Böllern zum Jahresabschluss Feuerwerk in Sachsen-Anhalt zu Silvester (fast) überall erlaubt
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31. Dezember 2022, 14:01 Uhr
Zwei Jahre verhinderten die Auswirkungen der Corona-Pandemie Feuerwerke zu Silvester an vielen Orten in Sachsen-Anhalt. In diesem Jahr sprachen die Kommunen keine Verbote aus. Mancherorts gilt aber trotzdem ein Böllerverbot – und das immer.
- Städte und Kommunen in Sachsen-Anhalt planen in diesem Jahr keine Verbotszonen für Feuerwerk an Silvester.
- In einigen Städten gelten wegen des Sprengstoffgesetzes trotzdem Einschränkungen.
- Polizeigewerkschaft, Umweltverband und Krankenhausgesellschaft fordern ein Verbot privater Feuerwerke.
Zu Silvester darf in Sachsen-Anhalts Städten größtenteils wieder geböllert werden. Wegen Corona war das in den vergangenen beiden Jahren vielerorts auf öffentlichen Plätzen untersagt, es galt noch dazu ein Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk. In den vergangenen Tagen waren nun erneut massenhaft Knaller und Raketen über die Ladentheken gegangen. Das Jahr 2022 wird somit wohl gewohnt laut ausklingen. Ausnahmen bestehen aber im Harz sowie im Altmarkkreis Salzwedel.
Die Kreise und kreisfreien Städte können laut Bundesumweltministerium grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie Böller und Raketen zulassen oder nicht. Zwar ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Kommunen in Sachsen-Anhalt, dass keine der größeren Städte Böllerverbotszonen angekündigt hat. Allerdings ist in bestimmten Bereichen innerhalb der Kommunen auch ohne gesonderte Verbote das Böllern verboten. Grund sind die Vorgaben des Sprengstoffgesetzes.
Feuerwerksverbot in Innenstädten von Wernigerode und Quedlinburg
Das Gesetz verbietet das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden. Das gelte auch für die brandempfindlichen Fachwerkhäuser in Quedlinburg, Wernigerode und in Halberstadt, teilten die Kommunen mit.
Laut Pressmitteilung der Stadt Quedlinburg muss beim Abrennen von Raketen, Böllern und sonstiger Pyrotechnik ein Mindestabstand von 100 Metern zu den zahlreichen Fachwerkhäusern im Stadtgebiet eingehalten werden. "Das bedeutet, dass nahezu in der gesamten Quedlinburger Innenstadt keine Silvesterfeuerwerkskörper verwendet werden dürfen", schreibt die Stadt. Diese Regelung diene insbesondere dem Schutz kulturhistorisch wertvoller Gebäude vor Bränden. Polizei und Ordnungsamt würden das "Abbrennverbot" in der Silvesternacht kontrollieren.
Auch in Wernigerode soll es zu Silvester laut Stadtverwaltung vereinzelt Kontrollen am Markt- und Nicolaiplatz geben. Weil die Innenstadt dort ebenfalls zum Großteil aus Fachwerkhäusern besteht, sei in der Innenstadt Feuerwerk praktisch immer untersagt, sagte einer Stadtsprecherin.
In Halberstadt sind solche Kontrollen nicht vorgesehen. Trotzdem müsse ein Mindestabstand von 80 Metern zu den entsprechenden Einrichtungen eingehalten werden, hieß aus der Stadtverwaltung. Wer dennoch in den sensiblen Gegenden pyrotechnische Gegenstände abbrennt, handelt laut Stadtverwaltung ordnungswidrig und muss mit einer Geldbuße bis in den fünfstelligen Bereich rechnen.
Altmark: Kalbe und Salzwedel untersagen Böllern in Innenstädten
Aus denselben Gründen wie in den Harz-Städten darf auch in der Altstadt von Kalbe (Altmarkkreis Salzwedel) an Silvester nicht geböllert werden. Das Ordnungsamt begründete dies auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT ebenfalls mit dem Sprengstoffgesetz. Die gesamte Innenstadt sei denkmalgeschützt und daher besonders brandgefährdet. Zuerst hatte die Volksstimme (€) darüber berichtet.
Und auch die Innenstadt der Hansestadt Salzwedel ist für Silvesterstimmung mit Feuerwerkskörpern tabu. Wie die Stadt auf ihrer Webseite mitteilt, hatte der Stadtrat das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk in der Altstadt bereits 2020 verboten.
Keine Verbotszone in Magdeburg und Halle
Magdeburg und Halle haben keine Böllerverbotszonen eingerichtet. Beide Polizeiinspektionen hatten aber noch bis wenige Tage vor Silvester betont, dass dies noch nicht mit Sicherheit feststehe.
Dessau setzt auf Eigenverantwortung
Auch die Stadt Dessau-Roßlau setzt auf Selbstverantwortung. Jeder Einzelne könne die Argumente für oder gegen die Nutzung von Feuerwerkskörpern selber abwägen, sagte ein Stadtsprecher. Ebenso sieht die Stadt Eisleben keine extra Böller-Verbotszonen vor.
Polizeigewerkschaft und Umweltverband für Verbot privater Feuerwerke
Angesichts der negativen Effekte des Feuerwerkens hatte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für zentral organisierte Feuerwerke an Silvester und ein Verbot privater Böllerei ausgesprochen. Argumente seien unter anderem die Schadstoffproduktion, der anfallende Müll, das hohe Unfallrisiko vor allem unter Alkoholeinfluss, die Böller- und Raketenangriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungssanitäter und sowie die Sachbeschädigungen, teilte GdP-Bundesvorsitzender Jochen Kopelke der Deutschen Presse-Agentur mit.
Die GdP forderte eine Änderung des Sprengstoffgesetzes, um ein umfassendes Verbot privater Feuerwerke zu ermöglichen, so Kopelke.
Belastend für Tier und Mensch und Umwelt
Auch die Deutsche Umwelthilfe setzt sich für ein Ende des privaten Silvesterfeuerwerks ein und argumentiert unter anderem mit der hohen Feinstaubbelastung. Durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern werden nach Angaben des Umweltbundesamts jährlich rund 2.050 Tonnen Feinstaub freigesetzt, 1.500 Tonnen davon in der Silvesternacht. Die Menge entspreche etwa einem Prozent der insgesamt in Deutschland freigesetzten Feinstaubmenge pro Jahr.
Krankenhäuser nicht überlasten
Feuerwerk belaste zudem viele Menschen und Tiere psychisch wie physisch. Angesichts angespannter Situationen in Krankenhäusern ist es laut GdP zudem unverantwortlich, die dortigen Mitarbeitenden ohne zwingenden Grund und ohne Not noch höheren Belastungen auszusetzen.
"In der Silvesternacht des Böllerverbots 2020/21 haben die Krankenhäuser zwei Drittel weniger Feuerwerks-Schwerstverletzte auf den Stationen gezählt", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Auch die Notaufnahmen seien spürbar entlastet worden. Es sei davon auszugehen, dass die Krankenhäuser und ihre Notaufnahmen nun allerdings wieder so stark wie in den Jahren vor der Pandemie mit Feuerwerks-Verletzungen belastet werden, mahnte Gaß.
Millionengeschäft für die Industrie
Der Bundesverband Pyrotechnik argumentiert dagegen, ein Verbot privater Kleinfeuerwerk entlaste kaum die Krankenhäuser. Der größte Teil der Verletzungen in den Notaufnahmen sei auf Alkoholkonsum und entsprechende Konflikte zurückzuführen.
Die Feuerwerksindustrie rechnet in diesem Jahr mit einem ähnlichen Silvesterumsatz wie vor der Corona-Pandemie. Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) geht von Erlösen von rund 120 Millionen Euro aus. 2019 wurden laut VPI rund 130 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Silvester 2021 mit Corona-Auflagen
Im vergangenen Jahr waren wegen der Corona-Beschränkungen große Silvesterfeiern in Sachsen-Anhalt nicht möglich. Klubs und Diskotheken waren geschlossen. Das Zünden bereits gekaufter Böller war möglich, allerdings nicht an öffentlichen Orten. Über die Details hatten die Kommunen zu entscheiden.
dpa, epd, MDR (Moritz Arand, Daniel Salpius) | Zuerst veröffentlicht am 12. November 2022
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 29. Dezember 2022 | 19:00 Uhr
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