Neue Produkte nach Insolvenz So will "Halberstädter Würstchen" wieder erfolgreich werden
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11. Februar 2025, 16:44 Uhr
Die Traditionsmarke "Halberstädter Würstchen" hat große Pläne für die Zukunft. Durch neue Produkte will das in Insolvenz geratene Unternehmen wieder erfolgreich werden und sich zudem international vermarkten. Dabei sollen auch Geflügelwürstchen helfen – und ein Fleischermeister aus Schwaben, der neuer Geschäftsführer wird. Die Würstchen-Fabrik in Halberstadt gibt es bereits seit 1883.
- Die Würstchen-Fabrik in Halberstadt war die erste, die vor weit mehr als 100 Jahren Wurst in Konserven herstellte.
- Der Traditions-Betrieb "Halberstädter Würstchen" musste in den vergangenen Monaten gleich zwei Mal Insolvenz anmelden.
- Um wieder erfolgreich zu werden, sollen neue Produkte aus Geflügel, dazu Suppen, Eintöpfe und Fertiggerichte produziert werden.
"Halberstädter Würstchen" waren schon zu DDR-Zeiten wahre Renner, wenn auch oft nur unter dem Ladentisch. Doch die Geschichte der geräucherten Brüh-Würstchen geht noch viel weiter zurück. Als Jungunternehmer gründete Friedrich Heine im Jahre 1883 eine Würstchen-Fabrik in Halberstadt. Sie soll seinerzeit die größte in ganz Europa gewesen sein.
Einer seiner Großaufträge scheint 1896 zum Verderben verurteilt – sollte Firmengründer Heine doch die feierliche Gesellschaft zur Eröffnung des Kyffhäuser-Denkmals beliefern. Als die verschoben werden muss, stopft er seine Würstchen kurzerhand in Konserven. Und somit gilt Friedrich Heine als Erfinder der Dosenwurst.
142-jährige Firmengeschichte in Halberstadt
All diese Geschehnisse um den Werdegang des Halberstädter Würstchens zeigt auch heute noch ein kleines Museum am Firmensitz – jener Ort, an dem die Firmenleitung nun die Zukunft des Unternehmens präsentiert hat. Tradition verpflichtet, könnte man meinen. Aber klar ist auch, allein mit Tradition wird eine Neuausrichtung nicht zu stemmen sein.
In der inzwischen 142-jährigen Firmengeschichte gibt es immer wieder Höhen und Tiefen. Doch zuletzt häufen sich Liquiditäts-Probleme, vor allem, als im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die Beschaffungs-Preise für Fleisch und Energie förmlich explodieren.
Und als dann noch ein Großkunde wegbricht, muss die Unternehmensleitung Ende 2023 die Reißleine ziehen. Die Unternehmerfamilie Nitsch wickelt die betroffene Tochterfirma ab und überträgt den Geschäftsbetrieb in eine neu gegründete Gesellschaft, die Halberstädter Konserven GmbH. Doch auch dieser Produktionsbetrieb gerät nach nur etwa einem Jahr in finanzielle Schieflage – das ist der Status quo um die Unternehmensgruppe "Halberstädter Würstchen".
Firmenleitung präsentiert Zukunft von "Halberstädter Würstchen"
Inmitten des kleinen Museums am Firmensitz geht es am Montag, den 10. Februar, ans Eingemachte – buchstäblich also um die Wurst. Silke Erdmann-Nitsch und Stefan Nitsch von der Unternehmerfamilie wollen der geladenen Presse darlegen, wie der Weg aus der Krise bewältigt werden kann. Und an ihrer Seite sitzt Wirtschafts-Jurist Nico Kämpfert, der den Betrieb im sogenannten Schutzschirm-Verfahren betreut und berät.
Die ins Wanken geratene Halberstädter Konserven GmbH soll bestehen bleiben, künftig "geführt von einem neuen Geschäftsführer", so Unternehmerin Erdmann-Nitsch. Dabei handele es sich um Peter Halder, einen "ausgewiesenen Fachmann für Produktion und Vertrieb".
Und Silke Erdmann-Nitsch ergänzt: "Der gebürtige Schwabe ist gelernter Fleischermeister und kann mit reichlich Sanierungs-Erfahrung aufwarten – genau das, was wir brauchen." Dass Herr Halder seiner eigenen Vorstellung nicht beiwohnen könne, begründet sie mit noch nicht ausgelaufenen Vertragsverpflichtungen seinerseits. Er solle in Halberstadt jedoch bereits in den nächsten Wochen anfangen.
Neue Produkte: Suppen, Eintöpfe und Fertiggerichte
Wirtschafts-Jurist Nico Kämpfert spricht von einer modernen Marken-Offensive, die jetzt zünden müsse. "Das Unternehmen hat in den letzten Jahren zu wenig in die Marke investiert." Deshalb müssten jetzt moderne Wege auch in der digitalen Marken-Kommunikation bedient werden. "Und das Unternehmen muss sein Sortiment breiter fassen", erläutert Kämpfert mit Blick auf Konserven aller Art neben dem Podium.
Und diese Gläser verraten, wenn es um die Wurst geht, sollen die berühmten Würstchen aus dem Landkrreis Harz Schützenhilfe bekommen, damit es für sie künftig nicht mehr um die Wurst geht. "Mit Suppen, Eintöpfen und Fertiggerichten haben wir gute Erfahrungen gemacht", resümiert Silke Erdmann-Nitsch. Die Nachfrage bei Handel und Verbrauchern sei jedenfalls vorhanden.
Mehr Geflügel und Bekanntheit im Ausland
"Wir werden uns im Geflügel-Bereich sehr stark aufstellen. Und wir haben auch vor, Halal-Würstchen für den deutschen Markt und für den Export zu produzieren", unterstreicht Erdmann-Nitsch ihre Zukunftsvisionen. Auch im Ausland wolle man bekannter werden.
Sie sind und bleiben unser Aushängeschild.
Man habe hierzulande zudem eine "Supermarkt-Kette im Auge, um deren Eigenmarken zu produzieren", was aber noch nicht in trockenen Tüchern sei. Auch wenn die Produktpalette aus dem Hause "Halberstädter Würstchen" aufgestockt werde; die kamin-geräucherten und gereiften Stars "bleiben unser bester Schatz", schwört Erdmann-Nitsch auf die Halberstädter Würstchen. "Sie sind und bleiben unser Aushängeschild."
Silke Erdmann-Nitsch selbst möchte künftig dem Werk ihres Vaters mit Standorten in Niedersachsen und Halberstadt mehr zur Seite stehen. Der Kaufmann und Fleischermeister Ulrich Nitsch aus Lehrte hatte Anfang der 1990er-Jahre den ehemaligen VEB Halberstädter Fleischwaren übernommen, in den Folgejahren saniert und so das Halberstädter Würstchen gerettet.
Keine Entlassungen geplant
Bei allem, so versichert Silke Erdmann-Nitsch weiter: "Alle Mitarbeiter in der Halberstädter Konserven GmbH behalten ihren Job – auch, wenn in einigen Wochen der neue Geschäftsführer an Bord kommt." Derzeit beschäftigt das Unternehmen nach eigenen Angaben insgesamt 150 Mitarbeiter.
Klingt zunächst alles sehr vielversprechend, was die Zukunft der Traditionsmarke "Halberstädter Würstchen" und den Standort im Landkreis Harz angeht. Ende Januar hatte der Insolvenzverwalter bereits im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT Entwarnung gegeben. Das Unternehmen befinde sich auf einem "sehr, sehr positiven Weg." Ob Gläubiger im sogenannten Schutzschirm-Verfahren Ansprüche stellen oder, ob das Unternehmen tatsächlich die Kurve kriegt, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.
MDR (Swen Wudtke, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 10. Februar 2025 | 14:00 Uhr
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