Eingangsbereich des Museums "Lützen 1632" 4 min
Das neue Museum Lützen 1632 widmet sich dem Dreißigjährigen Krieg. Im Audio ein Beitrag von Hartmut Schade. Bildrechte: Peter Eichler
4 min

In Lützen in Sachsen-Anhalt eröffnet ein neues Museum über den Dreißigjährigen Krieg. Herzstück des "Museums Lützen 1632" ist ein Massengrab mit 47 Skeletten. Ein Beitrag von Hartmut Schade.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 30.10.2024 14:45Uhr 04:05 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/burgenland/audio-neues-museum-luetzen100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Ausgestelltes Massengrab Neues "Museum Lützen 1632" rückt Dreißigjährigen Krieg in anderes Licht

30. Oktober 2024, 11:02 Uhr

Die Schlacht bei Lützen im Jahr 1632 war eine der entscheidenden Schlachten des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648). Dabei starben rund 9.000 Menschen, darunter der schwedische König Gustav II. Adolf. 47 der getöteten Soldaten wurden 2011 in einem Massengrab gefunden. Das neugebaute Museum Lützen 1632 zeigt den spektakulären Fund in einer modernen Ausstellung. Hier wird von den Leiden der Menschen erzählt, eine Verbindung zur Gegenwart gezogen und die große Frage gestellt: Wie kommt es zu Kriegen?

Ausgeplündert, aller Wertsachen und brauchbaren Kleidungsstücke beraubt, werden im November 1632 47 schwedische Soldaten kopfüber, kopfunter, kreuz und quer in ein hastig ausgehobenes Massengrab geworfen. Fast vier Jahrhunderte liegen sie unter Lützener Feldern, bis Archäologen das gesamte Massengrab als großen Erdblock bergen. Harald Meller, Landesarchäologe in Sachsen-Anhalt, sagt dazu: "Für mich das bedeutendste Antikriegsdenkmal, das man sich überhaupt vorstellen kann."

Skelette 47 gefallener Soldaten der Schlacht von Lützen
Das Massengrab von Lützen wurde zuvor in der Ausstellung "Krieg – eine archäologische Spurensuche" in Halle gezeigt. Bildrechte: imago/Felix Abraham

Im Landesamt für Archäologie Halle werden die Skelette im 50 Tonnen schweren Erdblock freigelegt, anthropologisch und genetisch untersucht und anschließend konserviert. 2016 ist der Block das spektakuläre Highlight der Ausstellung "Krieg. Eine archäologische Spurensuche" in Halle und Wien. Nun bekommt die Grabstätte der unbekannten Soldaten ein eigenes Museum an jenem Ort, wo die Männer vor 392 Jahren starben.

Sakrale Ruhestätte und modernes Museum in Lützen

Wer von Leipzig nach Lützen fährt, muss sich an einen neuen Anblick gewöhnen. Nicht der gusseiserne Schinkelbaldachin der Gustav-Adolf-Gedenkstätte ist als Erstes zu sehen, sondern eine Betonmauer. Unter dem in Richtung Ort geneigten Pultdach ein schmales Fensterband – das Museum Lützen 1632. Trotz seiner bunkerähnlichen Anmutung ist es kein historisches Schlachtfeldmuseum, sondern soll den Dreißigjährigen Krieg mit heutigen Fragen verknüpfen.

Blick in die Ausstellung im Museum Lützen 1632, dunkle Tafeln auf einer grauen Betonwand, im Hintergrund eine Frau
Das neue Museum Lützen 1632 will den Dreißigjährigen Krieg mit Fragen der Gegenwart in Verbindung bringen. Bildrechte: Peter Eichler

Krieg gestern und heute

Die Leiterin der Städtischen Museen Lützen, Manuela Dietz, erläutert: "Das Massengrab und überhaupt das Thema militärische Auseinandersetzung gehören auch zu unserer Gegenwart. Also wie kommt es überhaupt dazu, dass Menschen sich gegenüberstehen, in feindlich gesinnten Armeen? Wie baut man Feindbilder auf?" Im Erdgeschoss des neuen Museums will sie darüber diskutieren lassen, sollen Vorträge, Ausstellungen und Workshops stattfinden.

Das Massengrab aus dem Dreißigjährigen Krieg im Museum Lützen 1632
Ein spektakulärer Fund: Das Massengrab der gefallenen Soldaten der Schlacht bei Lützen befindet sich im Untergeschoss des neuen Museums. Bildrechte: Musuem Lützen 1632

Die Etage darunter mutet in ihrer steinernen Schlichtheit fast sakral an. Doch im Mittelpunkt steht kein Altar, sondern das dreieinhalb mal vier Meter große Massengrab. Senkrecht in eine tiefschwarze Wand eingelassen und perfekt ausgeleuchtet, wirkt es wie ein Kunstwerk. "Es steht wie ein Bild riesig vor die Wand gerückt. Und es ist sehr, sehr eindrucksvoll", sagt Archäologe Harald Meller.

Landesarchäologe Harald Meller steht auf einem Grabungsgelände
Für Landesarchäologe Harald Meller ist das Massengrab ein Antikriegsdenkmal. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Archäologen in Halle untersuchen Skelette

Über ein Jahr lang haben die halleschen Archäologen die 47 unbekannten Toten untersucht. Sie gehörten zu einer schwedischen Eliteeinheit, der "Blauen Brigade". Allerdings kommen nur fünf eindeutig aus Skandinavien. Nicht ungewöhnlich in einer Zeit, da man sich als Söldner dem verdingte, der den besten Lohn zahlte. Die an den Knochen nachweisbare Mangelernährung zeigt, es waren bettelarme Menschen, Hungerleider, die den Soldatenberuf ergriffen, um zu überleben. Die "Blaue Brigade" besteht aus älteren, kampferprobten Männern, die schon so manche Hiebwunde oder Schussverletzung überlebt haben. Bis am 6. November 1632 ihr letztes Stündlein schlägt, als Wallensteins Kavallerie sie von der Seite angreift.

Gustav Adolf Die Schlacht bei Lützen
Historische Darstellung der Schlacht bei Lützen 1632. Bildrechte: IMAGO / United Archives

Die schwedische Armee und Wallensteins Truppen ziehen sich am Abend vom Schlachtfeld zurück, ohne dass eine Seite gesiegt hat. Die Lützener Bauern müssen in den Folgetagen und Wochen die gefallenen Soldaten, die getöteten Pferde begraben. Die Toten werden achtlos in Gruben geworfen. So auch 46 in dem nun ausgestellten Massengrab. Den 47. aber hat man wie einen gekreuzigten Christus über die anderen toten Soldaten gelegt. Für Harald Meller ein Symbol, dass der Glaube "uns eigentlich alle eint". Doch man kann ihn auch missbrauchen, um Feindbilder zu konstruieren. Die Folgen davon sind eindrucksvoll im Museum Lützen 1632 zu sehen.

Informationen zum Museum:

Museum Lützen 1632
Das Museum ist fürs Publikum ab dem 31. Oktober 2024 geöffnet. An diesem Tag ist der Eintritt frei.

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr

Eintritt:
5 Euro, ermäßigt 3 Euro

Adresse:
Gustav-Adolf-Straße 42
06686 Lützen

Redaktionelle Bearbeitung: lig, hki

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. Oktober 2024 | 14:45 Uhr

Mehr aus Burgenlandkreis und Saalekreis

Spieler bei Freiwurf. 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mehr aus Sachsen-Anhalt