Fahren für den Job Sachsen-Anhalt, Land der Pendler: Hier berichten einige von ihnen
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27. April 2025, 13:18 Uhr
Sachsen-Anhalt ist das Bundesland der Pendler. Viele hier fahren mehr als 30 Kilometer, um arbeiten zu können, durchqueren Landkreise und manche sogar Bundesländer. Vor allem zieht es die Pendler in die Großstädte. In Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau gibt es die meisten Jobs, für die sich lange Wege lohnen. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes pendeln etwa 300.000 Sachsen-Anhalter. Ein typischer Pendler-Landkreis ist dabei Wittenberg.
Bad Schmiedeberg in der Dübener Heide. Wer nicht gerade beim Eisenmoorbad, im Steinzeugwerk oder bei der Stadtverwaltung arbeitet, muss zur Arbeit eine mehr oder weniger lange Wegstrecke einplanen. Vor Ort hat die Kurstadt im Süden des Landkreises Wittenberg kaum attraktive Arbeitsplätze zu bieten.
Da es in Bad Schmiedeberg zwar noch einen Bahnhof, aber keine Zugverbindung mehr gibt, setzen sich die meisten ins Auto und fahren zur Arbeit. Ein Ehepaar erzählt MDR SACHSEN-ANHALT, dass seine Arbeitsplätze in entgegengesetzter Richtung liegen: Sie fährt nach Torgau, er nach Dessau. Beide scheinen sich damit abgefunden zu haben. "Die Fahrzeit von einer Stunde am Tag macht mir nichts aus", berichtet die Frau, "die Strecke ist toll, wenn nicht gerade Umleitung ist."
Ihr Mann sagt dazu, dass er seit fast drei Jahrzehnten unterwegs sei. Er habe sich daran gewöhnt, pendeln zu müssen. Mit Abstrichen natürlich: "Schnell mal nach Hause kommen, das funktioniert nicht. Auch hat man weniger Freizeit." Doch zum Pendeln sehe er trotz schwieriger Öko-Bilanz keine Alternative. Der begehrte Job befinde sich eben nicht vor der Haustür, sondern in einer anderen Stadt.
Landkreis Wittenberg: Fast jeder Dritte pendelt
Das Ehepaar gehört zu einer Pendler-Schar, die immer weiter wächst. Allein im Landkreis Wittenberg ist fast jeder dritte Beschäftigte täglich auf Achse: insgesamt fast 16.000 Menschen.
Laut Pendler-Atlas der Arbeitsagentur Sachsen-Anhalt-Thüringen fahren die Einwohner aus dem Landkreis Wittenberg vornehmlich nach Dessau-Roßlau, nach Anhalt-Bitterfeld und nach Nordsachsen, aber auch nach Leipzig und Berlin – quer durch alle Berufsgruppen: Verwaltungsangestellte sind dabei, Dienstleister, aber auch Beschäftigte in produzierenden Unternehmen.
Manchmal geht es aber auch in die Gegenrichtung, weiß Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör. Aktuell gibt es 8.000 sogenannte Einpendler, die von auswärts kommen und im Landkreis Wittenberg arbeiten. Sie rücken vornehmlich aus Nachbarregionen wie Dessau-Roßlau, Anhalt-Bitterfeld, Nordsachsen und Leipzig an.
Leipziger arbeiten im Rathaus Wittenberg
Einige von ihnen sind im Wittenberger Rathaus beschäftigt, sagt Zugehör: "Wir haben überall Fachkräftemangel und suchen gutes Personal. Natürlich wissen wir, dass wir eine Pendlerregion sind. Das gehört heute dazu, genauso wie Home-Office. Und wenn Leute aus Leipzig oder aus Berlin in Wittenberg arbeiten, ist das auch nicht mehr schlimm. Der ICE braucht ja nur eine gute halbe Stunde."
Wenn Leute aus Leipzig oder aus Berlin in Wittenberg arbeiten, ist das auch nicht mehr schlimm.
Zugehör weiß, wovon er spricht. Die neue Chefin der städtischen Marketinggesellschaft pendelt mehrmals pro Woche zwischen der Bundeshauptstadt und der Lutherstadt. Aus dem Süden reist dagegen Caecilia-Désirée Hein an. Die promovierte Philologin leitet die reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek in Wittenberg und nutzt die täglichen Zugfahrten von ihrem Wohnort Halle zu ihrem Arbeitsort Wittenberg vor allem zum Lesen.
Die Wissenschaftlerin, die zuvor in München, Berlin und Halle gearbeitet hat, bekennt, sich in einer Findungsphase zu befinden. Sie habe in Halle eine schöne Wohnung gefunden, die sie ungern aufgeben wolle. "In keinem Fall wollte ich die Wohnung aufgeben, bevor die Probezeit vorbei ist. Jetzt ist sie schon eine Weile vorbei und das eröffnet die Chance, nach etwas Neuem zu suchen." Solange aber pendelt sie weiter.
"Auspendler" nach Sachsen, Niedersachsen, Thüringen
Gependelt wird aber nicht nur zwischen den Regionen Sachsen-Anhalts, heißt es von der Arbeitsagentur. Viele fahren zur Arbeit in andere Bundesländer und es werden immer mehr. Voriges Jahr waren etwa 150.000 Sachsen-Anhalter außerhalb der Landesgrenze berufstätig, 3.100 mehr als im Jahr davor.
Die meisten Auspendler aus Sachsen-Anhalt arbeiteten in Sachsen, in Niedersachsen und in Thüringen. Damit pendelt jeder sechste sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in ein anderes Bundesland. Dort sind Sachsen-Anhalter vorwiegend im verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Handel/Instandhaltung/Reparatur von Kfz tätig sowie im Verkehrssektor/Logistik und im Baugewerbe.
Wenn Infrastruktur und die Arbeitsbedingungen stimmen, werden Jobs in der Heimat für viele Menschen wieder attraktiver.
Agenturchef Markus Behrens sieht den Anstieg bei den Auspendlern mit Sorge. Pendler würden ein wertvolles Fachkräftepotenzial darstellen. Man müsse überlegen, wie sie zurückgewonnen werden können, so Behrens. "Wenn Infrastruktur und die Arbeitsbedingungen stimmen, werden Jobs in der Heimat für viele Menschen wieder attraktiver."
MDR (André Damm, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. April 2025 | 17:00 Uhr
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