American Football Kinderschutz im Sport: Wittenberg Saints sind Vorreiter
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03. Juli 2024, 18:13 Uhr
Überhartes Training bis zur totalen Erschöpfung, Übungsleiter, die schreien oder grob zupacken. Junge Talente, die in Sportvereinen Opfer sexueller Gewalt werden. Immer wieder sorgen solche Schlagzeilen für große Bestürzung und Betroffenheit. Nachwuchssportler vor Übergriffen zu bewahren, ist Ziel eines Projekts. Der Landessportbund Sachsen-Anhalt bildet zertifizierte Kinderschutzbeauftragte aus, die dann in ihren Vereinen zum Einsatz kommen – etwa bei den Wittenberg Saints, den Footballern in der Lutherstadt.
Die Freude ist riesig. Schon bei der Erwärmung flitzen die Wittenberger Mädchen und Jungen begeistert über den Trainingsplatz. "Flag Football fetzt und macht mir einfach Spaß", ruft fröhlich Samuel, der ein halbes Jahr dabei ist. "Das ist cool, wir lernen hier auch Spieltaktiken und wie man wirft", ergänzt der achtjährige Oskar, der wie die anderen Kinder unentwegt dem eiförmigen Ball hinterherjagt. Die Trainingsgruppe immer im Blick hat Kristina Voigt. Sie bringt den motivierten Talenten die Football-Grundlagen bei. "Wir zeigen den Kindern, wie sie den Ball richtig fangen und wie sie dabei stehen müssen".
Berührungen lassen sich nicht immer vermeiden
Damit die Fünf- bis Zehnjährigen die Bewegungsabläufe richtig verstehen und lernen, lassen sich Berührungen nicht immer vermeiden: "Dann fassen wir sie nur mal an den Schultern oder Händen an", sagt die Trainerin mit der C-Lizenz bedacht, um wie sie sagt "komische Situationen zu vermeiden". Da sei es gut, sich auch Rat holen zu können – Rat bei der Kinderschutzbeauftragten des Vereins.
Wichtiger Ansprechpartner für Kinder, Eltern und Trainer
Mit diesem Posten gehörten die Wittenberg Saints zu den Vorreitern in Sachsen-Anhalt. "Dadurch sind viele Themen angesprochen worden, die man sonst vielleicht so gar nicht auf dem Schirm hat", sagt Vereinschef Christian Goßmann. Das gehe los beim klaren Kennzeichen der Umkleiden nach männlich und weiblich. Wir haben zum Beispiel auch Eltern sensibilisiert, dass sie, auch wenn das eigene Kind noch ein bisschen jünger ist, vielleicht nicht mit in die Kabine gehen, wenn sich da gleichzeitig noch Teenager umziehen", sagt Goßmann. Die Kinderschutzbeauftrage habe stets ein offenes Ohr bei Problemen und Fragen und sei eine wichtige Ansprechpartnerin für Übungsleiter, Sportler und Eltern.
30 Lerneinheiten umfasst die Ausbildung zum Kinderschutzbeauftragten. "Neben Risikofaktoren im Sport kennen sie die wichtigsten Bestandteile eines Schutzkonzeptes, Anzeichen, die auf eine Kindeswohlgefährdung hinweisen können und wesentliche Prinzipien, die zu beachten sind, sollten Verdachtsmomente innerhalb und außerhalb des eigenen Vereins bestehen" - so formuliert der Landessportbund Sachsen-Anhalt die Ziele des Projekts.
Dadurch sind viele Themen angesprochen worden, die man sonst vielleicht so gar nicht auf dem Schirm hat.
70 von 3.000 Vereinen haben Kinderschutzbeauftragten
Den Angaben zufolge haben landesweit inzwischen etwa 70 Vereine einen Kinderschutzbeauftragten. Ein Anfang. Bei mehr als 3.000 Vereinen im Land ist da aber auch noch Luft nach oben, findet auch Goßmann. Der Wittenberger Footballverein mit 120 überwiegend jungen Mitgliedern hat sehr gute Erfahrungen gemacht. "Auch unsere Trainer profitieren davon. Wenn wir die Kinder anfassen, erklären wir vorher, warum wir das tun", sagt der Vereinschef wohlwissend, dass es viele Sportarten gibt, wo mehr Körperkontakt notwendig ist als beim Football.
Dennoch habe die Kinderschutzbeauftragte immer wieder das Bewusstsein geschärft, so Goßmann. Das betrifft beispielsweise auch den Umgang der jungen Sportler untereinander und das von allen Seiten stets der Ton gewahrt wird, auch wenn es im Spiel vielleicht mal hektisch zugeht. Der Wittenberger Verein hat die Ausbildung der Kinderschutzbeauftragten selbst bezahlt. Lob dafür gibt es auch seitens vieler Eltern. "Es ist eine Supersache", findet eine Mutter. Und ein Vater beschreibt es als "beruhigendes Gefühl".
Beste Werbung auch für beteiligte Vereine, wie eben die Wittenberg Saints. "Wenn Eltern sehen, dass Kinderschutz ernst genommen wird und die Trainer qualifiziert sind und wissen, was sie tun, ist das immer gut", sagt Christian Goßmann.
Die Wittenberger Footballer mussten ihre bisherige Kinderschutzbeauftragte nun aus privaten Gründen ziehen lassen. Inzwischen wird ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht, erklärt der Vereinschef. Am Schutz der Kinder soll in Wittenberg nicht gespart werden.
MDR (Martin Krause, Anne Gehn-Zeller)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. Juli 2024 | 12:40 Uhr
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