Bohrungen für Tunnel Wernigerode 2 min
Bei Wernigerode wird aktuell der Boden untersucht, damit später die Umgehungstraße gebaut werden kann. Mehr dazu auch im Audio. Bildrechte: Swen Wudtke
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MDR SACHSEN-ANHALT Mi 12.02.2025 08:01Uhr 01:59 min

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Gesteinsproben Tiefenbohrungen für mögliche Ortsumfahrung Wernigerode

12. Februar 2025, 12:27 Uhr

Wer in Wernigerode an der B244 wohnt, kann ein Lied vom zermürbenden Schwerlastverkehr singen. Holz- und Kalklaster donnern von morgens bis abends durch das schmucke Städtchen – eine Ortsumgehung sehnen deshalb viele herbei. Immerhin ist die im Bundesverkehrswegeplan 2030 als vordringlicher Bedarf eingeordnet. Und da kommt nun tatsächlich Bewegung in das Projekt "Fenstermacherberg-Tunnel", der den Oberharz direkt mit der A36 verbinden könnte – östlich an Wernigerode vorbei.

Swen Wudtke
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Schweres Gerät rattert im Gebrannten Eichental zwischen Wernigerode und Benzingerode (Landkreis Harz). Ein bisschen im Laubwald versteckt haben Ungetüme auf Gummiketten Position bezogen, Stahlseile winden sich um rotierende Rollen und braunes, schlammiges Wasser spritzt umher. An der Stirnseite einer jeden Maschine ragt ein Rohr in den Erdboden – nicht senkrecht im Lot, sondern geneigt. Und in diesen Rohren geht es zur Sache – kräftige Bohrer fressen sich in die Tiefe der Harzer Unterwelt.

Bohrungen für Tunnel Wernigerode
Mit schwerem Gerät wird bei Wernigerode in die Erde gebohrt, um geologische Untersuchungen im Rahmen der geplanten Ortsumgehung durchzuführen. Bildrechte: Swen Wudtke

Bohrkerne aus bis zu 250 Meter Tiefe

Nein, den geplanten Straßentunnel stechen die Maschinen nicht durch den Fenstermacherberg. Ihre Aufgabe besteht darin, Bohrkerne aus bis zu 250 Meter Tiefe ans Tageslicht zu holen. Denn hier verläuft die sogenannte Harznordrandstörung, eine geologische Störung. Sie ist in etwa vergleichbar mit der oberirdischen Teufelsmauer, doch unterirdisch seien die Felsen nicht so stabil, eher schräg verkantet und zerklüftet, meint Stephan Reiche von der zuständigen Landesstraßenbaubehörde (LSBB). "Diese Störungszone könnte uns beim Tunnelbau Schwierigkeiten bereiten beziehungsweise die Gründung des Tunnels und seiner Bauteile müsste darauf abgestellt werden", erklärt der Fachmann für Brücken- und Ingenieurbau.

Gerade spuckt eine der gewaltigen Bohrmaschinen einen weiteren Bohrkern aus, etwa handbreit und zwei Meter lang. Weniger massiv an einem Stück, sondern Fragmente unterschiedlichster Farbtöne kommen zum Vorschein. Penibel wird die Bodenprobe aus 38 Metern Tiefe in eine längliche Holzverschalung gelegt, gleich neben die anderen Gesteinskerne. Und sogleich nimmt Geologin Nadine Wittig das Material mit ihrem fachmännischen Blick unter die Lupe. "Wir sehen hier am Bohrkern die Grauwacke, die entfestigt ist. Und wir haben in den untersten Abschnitten dann schon den Übergang zum stark verwitterten Tonstein, der den Bundsandstein repräsentiert". Mit Grauwacke sind bestimmte Sandsteine gemeint.

Bohrkerne werden katalogisiert und analysiert

Nach ihrer ersten Begutachtung werden sämtliche Bohrkerne katalogisiert und zur weiteren Analyse ins Labor geschickt. Mit den fels- und bodenmechanischen Untersuchungen ist die deutschlandweit agierende Dr. Spang GmbH beauftragt, die auch in Naumburg (Burgenlandkreis) einen Standort unterhält. "Da müssen wir natürlich im Zuge des Gutachtens geotechnische Kennwerte festlegen", erläutert Nadine Wittig, wonach Gründungsempfehlungen für den Tunnel gegeben werden könnten.

Bevor es für die Bohrkrone wieder in die dunkle Tiefe geht, untersucht Kai-Uwe Koch deren Aufsätze. "Das sind polykristalline Diamanten, die als kleine Scheiben angeordnet sind", sagt der Chef der Bohrgesellschaft Roßla aus Berga (Landkreis Mansfeld-Südharz) am Kyffhäuser. "Das Gebirge wird durch diese Diamanten aufgemahlen. Und das nach unten gedrückte Wasser presst den Bohrkern durch Hohlbohrer und Strang nach oben", beschreibt Koch das Verfahren.

Bohrungen für Tunnel Wernigerode
Kai-Uwe Koch mit einer Bohrkrone Bildrechte: MDR/Swen Wudtke

Durch die Bohrungen erhofft sich Stephan Reiche von der LSBB auch aufschlussreiche Erkenntnisse über Grundwasserstände. Denn man müsse auch schauen, dass man "diesen Tunnel, der ja auch wasserdicht ist, entsprechend entwässert."

Bohrungen bis Ende Februar und im September

Bis Ende Februar wird es am möglichen Nordportal des Tunnels – in Sichtweite zur Autobahn 36 – noch Tiefenbohrungen geben, ab September dann entlang der Trasse über den Fenstermacherberg bis hin zum Südportal im Bereich der großen Pferdekoppel. Reiche geht davon aus, dass ab etwa "2027 die Genehmigungsplanung erfolgen kann." Das bedeute, dass die Unterlagen dann den Umweltbehörden vorgelegt werden müssten und im Planfeststellungsverfahren "die Bürger die Möglichkeit bekommen, zum Tunnelprojekt Stellung nehmen zu können."

Bohrungen für Tunnel Wernigerode
Geologin Nadine Wittig mit einem Bohrkern Bildrechte: Swen Wudtke

Brigitte Tannert jedenfalls freut sich über die Probebohrungen, kämpft sie doch seit Jahrzehnten in einer Bürgerinitiative für ein Wernigerode ohne Schwerlastverkehr. Und wohnt sie doch direkt an der Bundesstraße 244, wo von morgens bis abends die schweren Laster vorbeidonnern. In ihr steigt nun die Hoffnung, die vielen Jahre nicht vergeblich daran gearbeitet zu haben.

Langer Kampf für die Ortsumgehung

"Denn das ist wirklich ein Stück Lebenszeit, um diese Ortsumgehung möglich zu machen", blickt Brigitte Tannert zurück. Ein möglicher Baustart für die aktuelle Vorzugsvariante für die B244n an Wernigerode vorbei wird frühestens 2034 anvisiert. Und bis der Verkehr dann tatsächlich durch den Fenstermacherberg rollen kann – die 81-jährigige Dame nimmt es mit einem Schmunzeln: "Ich werde das bestimmt nicht mehr erleben."

MDR (Swen Wudtke, Mario Köhne)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Februar 2025 | 12:40 Uhr

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