Erika Kluger, Rentnerin aus Heyrothsberge 1 min
Erika Kluger, 79 Jahre alt, sagt: "Es sollten nur diejenigen wirklich aufgenommen werden, die auch hier arbeiten wollen." Ihre Haltung hören Sie im Audio. Bildrechte: MDR/Daniel George
1 min

MDR SACHSEN-ANHALT Mi 05.02.2025 10:25Uhr 01:00 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/jerichow/audio-erika-kluger-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Vor Bundestagswahl Rentnerin über Migrationspolitik: "Es muss sich etwas ändern"

12. Februar 2025, 05:00 Uhr

Als Lehrerin half Erika Kluger früher bei der Integration von Migrantinnen und Migranten. Mit Erfolg und Freude, wie sie heute sagt. Die Stimmung habe sich allerdings verändert. Warum die Rentnerin aus Heyrothsberge vor der Bundestagswahl ein Umdenken in der Migrationspolitik fordert – und damit exemplarisch für viele in ihrer Altersgruppe steht.

MDR San Mitarbeiter Daniel George
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Früher war alles besser? Von solchen Plattitüden ist Erika Kluger weit entfernt. Aber: "Vieles war anders", sagt die 79-Jährige. Und: "Was die Migration angeht, ärgert es mich, wie sich die Dinge entwickelt haben."

Eigentlich genießt die Rentnerin aus Heyrothsberge ihren Ruhestand. So ganz unberührt lassen sie gewisse Debatten jedoch nicht. Früher war sie Lehrerin für Sport, Deutsch und Politik. "Deshalb interessieren mich politische Themen auch immer noch, deshalb verfolge ich die aktuellen Debatten sehr genau", sagt sie. "Und ich bin manchmal fassungslos. Einfach fassungslos."

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg und dem Attentat von Aschaffenburg bestimmt die Migrations-Debatte den Bundestagswahlkampf. Grenzkontrollen, Abschiebehaft oder Familiennachzug – auch in Sachsen-Anhalt wird darüber diskutiert. Kaum ein Thema polarisiert so wie Zuwanderung.

Laut dem aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers MDRfragt wünschen sich 89 Prozent der über 65-Jährigen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen eine stärkere Begrenzung der Asylzugänge. Das Meinungsbarometer ist nicht repräsentativ, aber aussagekräftig für die Stimmungen im MDR-Sendegebiet. "Die Menschen", sagt auch Erika Kluger, die exemplarisch für diese Altersgruppe steht, "berührt das alles sehr."

Asylzugänge stärker begrenzen - Zustimmung nach Altersgruppen
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es einen großen Wunsch, die Zahl der Asylsuchenden stärker als bisher zu beschränken. Das geht aus dem aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers MDRfragt hervor. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Rentnerin angepöbelt: "Was guckst du, Alte?"

Forderungen nach einer härteren Migrationspolitik wurden zuletzt immer lauter. Auch, wenn ein entsprechender Gesetzesentwurf der Union im Bundestag scheiterte: Die Debatte bleibt. "Ich verfolge alle TV-Shows, die sich mit dem Thema beschäftigen", sagt Erika Kluger. Für sie steht fest: "Es muss sich etwas ändern. Was hier abgeht, damit komme ich nicht klar. Es ist zu viel."

Zu viel Migration, meint sie. Nun sei es nicht so, dass ihre Meinung anhand von TV-Bildern entstanden sei. Nein, "ich sehe es doch oft selbst", sagt Kluger. Dann, wenn sie ein großes Magdeburger Einkaufszentrum durchquert, zum Beispiel. Mehrfach sei sie dort bereits von jungen, ausländischen Männern angepöbelt worden. Diese hätten unter anderem gesagt: "Was guckst du, Alte?" Und das ohne ersichtlichen Grund, erzählt die 79-Jährige.

Es muss sich etwas ändern. Was hier abgeht, damit komme ich nicht klar. Es ist zu viel.

Erika Kluger, Rentnerin aus Heyrothsberge, über Migration

Das Ergebnis: "Ich meide solche Plätze", sagt sie. "Genau wie große Ansammlungen von Menschen, wie zum Beispiel auf dem Weihnachtsmarkt. Nach dem, was da jetzt passiert ist, sowieso." Doch wenn sie mit dem Bus oder der Straßenbahn in die Stadt zum Einkaufen fährt, "sehe ich auch oft Dinge, die ich einfach nicht nachvollziehen kann", sagt sie.

"Schulklassen in Bussen, die unfassbaren Lärm machen und keinen Respekt mehr haben, wo kaum noch ein deutscher Schüler dabei ist", zum Beispiel. Die Rentnerin sagt: "Da sind viele einfach sehr frech und kennen keine Grenzen mehr. Das ist anders als früher."

Ehemalige Lehrerin: "Die meisten wollten lernen"

Erika Kluger spricht aus Erfahrung. Die 79-Jährige arbeitete früher als Lehrerin, erst in der ehemaligen DDR, später dann auch jahrelang in der Nähe von Köln. Sie erzählt: "An der Gesamtschule dort waren vielleicht 30 deutsche Schüler, der Rest hatte einen Migrationshintergrund – und das war eine große Schule mit etwa 1.000 Schülern insgesamt."

Anfang der 2000er Jahre war das. Die Schülerinnen und Schüler seien damals aus dem Iran, dem Irak, Afghanistan oder Marokko gekommen. "Die meisten von ihnen waren willig, sie wollten lernen", erinnert sich Erika Kluger. "Auch die allermeisten Eltern waren daran interessiert, dass ihre Kinder die Sprache lernen. Sie hatten ein Ziel und wollten hier arbeiten für ein besseres Leben. Das war dann auch für uns Lehrer ein sehr schönes Arbeiten."

Nachrichten

Vier deutsche Beamte der Bundespolizei im Frontex-Einsatz gehen während des Besuchs der deutschen Innenministerin Faeser an der türkisch-bulgarischen «Grünen Grenze» entlang. mit Video
Wenn es nach der MDRfragt-Gemeinschaft geht, soll die deutsche Bundespolizei lieber an den EU-Außengrenzen patrouillieren, um den Zuzug von Asylsuchenden zu begrenzen Bildrechte: picture alliance/dpa | Soeren Stache

Ehrenamtlicher Deutschunterricht für Familien

Später gab Kluger, gebürtig aus Wolmirstedt, ehrenamtlich Deutschunterricht für Migrantinnen und Migranten, teilweise für ganze Familien. Sie half so bei der Integration. Vor ein paar Jahren sei sie gefragt worden, ob sie nicht noch einmal als Lehrerin aushelfen wolle. "Das Gehalt wäre gut gewesen", sagt sie, aber: "Ich habe abgelehnt. Zum Glück."

Denn heute habe sie das Gefühl, dass der Respekt vieler Migrantinnen und Migranten vor der deutschen Gesellschaft gesunken sei. "Manche machen einfach, was sie wollen. Die nehmen uns nicht mehr ernst", sagt Kluger. "Gefühlt spitzt sich die Situation immer mehr zu. Ich habe das so gelernt, dass du arbeiten gehen musst, um dein Leben zu genießen, später dann auch im Alter. Aber einige kommen einfach hierher, kassieren Sozialleistungen und das war es. Sie leben auf unsere Kosten."

Klare Forderungen an neue Bundesregierung

Ihre Forderung an die neue Bundesregierung? "Wer kriminell wird, sollte abgeschoben werden", sagt Erika Kluger. "Außerdem sollten auch nur diejenigen wirklich aufgenommen werden, die auch hier arbeiten wollen." Und: "Der Familiennachzug sollte begrenzt werden. Teilweise werden ja minderjährige Kinder offenbar losgeschickt, nur damit dann die ganze Familie nachkommen kann. Ich würde mir einfach mehr Gerechtigkeit wünschen, gegenüber den alten Leuten, aber auch den jüngeren, die arbeiten gehen."

Damit meint die Rentnerin ausdrücklich auch ausländische Bürgerinnen und Bürger, die in Deutschland arbeiten. "Wenn ich sehe, dass viele auch arbeiten gehen, obwohl sie noch gar nicht richtig Deutsch sprechen oder es noch lernen, dann ist das doch toll", sagt die 79-Jährige. "Solche Menschen sind willkommen, können auch von unserem Bildungssystem beispielsweise profitieren. Und wir profitieren auch von ihnen, brauchen ja auch Fachkräfte. Aber für Leute, die nur nach Deutschland kommen, um herumzulungern und Sozialleistungen zu kassieren, dafür habe ich kein Verständnis."

"Das Schöne an unserer Demokratie"

Dass sich wirklich etwas verändert, darauf hofft Erika Kluger zwar, aber: "Im Moment überschlagen sich die Parteien ja, weil es um die Wahlen geht. Am Ende wird aber wohl wieder nichts passieren." Trotzdem: Die 79-Jährige wird nicht müde, ihre Meinung kundzutun. Und: "Das ist ja auch das Schöne in unserer Demokratie, dass du das darfst."

Erika Kluger lacht. "Früher in der DDR, in Staatsbürgerkunde war das anders, das war schlimm. Da durftest du nicht diskutieren." Mit einem Lächeln im Gesicht erinnert sie sich: "Mein Staatsbürgerkundelehrer hatte eine Glatze. Und die wurde immer schon ganz rot vor Empörung, wenn ich nur meine Hand gehoben habe." Früher war vieles anders.

Die MDR-Wahlarena vor der Bundestagswahl Nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl am 23. Februar. In der MDR-Wahlarena von FAKT IST! möchte der MDR am 12. Februar Orientierung liefern. Welche Themen bewegen die Deutschen am meisten? Und wie lauten die Antworten der Politikerinnen und Politiker? Dazu stellen sich den Fragen:

Tino Chrupalla, AfD
Torsten Herbst, FDP
Steffi Lemke, Grüne
Michael Lüders, BSW
Sepp Müller, CDU
Carsten Schneider, SPD
Bodo Ramelow, Die Linke

Im Live-Chat auf MDR.de können auch Sie Ihre Frage an unsere Gäste stellen. Sehen können Sie die Wahlarena am 12. Februar ab 20.15 Uhr im MDR-Fernsehen.

Mehr zum Thema Migration

Nachrichten

Vier deutsche Beamte der Bundespolizei im Frontex-Einsatz gehen während des Besuchs der deutschen Innenministerin Faeser an der türkisch-bulgarischen «Grünen Grenze» entlang. mit Video
Wenn es nach der MDRfragt-Gemeinschaft geht, soll die deutsche Bundespolizei lieber an den EU-Außengrenzen patrouillieren, um den Zuzug von Asylsuchenden zu begrenzen Bildrechte: picture alliance/dpa | Soeren Stache

Mehr zur Bundestagswahl in Sachsen-Anhalt

MDR (Daniel George)

Dieses Thema im Programm: FAKT IST! – Die Wahlarena | 12. Februar 2025 | 20:15 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/bf29d42c-4b39-478f-98c8-978957d7e70f was not found on this server.

Mehr aus Jerichower Land, Magdeburg, Salzlandkreis und Börde

Mehr aus Sachsen-Anhalt

BB_MBC21 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK