
Fisch fast verschwunden Wie viel Mensch kann der Lachs aushalten?
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14. März 2025, 15:23 Uhr
Der Lachs verschwand in Sachsen-Anhalt vor etwa 100 Jahren aus der Elbe. Auch in anderen Flüssen, etwa der Bode, sind nur wenige der Fische zu finden. In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Initiativen, Lachse wieder heimisch zu machen. Ein neuer Versuch steht vor großen Aufgaben.
- In den Flüssen in Sachsen-Anhalt schwimmen kaum Lachse.
- Ein Grund ist, dass die Fische nicht zu ihrem Laichplatz gelangen, weil Wehre im Weg sind. Ein weiterer ist die Wasserqualität.
- Den Lachs in Sachsen-Anhalt wieder anzusiedeln, ist eine große Aufgabe.
"Trotz aller Bemühungen ist die Zahl noch viel zu gering", summiert Uwe Brämick vom Institut für Binnenfischerei (IfB) Potsdam die bisherigen Versuche, den Lachs wieder in Sachsen-Anhalts Gewässern heimisch zu machen. Er spricht an der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Bernburg-Strenzfeld vor einem Publikum aus ausgewiesenen Fachleuten. Angler-Vereine und -verbände, der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und auch das Umweltministerium sind gekommen zur "Regionalkonferenz Wanderfischprogramm Bode".
Das Wanderfischprogramm Bode Das Wanderfischprogramm gibt es in Sachsen-Anhalt bereits seit 2007. Bislang in erster Linie an den Flüssen Nuthe und Jeetze. Dort halten die Fischer nun dem Potsdamer Institut den Rücken frei. Dieses verlagert seinen Fokus auf die gut 170 Kilometer der Bode, vom Oberharz bis nach Nienburg im Salzlandkreis.
Hindernisse in der Bode: Lachse kommen nicht zu ihrem Laichplatz
Selbst wenn man die Selke als Nebenfluss ausgeklammert, gibt es im Verlauf der Bode nach Erhebungen des IfB mindestens acht Bauten, vor allem Wehre, die Lachse nicht überwinden können, würden sie versuchen, zu ihrem Laichplatz zu schwimmen, etwa bei Wegeleben, Krottorf oder Egeln. "Das ist sicherlich das größte Hindernis", ist sich Uwe Brämick mit dem Rest der Fachleute einig.
Zuständig für den Rückbau der Wehre sind in erster Linie die Eigentümer. Viele der Bauten gehören dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Ein Vertreter stellt in seiner Präsentation sechs Rückbau-Projekte für die Bode und eines für die Selke vor. Bis auf das Projekt in Krottorf befinden sich alle noch in der frühen Planungsphase. Gebaut werden sollen demnach naturnahe Sohlgleiten oder Fischpässe. Letztere stehen auch bei einigen Anglern in der Kritik. Jedes Projekt des LHW kostet jenseits von einer Million, zum Teil auch zwei Millionen Euro. Die Planungs-Kosten dürften in die Hunderttausende gehen.
IG Bode-Lachs: "Die Wehre müssen weg"
Unmut gibt es im Publikum darüber, dass es nur langsam voran geht. Heimo Reilein von der IG Bode-Lachs e.V. begrüßt das Wanderfischprogramm an der Bode, sagt aber auch: "Wir reden hier seit bald zehn Jahren über die gleichen Dinge. Man muss sich schon die Frage stellen, was das Land hier in dieser Zeit getan hat." Die Interessens-Gemeinschaft hatte mit Hilfe eines Anwalts und des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) den Abriss des Wehres in Oschersleben erwirkt und immer wieder den Landesbetrieb für Hochwasserschutz wegen anderer Baumaßnahmen kritisiert.
Wir reden hier seit bald zehn Jahren über die gleichen Dinge. Man muss sich schon die Frage stellen, was das Land hier in dieser Zeit getan hat.
Die IG hatte aus dem LHW Informationen angefordert, wonach der Landesbetrieb für keines der eigenen Wehre in der Bode die wasserrechtlichen Zulassungen vorweisen kann. Gemäß dem Wassergesetz des Landes müssen sie also zwingend zurückgebaut werden, so die IG. "Die Wehre müssen weg", schlussfolgert Reilein.
Umweltministerium hat keinen Zeitplan für Rückbau der Wehre
Das Umweltministerium hatte in der Vergangenheit MDR SACHSEN-ANHALT mitgeteilt: "Nicht für alle Stauanlagen ist eine wasserrechtliche Zulassung erforderlich, insbesondere wenn die Stauanlagen den Ausbau-Zustand des Gewässers bestimmen." Da das Wassergesetz auch für private Anlagen-Besitzer gilt, hatte das Ministerium zudem davor gewarnt, einen Abriss dieser Anlagen behördlich anzuordnen. Dies könnte juristisch angefochten werden. Eine Einigung im Einvernehmen sei besser.
Ein anwesender Mitarbeiter des Ministeriums gibt bei der Veranstaltung in Bernburg zu Bedenken, dass die Haushaltsmittel für einen schnelleren Rückbau der Wehre zu gering seien. Zudem wisse man nicht, wie es in den kommenden Jahren mit dem Geld weitergehe. Daher könne man keine verlässliche Zusage zu Zeitplänen treffen. Ein anwesender Fisch-Freund fragt nach, ob der LHW in seinen derzeitigen Planungen neben einem Fisch-Aufstieg auch den Fisch-Abstieg an den Bauten berücksichtige. Der Referent ist sich nicht sicher.
Wie läuft die Ansiedlung von Lachsen in der Nuthe bei Zerbst/Anhalt? Das können Sie im Video sehen.
Kaum ein Gewässer in Sachsen-Anhalt ist in ökologisch gutem Zustand
Die Durchgängigkeit der Flüsse ist auch zentrales Thema der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die vorgibt, dass bis 2027 in allen Gewässern ein guter ökologischer Zustand zu erreichen ist. Sonst drohen Strafen. Für realistisch hält diese Zielstellung mittlerweile niemand mehr.
Nur ein frei fließender Fluss ist ein gesunder Fluss.
In Sachsen-Anhalt erreicht nur ein Bruchteil der Gewässer die Kriterien. "Man kann sich das vorstellen wie bei einem Schlaganfall durch ein Gerinsel im menschlichen Gehirn", meint Heimo Reilein. "Nur ein frei fließender Fluss ist ein gesunder Fluss."
Lachse wieder in der Bode ansiedeln: eine große und teure Aufgabe
Den Lachs als anspruchsvolle Art wieder anzusiedeln, muss das Ziel bleiben, meint Armin Nemitz. Der Biologe ist einer der Köpfe des Wanderfischprogramms in Nordrhein-Westfalen. Das ist im Prinzip erfolgreich, doch die Lachs-Freunde haben neben Wehren auch mit steigenden Temperaturen und weniger Wasser in den Flüssen zu kämpfen. Zudem würden sich mehr Räuber wie der Wels ausbreiten – auch Probleme, die auf die Bode zukommen. Zudem kritisieren die Angler die hohe Belastung mit Salz, Ammoniak und Sticksoff durch Einleitungen des Sodawerks bei Staßfurt.
Große Aufgaben also, vor denen die Biologen in der Bode stehen. "Das wird nur mit ganz vielen engagierten Menschen gehen. Und das wird viel Geld kosten", macht der IfB-Wissenschaftler Uwe Brämick deutlich. Er glaube aber daran, dass die Rückkehr des Lachses in Sachsen-Anhalts Flüsse ein Projekt sei, an dem Naturschützer, Politik und Öffentlichkeit an einem Strang ziehen werden.
Zunächst soll ein finales Konzept erarbeitet werden. Noch in diesem Jahr sollen Jung-Lachse in der Bode ausgesetzt werden. Dann sollen Daten zur Bewegung der Fische erhoben werden.
MDR (Max Hensch, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. März 2025 | 12:00 Uhr
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