Jahresabschlüsse fehlen Härtere Strafen: Land regelt Finanz-Beziehungen mit Kommunen neu
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25. April 2024, 15:35 Uhr
Im Landtag sind neue Regeln für die Finanzen der Kommunen aufgestellt worden. Wer seine Jahresabschlüsse nicht einreicht, soll in Zukunft härter bestraft werden. Kommunen befürchten indes, dass sie dadurch nicht mehr handlungsfähig sein werden und ihren Aufgaben nicht nachkommen können.
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- Der Landtag hat die Finanz-Beziehungen zwischen Land und Kommunen neu geregelt.
- Zukünftig gibt es härtere Strafen, wenn Gemeinden ihre Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig vorlegen.
- Im schlimmsten Fall hätten die Gemeinden dann kein Geld mehr, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
Das Land Sachsen-Anhalt hat am Mittwoch eine Reform des Kommunalverfassungsgesetzes beschlossen. Dazu gehört, dass Kommunen in Zukunft stärkere Sanktionen drohen, wenn ihre Jahresabschlussrechnungen fehlen.
Kommunen ohne Jahresabschluss werden eingeschränkt
Der Städte- und Gemeindebund sagt, dass dadurch alle Kommunen, die noch keinen Jahresabschluss für 2023 vorlegen können, 2025 in die sogenannte vorläufige Haushaltsführung rutschen. Das bedeute für die Kommunen enorme Einschränkungen.
Zwei Drittel der Gemeinden könnten etwa nur noch bereits geplante Maßnahmen beenden und unaufschiebbare Investitionen, wie etwa Notreparaturen oder den Ersatz eines defekten Feuerwehrautos tätigen.
Der Bürgermeister von Oschersleben, Benjamin Kanngießer (parteilos), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dies würde einen Stillstand herbeiführen, den man sich in der aktuellen Lage und bei der Politikverdrossenheit im Land nicht leisten könne. Die Kommunen stünden in unmittelbarem Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern und müssten handlungsfähig bleiben.
Städte und Gemeinden befürchten Einschnitte
Andreas Dittmann, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt, sagte, es drohten massive Einschränkungen der Leistungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wie etwa in der Jugendarbeit, der Vereins-Förderung oder auch der Betrieb von Freibädern oder Museen. Zudem würden neue Bauprojekte auf Eis gelegt und Fördermittel verfallen.
Der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Gommern im Jerichower Land, Jens Hünerbein (parteilos), spricht von einem Schlag ins Gesicht der Städte und Gemeinden. Er sei tief enttäuscht, dass es keinen Aufschub gegeben hat. Wenn zahlreiche Städte und Gemeinden keinen genehmigten Haushalt hätten, bedeute das einen Entwicklungs-Stopp im Land. Kultur- und Sport-Förderung könnten als freiwillige Leistungen nicht durchgeführt werden.
Die Menschen vor Ort würden das zu spüren bekommen. Gommern selbst sei nicht betroffen, jedoch verstehe Hünerbein die Probleme seiner Amtskollegen. Jahresabschlüsse vorzulegen sei wichtig, jedoch sei es nicht erklärbar, nun ohne Gnadenfrist derart in den Haushalt der Städte einzugreifen.
Der Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal, Jörg Methner (parteilos), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er sei über die Entscheidung wahnsinnig enttäuscht. Kommunen, die in die vorläufige Haushaltsführung rutschten, würden keine Schwimmbäder öffnen oder Vereine unterstützen können. Es müsse eine Ausnahmeregelung gefunden werden, sonst drohten Investitionen in Städten und Gemeinden auf der Strecke zu bleiben.
Zieschang stellt Erleichterungen für kommende Jahresabschlüsse in Aussicht
Die Innenministerin Sachsen-Anhalts, Tamara Zieschang (CDU), sagte, sie teile die Bedenken der Städte und Gemeinden zwar nicht, nehme die Sorge aber ernst. Es werde ein Erlass vorbereitet, mit dem die Jahresabschlüsse für 2023 bis 2025 erleichtert werden könnten.
CDU-Politiker Tobias Krull widersprach der Kritik, dass Kommunen handlungsunfähig werden könnten. Die vorläufige Haushaltsführung sei nichts schönes, die Verwaltung habe weniger Macht, aber "das ist nichts schlimmes, das ist Demokratie." Wenn Kommunen eine bessere Finanzierung vom Land fordern, müsse auch nachvollziehbar sein, wofür sie ihr Geld ausgeben.
Land kritisiert fehlende Finanz-Darstellungen
Der Landesrechnungshof und das Innenministerium hatten über Jahre undurchsichtige Kommunal-Finanzen kritisiert, weil Jahresabschlüsse fehlten. Oscherslebens Oberbürgermeister Kanngießer hält den hohen Verwaltungsaufwand durch die doppelte Haushaltsführung sowie neue zusätzliche Aufgaben und Fachkräftemangel als Gründe für die Rückstände im Land.
Vor der Abstimmung hatte die Fraktion der Linken zum Paragraphen 102 beantragt, die Regelung erst ab 2026 einzuführen. Die Grünen wollten die Frist auf 2027 verlängern. Der Innenausschuss hatte mehrheitlich keine Änderung des Paragraphen beantragt.
dpa, MDR (Max Hensch, Linus-Benedikt Zosel, Julia Heundorf)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. April 2024 | 06:30 Uhr
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