Aufforstung im Bodetal Forstbetrieb kämpft um Erhalt der Eibe
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10. August 2024, 17:47 Uhr
Einst war die Eibe im Harz weit verbreitet, doch nach dem Mittelalter reduzierte sich der Bestand. Nun soll sich die Baumart wieder ausbreiten. Dafür setzt die Forstwirtschaft auf Vermehrung und Neuanpflanzung in einer Gen-Plantage, was jedoch nicht so einfach ist.
- Einst war die Eibe die vorherrschende Baumart im Harz. Im Mittelalter wurde die Baumart für den Bau von Bögen benutzt, der Bestand ging zurück.
- Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff informierte sich über die Aufforstung im Bodetal.
- Die Baumart gilt als Überlebenskünstlerin: Sie wächst in Felsspalten und schützt vor Steinschlag und ist unempfindlich gegenüber Trockenheit.
Im Harz wachsen Fichten, Lärchen und jede Menge Laubbäume, klar! Was aber viele nicht wissen: Früher gab es im Harz auch ganz viele Eiben. Bis zum Mittelalter war sie sogar eine der vorherrschenden Baumarten. Reste gibt es noch im Bodetal – es ist eins von nur sieben größeren Vorkommen in Deutschland. Doch die Eibe soll nicht aussterben. Forstleute im Harz forcieren Vermehrung und Neuanpflanzungen, was jedoch nicht so einfach ist.
Eibe war vorherrschende Baumart
Wildromantisch präsentiert sich das Bodetal zwischen Thale und Treseburg. Rechts und links schroffe Felswände, darunter der Fluss. Wer hier unterwegs ist, muss schon genau hinschauen, um zu erkennen, dass er durch eines der größten zusammenhängenden Eibenvorkommen Europas wandert. Die Bäume mit ihren dunkelgrünen weichen Nadeln quetschen ihre knorrigen Wurzeln in enge Felsspalten und verstecken sich hinter Laubbäumen und Felsblöcken.
Das Bodetal sei das ideale Rückzugsgebiet für diese Baumart, sagt Hans Christian Schattenberg, der Leiter des zuständigen Forstbetriebs Ostharz des Landesforstbetriebes Sachsen-Anhalt. Die unzugänglichen schroffen Felswände verhinderten wahrscheinlich eine Abholzung. Die Eibe ist die älteste Baumgattung Europas. Sie war auch im Harz einst weit verbreitet und gehörte hier sogar zu den vorherrschenden Baumarten.
Das änderte sich im Laufe des Mittelalters. Weil das Holz der Eibe sehr fest und trotzdem sehr elastisch ist, wurde es exzessiv für den Bau von Bögen und Armbrüsten benutzt. Nachpflanzen lohnte sich scheinbar nicht, weil die Eibe extrem langsam wächst. Das war auch der Grund, wieso sich die Forstwirtschaft nie für diese Baumart interessierte.
Die Eiben im Bodetal hätten zumeist die Form von Bäumen, freut sich Forstmann Schattenberg. Das sei eine Besonderheit. Viele Eiben, die zur Zierde in Park oder auf Friedhöfen angepflanzt wurden, sehen eher aus wie Büsche.
1.000 Jahre alte Humboldt-Eibe wächst Harz
Auch eine der ältesten Eiben überhaupt steht hier, in einem unzugänglichen Seitental. Weit über 1.000 Jahre alt ist die Humboldt-Eibe, die so heißt, weil der Universalgelehrte Alexander von Humboldt (1769-1859) vor über 200 Jahren extra ihretwegen ins Bodetal gekommen sein soll. Jedenfalls hatte er sie damals beschrieben und auf ein Alter von 4.000 Jahren geschätzt. Heute schätzen Fachleute das Alter der Humboldt-Eibe vorsichtig auf 1.000 bis 1.500 Jahre.
Seit einigen Jahren weiß man beim Forstbetrieb auch ganz genau, wie viele Eiben im Bodetal wachsen. Genau 883 Exemplare hat Jenny Schneidewind im Bodetal gezählt, als sie im Rahmen ihrer Bachelorarbeit die Eiben im Forstbetrieb erfasste. Sie sei sehr beeindruckt von den Bäumen. Der Bestand wirke sehr vital, und sollte ihrer Meinung nach gefördert werden.
Neue Eibenbäumchen auf Gen-Plantage
Genau das will man auch im Forstbetrieb Ostharz. Im Jahr 2002 war deshalb eine so genannte Gen-Erhaltungsplantage für Eiben angelegt worden. Gut versteckt in einem etwas unzugänglichen Waldgebiet oberhalb des Bodetals wachsen eingezäunt Eibenpflanzen. Damit solle das genetische Potential bewahrt werden. Aus den in der Plantage gewonnenen Samen sollen neue Eibenbäumchen herangezogen und dann gepflanzt werden.
Über die Eibenplantage informierte sich kürzlich auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Der war im Harz unterwegs, um Neues über Wiederaufforstung und Samengewinnung zu erfahren. Dass auch die Eibe dabei eine Rolle spielt, war ihm neu.
Doch er erfuhr auch, wie mühsam es ist, in der Eibenplantage Samen zu gewinnen. Nach zwei Jahrzehnten sind die Eiben gerade mal einen halben Meter hoch, und: Nur ein Drittel der im Jahr 2002 gepflanzten 627 Setzlinge überlebte überhaupt. Bei einer Inventur nach zehn Jahren standen noch 215 Pflanzen. Das bedeutet einen Verlust von 65 Prozent.
Schattenberg: "Das ist doch eine schöne Baumart, und sie gehört hierher."
Doch aufgeben sei keine Option. Die Eibe soll sich im Harz wieder stärker ausbreiten, so Forstmann Hans Christian Schattenberg. Ganz bewusst würden in seinem Bereich junge herangezogene Eiben aus der Region gepflanzt, vorzugsweise an Waldrändern. Schattenberg: "Das ist doch eine schöne Baumart, und sie gehört hierher."
Die Eibe ist eine Überlebenskünstlerin. Sie wächst in Felsspalten und schützt so vor Steinschlag, und Trockenheit macht ihr wenig aus – eigentlich ganz gut für die Harzer Wälder der Zukunft.
MDR (Carsten Reuß, Hanna Kerwin)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 10. August 2024 | 07:10 Uhr
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