Kritik an Ausländerbehörden "So wird es schwierig, internationale Fachkräfte für Sachsen-Anhalt zu begeistern"
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25. September 2022, 12:58 Uhr
Sachsen-Anhalts Ausländerbehörden stehen massiv in der Kritik. Waseem Aleed ist Vorsitzender des Ausländerbeirates in Halle und engagiert sich beim Landesnetzwerk für Migrantenorganisation. Ihm werden immer wieder Probleme geschildert. Im Interview spricht er über die Angst vor Ungleichbehandlung im Zuge der Intel-Ansiedlung, Auswirkungen auf die Willkommenskultur und erklärt, was hoffen lässt.
- Keine Kontaktmöglichkeiten und stark verzögerte Bearbeitung von Anliegen: Sachsen-Anhalts Ausländerbehörden stehen massiv in der Kritik.
- Waseem Aleed engagiert sich beim Landesnetzwerk für Migrantenorganisation. Immer wieder werden ihm Probleme geschildert. Wie passt das zur von der Politik proklamierten Willkommenskultur?
- Und: Wie kann die Arbeit in den Ausländerbehörden besser werden? Aleed spricht über Lösungsansätze und bereits in Gang gesetzte Verbesserungen.
Herr Aleed, wie würden Sie die Situationen in den Ausländerbehörden in Halle und Magdeburg beschreiben?
Die Ausländerbehörden in Halle und Magdeburg sind seit mehr als zwei Jahren überfordert und leiden unter größtem Personalmangel. Dies führt zu einer sehr langen Bearbeitungszeit von Anträgen von Migranten, insbesondere seit Beginn des Ukraine-Krieges.
Mit welchen Problemen haben Migranten in Bezug auf die Ausländerbehörden zu kämpfen?
Vor allem mit einer sehr langen Bearbeitungszeit von Anträgen. Und diesbezüglich handelt es sich insbesondere um wichtige und eilbedürftige Anträge wie die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen.
Außerdem wird von fehlenden Beratungsmöglichkeiten seit Beginn der Corona Pandemie berichtet und eine merkliche Überlastung aller Beratungsstellen und Projekte im Migrationsbereich. Zweck und Ziele dieser Projekte können dadurch nicht erreicht werden.
Weitere Kritikpunkte sind die fehlende Erreichbarkeit der Ausländerbehörde, dass die Berater ständig wechseln und der Erstkontakt meistens an das Sicherheitspersonal übertragen wird.
Zur Person
Waseem Aleed ist Vorsitzender des Ausländerbeirats in Halle und engagiert sich beim Landesnetzwerk für Migrantenorganisation. Seit sechs Jahren lebt der Syrer in Deutschland.
"Ich habe mir direkt nach der Einreise vorgenommen, dass ich mich einsetzen will, um meine Mitbürger zu unterstützen", sagt Aleed. "Politik ist das Feld, in dem die wichtigsten Entscheidungen getroffen werden, die die Migranten betreffen."
Das Land Sachsen-Anhalt, gerade auch die Stadt Magdeburg im Zuge der Intel-Ansiedlung, ist um eine herzliche Willkommenskultur bemüht. Inwiefern spielt vor diesem Hintergrund auch die Arbeit der Ausländerbehörde eine Rolle?
Wir nehmen an, dass es sehr schwierig werden wird, mehr Fachkräfte für Sachsen-Anhalt zu begeistern, wenn die Ausländerbehörde nicht in der Lage ist, die Qualität zu erreichen, wie sie durch die Privatwirtschaft gewünscht wird. Ich befürchte, dass wir mit der Intel-Ansiedlung eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Migranten herstellen, die im Vergleich zu den neuen Intel-Mitarbeitern monatelang auf ihre Aufenthaltserlaubnis warten müssen.
Für die Willkommenskultur und Digitalisierung in Sachsen-Anhalt brauchen wir so schnell wie möglich eine funktionierende Beantragungsmöglichkeit, die für alle Migranten offen ist. Behörden sind die erste Adresse im Land Sachsen-Anhalt, bei denen der Migrant sich melden und die Aufenthaltserlaubnis oder ähnliches beantragen muss. Wenn das nicht fließend funktioniert, sehen wir große Probleme darin, diese Gegend für die Bewerber attraktiv zu gestalten.
Ich befürchte, dass wir mit der Intel-Ansiedlung eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Migranten herstellen, die im Vergleich zu den neuen Intel-Mitarbeitern monatelang auf ihre Aufenthaltserlaubnis warten müssen.
Was sollte sich Ihrer Meinung nach hinsichtlich der Arbeit der Ausländerbehörden ändern?
Es muss eine interkulturelle Öffnung der Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt geben. Das heißt auch, dass Beratungsstellen und migrantische Organisationen am Entwicklungsprozess mitbeteiligt werden sollten. Und dass es Umfragen unter Migranten geben sollte, um die Kundenzufriedenheit zu evaluieren.
Außerdem muss die Digitalisierung voranschreiten. Die Beantragung und das Einsehen des Bearbeitungs-Status muss online ermöglicht werden. Außerdem sollten natürlich die Fristen, also maximal drei Monate Bearbeitungszeit, so gut wie möglich eingehalten werden.
Welche Verbesserungen gab es diesbezüglich in letzter Zeit bereits?
In Halle laufen zurzeit mehrere Bewerbungsverfahren für die Stellen bei den Ausländerbehörden, bei denen mindestens fünf Bewerber einen Migrationshintergrund haben und die formellen Voraussetzungen erfüllen. Das gibt uns große Hoffnung, geeignete Sachbearbeiter zu finden, die sich mit der Thematik auskennen und damit ebenfalls den Personalmangel reduzieren.
Es wurden außerdem bereits Online-Verfahren für die Beantragung von Aufenthaltserlaubnissen eingeführt, um den Aufenthaltstitel zu erlangen und damit einer Erwerbstätigkeit nachkommen zu können.
Das Gespräch führte Daniel George.
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MDR (Daniel George)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. September 2022 | 19:00 Uhr