau
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Stück für Stück frisst sich der große Bagger über das Gelände. Das Areal an der Bernburger Martinskirche ist etwa so groß wie ein Fußballfeld. Der Bagger nimmt den Archäologen um Grabungsleiter Martin Planert viel Arbeit ab. Denn erst in 1,30 Meter Tiefe finden sich erste Kellerreste. Vieles haben die Wissenschaftler schon freigelegt. Treppenstufen, Fundamente der Gebäude, auch ein Gewölbe kann man schon deutlich erkennen und Reste einer Holztür. Das alles sei bis jetzt nicht spektakulär, so Martin Planert, weil eher neuzeitlicher Herkunft. Also etwa aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Erst Ausgrabung, dann Neubauprojekt

Auf dem Gelände plant die Bernburger Wohnungsgenossenschaft ein Neubauprojekt. 20 Millionen will das Unternehmen auf dem einstigen Großparkplatz investieren. Entstehen soll ein Wohn- und Geschäftshaus, mit Supermarkt und auch Hotelappartements. Doch bevor der erste Spatenstich erfolgt, dürfen die Archäologen das Erdreich unter die Lupe nehmen. So sieht es das Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vor.

Besiedlung schon im Mittelalter

Zumal das Gelände an der Martinskirche in Bernburg wegen seiner Nähe zur Saale schon seit dem Mittelalter besiedelt ist, wahrscheinlich sogar noch länger, schätzt Planert. Er bedauert, dass der Investor von seinem ursprünglichen Plan, eine Tiefgarage zu bauen, abgerückt ist. Denn dann, sagt Martin Planert, hätten wir sogar in vier Meter Tiefe nach Spuren unserer Vorfahren suchen können.

Vor allem "Grauware" gefunden

Doch auch in 1,30 Meter Tiefe sind die Wissenschaftler fündig geworden. Vor allem im Erdreich unter dem Kellergewölbe. Das ist mit reichlich Material verfüllt worden, mit Scherben und mit Knochen. Alle Funde werden vorsichtig mit Spachteln frei gelegt und mit feinen Bürsten gesäubert. Das, was Martin Planert dann in den Händen hält, erkennt der Laie aber kaum als wertvolles Fundstück. "Das ist so genannte Grauware", erklärt der Experte, "also mittelalterliche Keramik – 14. bis 15. Jahrhundert. Man sieht, warum sie so heißt. Hier zum Beispiel ein Bandhenkel – das war mal der Henkel zu einer Kanne. Oder hier ein Topfdeckel, das ist noch der Griff." An einer anderen Stelle zeigt der Grabungsleiter auf Tierknochen und neuzeitliche Keramik, die bereits innen glasiert ist.

Martinskirche: eine besondere Ausgrabungsstelle

Für den Grabungsleiter und sein Team ist die Arbeit an der Martinskirche etwas Besonderes. "In erster Linie sind wir momentan auf dem freien Feld. Also sei es Straßenbau, Leitungsbau oder Tagebau-Rohstoffabbau. Das hier ist schon etwas anderes. In einer mittelalterlichen Stadt, die schon so lange besiedelt ist, ist es wesentlich anspruchsvoller für uns. Es gibt zahlreiche Schichten, es überlagert sich viel. Da muss man schon ein gutes Auge haben und ein bisschen Erfahrung", erklärt Planert.

Noch anderthalb Monate haben die Wissenschaftler aus Halle Zeit, sich durch das Bernburger Erdreich zu graben. Martin Planert erwartet noch viel mehr Funde. Alle Stücke werden geborgen, im Anschluss gewaschen, inventarisiert und landen dann im Depot des Landesamtes für Denkmalschutz in Halle. Dort stehen sie dann später zur weiteren Auswertung zur Verfügung.

MDR (Susanne Reh, Moritz Arand)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Juni 2023 | 08:30 Uhr

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